Backstage beim Starlight Express in Bochum

Die Bühne kurz vor Showbeginn. Foto: Julian Borchert

Bochum. Aufgrund der winterlichen Wetterlage fahren viele Züge auf Deutschlands Gleisen entweder verspätet oder überhaupt nicht. Seit über 20 Jahren trotzt der Starlight Express in Bochum sämtlichen Witterungen. BiTSnews war backstage dabei.

Seit 1988 rollt in Bochum der Starlight Express über die Bühne. Es ist die Geschichte eines kleinen Jungen, der von der Weltmeisterschaft der Lokomotiven träumt. Hochgeschwindigkeitszüge wie der TGV aus Frankreich oder der ICE aus Deutschland messen sich mit Dieselloks aus Amerika und Japan. Die sympathische und liebenswerte Dampflok Rusty versucht sich trotz veralteter Technik gegen die häufig intriganten Konkurrenten im Wettrennen zu behaupten. BiTSnews bekam die Gelegenheit, hinter die Kulissen des aktuell erfolgreichsten Musicals der Welt zu schauen.

Backstage beim Starlight Express

Michael Weiß spielt das erste Piano im Starlight Express und ist unser Reiseführer hinter der Bühne. In den Fluren backstage hängen überall Spiegel. „Man kann einerseits kontrollieren, ob man immer noch gut aussieht und auch sehen, wenn jemand mit Rollschuhen um die Ecke gefahren kommt“, sagt Michael Weiß. Es gibt riesige Kostümräume. Die bis zu 25 Kilogramm schweren Kostüme hängen an Kleiderhaken, die man mit einer Hand nicht abzuhängen vermag. Deswegen brauchen die Musical-Darsteller auch Hilfe von sogenannten Dressern. Diese Männer und Frauen helfen den Artisten, sich in Lokomotiven, Schnellzüge und Wagons zu verwandeln.

Die Finanzkrise der vergangen Jahre macht auch nicht vor dem Musical-Geschäft Halt. Im Zuge von Einsparungen wurden viele der Musiker bereits durch ein Gerät ersetzt, das intern „Höllenmaschine“ genannt wird. Dennoch spielen zwei Pianisten, ein Trompeter, ein Posaunist, zwei Gitarristen und ein Schlagzeuger mittwochs bis sonntags live.

Livemusik in den Katakomben

Im Orchesterraum steht die Dirigentin Linda Roland auf einem Plateau. Eine Kamera ist auf sie gerichtet, die das Bild in den Vorstellungssaal überträgt, sodass die Künstler auf der Bühne ihre Einsätze dirigiert bekommen. Linda Roland ist auch für bestimmte Sounds verantwortlich. Bei den Rennen zwischen den Zügen ertönen beispielsweise Sirenen, die sie  mithilfe eines Keyboards einspielt.

Die 46-jährige Ulrike Lübcke aus Bocholt schenkte ihrem Mann Thomas den Musical-Besuch zu Weihnachten. Sie selbst war schon mehrmals in dem Musical: „Das ist heute mein drittes Mal im Starlight Express. Ich bin immer noch hellauf begeistert davon. Zu Weihnachten habe ich meinen Mann eingeladen, der eigentlich ein Musical-Muffel ist. Aber selbst er war schließlich fasziniert von der Bühne, dem Auftritt und dem Gesang und zum Schluss nicht mehr auf seinem Sitz zu halten. Das war bestimmt nicht unser letzter Besuch“, prophezeit sie.

Modernität auf Gleisen

Dass das Musical mit der Zeit geht, dürfte keinem eingefleischten Fan entgangen sein. So komponierte Sir Andrew Lloyd Webber, der Erfinder der Show, zum 20-jährigen Jubiläum 2008 neue musikalische Arrangements und Balladen. Außerdem wurde die Lichtshow optimiert. Auch eine Hip Hop-Darbietung kam hinzu.

Wenn die Show vorüber ist und die Zuschauer längst zuhause sind, geht es hinter der Bühne weiter. Die Perücken werden auf Holzköpfe gesetzt, die Lichter der Rennhelme aufgeladen, die Kostüme auf Schäden geprüft und anschließend gewaschen. Ventilatoren im Fundus trocknen diese dann, damit sie am nächsten Tag die Darsteller wieder in Lokomotiven und Wagons verwandeln.

Von Julian Borchert und Lea Krähahn

Veröffentlicht am 09.01.2010