Kettenschmiede Teves

Eine Reise in die Vergangenheit – der Beruf des Kettenschmieds

Die Kettenschmiede Teves in Iserlohn-Oestrich. Foto: Daniel Immel

ISERLOHN. Viele Berufe früherer Zeiten sind längst ausgestorben – seit Mitte des 19. Jahrhunderts auch der Beruf des Kettenschmieds. Im Märkischen Kreis lassen sich dennoch viele ehemalige, unter Denkmalschutz stehende Schmiedehütten finden, die einem einen Einblick in längst vergangene Tage darbieten. MAERKZETTEL besuchte die Kettenschmiede Teves in Iserlohn-Oestrich.

Iserlohn und seine umliegenden Kommunen wurden einst von diesem Handwerk geprägt. Um die 500 Kettenschmieden oder Glühhütten gab es im 19. Jahrhundert – meist als Nebenerwerb betrieben oder um den eigenen Bauernhof mit Ketten zu versorgen. Die Geschichte des zeitintensiven Berufes beginnt im Mittelalter. Um Kettenhemden und Gliederketten für den täglichen Gebrauch herzustellen, etablierte sich damals dieser Sonderberuf des Schmiedehandwerks. Der Unterschied zu einem normalen Schmied unterscheidet sich darin, dass das Verbinden der einzelnen Kettenelemente einen hohes Maß an Fingerspitzengefühl bedarf. Ebenfalls unterscheiden sich der Input, die Werkzeuge und die Herangehensweise zu einem normalen Schmiedeberuf. Durch die Industrierevolution starb der Beruf Mitte des 19. Jahrhunderts größtenteils aus und wurde nur noch für den Eigenverbrauch betrieben.

„Teves vor den Gärten“

Die Kettenschmiede Teves zählt zu den ältesten und bekanntesten noch vorhandenen Hütten im Iserlohner Raum. Die Kotte, ein Synonym für Schmiedehütte, ist kaum größer als ein gewöhnliches Gartenhäuschen. Drei Feuerstellen lassen sich heute noch in der Kotte finden, eine sogar im Originalzustand. Das Besondere an dieser Schmiedehütte ist, dass sie jederzeit noch betrieben werden kann. Angemeldete Gruppen mit ausreichender Teilnehmerzahl können daher eine Art Reise in die Vergangenheit machen und bekommen einen Einblick, wie damals eine Kette geschmiedet wurde. „Teves vor den Gärten“, so der eigentliche Name der Kotte, wurde circa bis zum Jahr 1966 aktiv genutzt. Nach dieser Zeit wurde sie meist nur zu Vorführzwecken „angeworfen“. Heute steht sie unter Denkmalschutz. Zu aktiver Zeit arbeiteten bis zu fünf Personen gleichzeitig in dieser Hütte an den drei Feuerstellen. Die Öfen wurden auf ganz verschiedenen Wegen erhitzt, meist mit Hilfe eines Gebläses. Da die Elektronik jedoch erst spät Einzug erhielt, bedurfte es menschlicher Kraft, um das Feuer durch das Gebläse zu erhitzen. In späteren Zeiten gab es sogar ein Laufrad für Hunde, welches den Antrieb für die übergroße Luftpumpe darstellte. Heute befindet sich ein elektrischer Antrieb in der Kotte.

Vom kühlen Eisen zur fertigen Kette

Der Vorgang zur fertigen Kette gestaltet sich mühsam und nimmt viel Zeit in Anspruch. Der erste Inputstoff ist eine besondere Kohle mit Fett. Wenn der Ofen erhitzt wurde, wird er mit dem Gebläse am Laufen gehalten und auf die richtige Temperatur gebracht, die die nötige Hitze hat, um Eisen im flüssigen Zustand zu verformen. Der „Kiettenknüpper“, so die damals gängige Berufsbezeichnung, hält in der linken Hand eine Knüpfzange mit dem weiß glühenden Glied. Für das Erstellen einer Kette bedarf es einen besonderen Amboss mit einem Hörnchen. Mit der rechten Hand schlägt der Kettenschmied nun das erst u-förmige Element um das „Ambosshörnchen“ zusammen. Die weiteren, vorgefertigten Glieder schiebt er nun durch das Vorherige und schlägt dann das neue Glied zusammen. Dieser Schritt wird dann dauerhaft durchgeführt, bis die Kette die gewünschte Länge hat. 

Besichtigungen sind möglich

Ein Besuch in der Kettenschmiede Teves lohnt absolut. Gerade weil bei größeren Besuchergruppen der Schmiedevorgang vorgeführt wird, erhalten Besucher einen interessanten Einblick. Die Kettenschmiede kann jederzeit von außen besichtigt werden. Jedoch müssen sich Interessierte, die das Innere der Hütte sehen wollen, anmelden. Die Familie Teves betreibt die Hütte nebenbei, daher sollte man einen Termin zeitnah mit den Verantwortlichen ausmachen.

Berliner Allee 112

58642 Iserlohn

Tel.: (02374) 15527  

Von Daniel Immel
Veröffentlicht am 21.04.2018