Anne Frank im Mendener Palasttheater

Das Tagebuch der Anne Frank - heute fester Bestandteil an deutschen Schulen. Foto: Franziska Oder
Ihr Tagebuch „Kitty“ war Annes treuster Begleiter in ihren letzten beiden Jahren. Foto: Franziska Oder

MENDEN. Bereits seit dreißig Jahren präsentiert das Mendener Palasttheater jeden Montag einen künstlerisch oder historisch wertvollen Film. Von Dramen aus Deutschland oder Amerika bis hin zu Sportdokumentationen und Kostümfilmen. Das Kommunale Kino „Oscar“ lässt kaum einen Wunsch aus.

Im Januar 1986 bildete sich aus einem Arbeitskreis des Kulturbüros Menden und dem Palasttheater eine Kooperation – das Kommunale Kino „Oscar“, mit dem Gedanken, den Besuchern längst vergangene Filme zu präsentieren, die sich künstlerisch oder historisch von anderen Filmen aus der heutigen Zeit abheben. So auch Das Tagebuch der Anne Frank, ein Film der besonders historisch von Bedeutung und längst fester Bestandteil an deutschen Schulen ist.

Von Menden nach Amsterdam

Nachdem sich am vergangenen Montag der Vorhang um kurz nach acht öffnete, blickten die Zuschauer in das Gesicht eines jungen Mädchens. Lea von Acken als Anne Frank, schaffte es bereits nach wenigen Sekunden, den Raum mit einer Totenstille und Gänsehaut zu erfüllen. Ihre großen braunen Augen, mit denen sie einen anschaut, sind gezeichnet von Trauer und Verzweiflung. Im Hintergrund wird es hell und dann wieder dunkel. Lautes Dröhnen lässt ihre Lippen zittern. In mitten von Bombenangriffen nimmt Anne Frank den Zuschauer mit auf ihre ganz persönliche Reise.

Annelies Marie Frank wurde am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. Sie wuchs als jüdisches Mädchen in Frankfurt auf. Nach der Machterübertragung an Hitler 1933,  zog sie gemeinsam mit ihrer Mutter Edith und ihrer drei Jahre älteren Schwester Margot ein Jahr später zunächst nach Aachen. Nachdem die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) die Mehrheit bei den Kommunalwahlen erreichte, floh die Familie Frank nach Amsterdam. Aus Angst vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten, ließen die Franks ihr altes Leben hinter sich und verloren durch die Flucht in die Niederlande auch ihre deutsche Staatsbürgerschaft.

Begabt, starrsinnig und laut

Lea von Acken zeigt uns in ihrer Rolle als Anne Frank, ein intelligentes junges Mädchen. Trotzig und pubertär, eben ein ganz normales Mädchen. Das Tagebuch der Anne Frank lässt die Zuschauer nicht nur an dem Schicksal eines jüdischen Mädchens in Zeiten des nationalsozialistischen Holocausts teilhaben, sondern auch an ihrer Entwicklung. Ein Mädchen, das sich in mitten von Krieg und Todesangst zu einer jungen Frau entwickelt. Mit ihren nur vierzehn Jahren ist Anne Frank reifer als andere Mädchen. Sie weiß was sie kann und will – eines Tages eine berühmte Schriftstellerin zu werden. Sie rebelliert gegen ihre Eltern, ihre Schwester und die ganze Welt. Nur ihrem Tagebuch „Kitty“ vertraut sie all ihre Gedanken an.

Als die Familie im Juli 1942 in ein verstecktes Hinterhaus in Amsterdam flieht, muss Anne mit ihrer Familie, der dreiköpfigen Familie van Daan und einem weiteren Bekannten der Familie in einer 50 Quadratmeter großen Wohnung leben. Tagsüber müssen sie sich ruhig verhalten, da sie über einer kleinen Fabrik leben und während der Arbeitszeiten Gefahr laufen gehört zu werden. Von diesem Moment an wird ihrem Leben jegliche Privatsphäre genommen. In den knapp zwei Jahren in denen Anne und ihre Familie in ihrem Versteck leben müssen, wird der Zuschauer Zeuge von Annes Entwicklung. Sie entfremdet sich von ihrer Mutter Edith, schlägt sich auf die Seite ihres Vaters, streitet sich mit den anderen Bewohnern und macht ihre ersten Erfahrungen mit Peter, dem Sohn der Familie van Daan. Anne führt ein Leben hinter geschlossenen Fenstern, und ihre Welt scheint von Tag zu Tag kleiner zu werden.

Zwischen Hoffnung und Furcht 

Während der gesamten Zeit durchleiden Anne und die Bewohner des Hinterhauses Todesängste. Die einzige Verbindung zur Außenwelt ist ein Radio, das ihnen gegen Ende der zwei Jahre immer größere Hoffnungen auf ein Ende der Kriegszeit und die Ankunft der Alliierten macht. Doch die Hoffnung der Bewohner verwandelt sich immer wieder in Angst, besonders als Anne auf der Treppe ausrutscht und die Mitarbeiter die Maschinen stoppen. Die acht Bewohner leben in ständiger Angst davor eines Tages entdeckt zu werden.

Kurz vor dem Ende des Krieges wird die Angst der Bewohner zur Wirklichkeit. Das Versteck im Hinterhaus wird entdeckt. Die Gestapo stürmt das Versteck und nimmt die Familien fest. Am 3. September 1944 werden Anne und ihre Familie zunächst mit dem letzten Zug nach Ausschwitz gebracht. Nur zwei Monate später werden Anne und ihre Schwester Margot nach Bergen-Belsen gebracht. Drei Monate später, kurz vor der Befreiung des Lagers, sterben Anne und Margot Frank im Februar 1945. 

Ein Mädchen erzählt die Geschichte einer gesamten Volkes

Mit der Neuverfilmung schafften Regisseur Hans Steinbichler und Drehbuchautor Fred Breinersdorfer es, den Zuschauern das Schicksal eines gesamten Volkes und das wohl furchtbarste Verbrechen des Holocaust unserer Geschichte mit den Augen eines kleinen Mädchens zu erzählen. Das Tagebuch der Anne Frank zeigt ein Mädchen mit großen Träumen und Sehnsüchten. Ein Mädchen, das die Hoffnung niemals aufgegeben hat und deren Schicksal uns auf ewig in Erinnerung bleiben wird.

Von Franziska Oder
Veröffentlicht am 04.11.2016