Bundespräsident Köhler tritt zurück

Bundespräsident Köhler erklärt seinen Rücktritt im Schloss Bellevue. Foto: Steffen Kugler/Bundespräsident.de

Iserlohn. Montagmittag ist Bundespräsident Horst Köhler überraschend vor die Presse getreten und hat seinen Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten erklärt. Grund dafür war die Kritik an seinen Äußerungen zu Bundeswehr-Einsätzen. BiTSnews sprach darüber mit Politikern aus dem Märkischen Kreis und Führungskräften.

Am Montag wurde ganz Deutschland von Horst Köhlers plötzlichem Rücktritt überrascht, so auch die Region Südwestfalens. Einige wurden erst durch die Interviewanfrage von BiTSnews auf das Ereignis aufmerksam. Politiker des Märkischen Kreises und Unternehmer reagierten einerseits überrascht, andere jedoch auch mit Unverständnis über Köhlers Schritt. „Der Rücktritt war für mich überaus überraschend. Die sicherlich berechtigte Kritik an der Notwendigkeit eines vermeintlichen Wirtschaftskrieges war meiner Meinung nach nicht so gravierend, um von dem Amt des Bundespräsidenten zurück zu treten. Er musste das selbst entscheiden, offensichtlich hat ihm die Kritik sehr zu schaffen gemacht. Verstehen kann ich das nicht“, sagte Peter Ahrens, Bürgermeister der Stadt Iserlohn.

Respekt vor der Entscheidung

Auch im Düsseldorfer Landtag reagierten viele Abgeordnete erstaunt, sprachen Köhler, der vor fast genau 12 Monaten in seinem Amt als Bundespräsident bestätigt wurde, ihren Respekt aus. Thorsten Schick, noch amtierender CDU-Landtagsabgeordneter für Nordrhein-Westfalen, bat die Bevölkerung um Verständnis: „Der Schritt verdient großen Respekt und ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland außergewöhnlich! Seine Äußerungen waren sicherlich etwas missverständlich, nichtsdestotrotz aus meiner Sicht kein Grund so ein Amt niederzulegen. Da gibt es ganz andere Politiker, die aufgrund von Affären dazu einen Grund hätten. Aber wenn der Bundespräsident meint, dass er mit diesen Äußerungen sein Amt nicht weiter ausführen kann, dann muss man das respektieren.“ 

„Wer kochen will, muss die Hitze abkönnen.“

Dr. phil. Thorben Winter, BiTS Dozent, Politikwissenschaftler und Fachbereichsleiter Bildung, Kultur und Sport der Stadt Rheine war verwundert über den plötzlichen Rücktritt des Bundespräsidenten: „Die Aussage von Horst Köhler war sicherlich falsch und ganz sicher auch herausfordernd für Missverständnisse - die Reaktion der Presse, insbesondere vom SPIEGEL, war stark überzogen. Eine Elefantenhaut zeigt er mit dem Rücktritt als Folge auf die Darstellung in der Presse allerdings auch nicht - es steht also die Frage im Raum, ob noch andere Gründe hinter diesem Rücktritt standen oder er einfach nur mit dieser erstmaligen, starken öffentlichen Kritik seiner Person in der Öffentlichkeit nicht klar gekommen ist. Wer kochen will, muss die Hitze abkönnen."

Der Präsident der privaten Hochschule BiTS in Iserlohn, Prof. Dietrich Walther, sah Köhlers Rücktritt kritischer: „Ich muss leider sagen, dass ich kein begeisterter Köhler-Anhänger bin. Für einen Bundespräsidenten hat er sehr wenig Charisma – gerade im Vergleich zu früheren Bundespräsidenten. Ich glaube nicht, dass er in die Geschichte eingehen wird.“

Was passiert ist und wie es weiter geht

In der deutschen Bevölkerung erfreute sich Köhler großer Beliebtheit.  Er war allerdings vor einigen Tagen in Kritik geraten, als er am Rande seines Truppenbesuchs in Afghanistan sagte, die Gesellschaft verstehe allmählich, dass ein Land wie die Bundesrepublik "mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren". Dass ihm nun unterstellt würde, er habe einen grundgesetzwidrigen Einsatz der Bundeswehr zur Sicherung von Wirtschaftsinteressenbefürwortet, entbehre jeder Rechtfertigung, sagte Köhler.

Übergangsweise übernimmt der derzeitige Bundesratspräsident Jens Böhrnsen von der SPD Köhlers Amt. Böhrnsen ist gleichzeitig Regierungschef in Bremen. Dem Artikel 54 des Grundgesetzes folgend, muss binnen 30 Tagen ein Nachfolger durch die Bundesversammlung gewählt werden. Die 14. Bundesversammlung wird am 30. Juni 2010 zusammentreten. Am Donnerstag stellten CDU, CSU und FDP Christian Wulff als ihren gemeinsamen Kandidaten vor. Für SPD und Grüne wird Joachim Gauck als Gegenkandidat für das Amt des Bundespräsidenten antreten.

 

Von Lara Behrens

Veröffentlicht am 31.05.2010