Stadtbücherei Iserlohn

Ein Koffer voller Erinnerungen

Der Erinnerungskoffer zum Thema "Draußen sein". Foto: Anna-Sophie Kölsche
Die Materialien können in der Stadtbücherei ausgeliehen werden. Foto: Anna-Sophie Kölsche

ISERLOHN. Wie beschäftigt man sich mit Menschen, die zum Teil nicht mal mehr ihre nächsten Angehörigen erkennen oder die einfachsten Aufgaben des Alltags nicht mehr bewältigen können? Die sogenannten „Erinnerungskoffer“ können dabei eine große Hilfe sein.

Seit einiger Zeit können sich Betroffene neben Büchern, Zeitschriften oder DVDs auch Erinnerungskoffer in der Stadtbücherei in Iserlohn ausleihen. Das sind kleine stabile Kunststoffkoffer, die mit Liederbüchern, CDs und Alltagsgegenständen gefüllt sind. Die Inhalte stehen alle unter einem bestimmten Oberbegriff. So kann man nun aus der Bibliothek folgende Erinnerungen mitnehmen: „Draußen sein“, „Im Haus“, „Männer“, „Musik und Tanz“ und „Spiel und Spaß“.

Gedächtnis wird durch Sinne angeregt

Diese Koffer sind vor allem für die Arbeit mit Demenzkranken gedacht. Das Wort Demenz kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „der Geist geht weg“. Im Verlauf der Krankheit verliert man nicht nur sein Erinnerungsvermögen, sondern auch die Fähigkeit sich auszudrücken oder sich im Alltag zu Recht zu finden. „Die Leute haben zum Beispiel Hunger und man gibt Ihnen ein Stück Brot in die Hand, doch sie wissen nicht mehr, was sie damit anfangen sollen“, sagt Elke Adam-Kölsche, die Demenzkranke betreut. Die Krankheit ist unheilbar und auch die Erinnerungskoffer können sie nicht therapieren, aber sie regen die Menschen zum Nachdenken und Erzählen an. Vor allem aber geben sie ihnen ein Stück Lebensqualität zurück. „Die Gegenstände sollen möglichst viele Sinne ansprechen“, sagt Gudrun Völcker, Leiterin der Stadtbücherei. Je mehr Sinne angeregt werden desto eher reagieren die Menschen darauf. Daher sollen sich die Demenzkranken die Inhalte der Koffer nicht nur ansehen, sondern auch anfassen oder zum Teil anhören. So werden das Gedächtnis und die Wahrnehmung stimuliert.

Erinnerung bringt wieder Freude

Aber nicht nur die Sinne sind besonders wichtig. Die Erkrankten reagieren vor allem, wenn sie Gefühle mit den Inhalten verbinden. Wenn die Patienten Gegenstände in den Händen halten, die sie früher häufig benutzt haben, ist es als würde in ihrem Kopf ein Schalter umgelegt. Plötzlich werden Ereignisse aus ihrer Jugend wieder hervor gerufen und sie fangen an zu erzählen. „Sie hören ein bekanntes Lied und singen den Text sogar auswendig mit. Man sieht in ihren Gesichtern wie sehr sie sich freuen!“, beschreibt eine Altenpflegerin aus Iserlohn. „Es gibt den Leuten Orientierung und sie bekommen Aufmerksamkeit.“ 

Angebot gilt für Altenheime und Angehörige

Im „Draußen sein“- Koffer sind zum Beispiel ein Set mit Gartenwerkzeug, ein Plüschhase und eine CD mit Wettergeräuschen. Zudem ist in jeder Kiste auch ein Ideenbuch zum jeweiligen Thema enthalten. Diese bieten Inspirationen, wie man sich mit den erkrankten Menschen beschäftigen kann. Dabei sind die Koffer nicht nur für das Pflegepersonal da. „Auch viele Familien leihen sie sich aus. Die Angehörigen wissen oft nicht, wie sie mit der Krankheit umgehen sollen und sind ausgesprochen dankbar für dieses Angebot“, sagt Gudrun Völcker.

Wer die Koffer nicht ausleihen möchte, kann sie in der Buchhandlung Litfass in Dortmund für 139 bis 179 Euro erwerben.

Von Anna-Sophie Kölsche
Veröffentlicht am 17.04.2015