ISERLOHN. Am vergangenen Dienstag verzauberte die Theaterformation Mummenschanz nicht nur die Stadt, sondern begeisterte auch die Zuschauer im Parktheater Iserlohn. Ein dunkler, stiller Saal wurde zur Bühne für eine Show, die der Fantasie keine Grenzen setzte.
Ein großer, hautfarbener Beutel stolpert übel die Bühne. Zwei riesige Hände begrüßen die Zuschauer, und Gesichter werden verformt - das sind ein paar der Ausschnitte des Ensembles Mummenschanz. Die Darsteller bedienen sich während ihrer Show jeglicher Requisiten, wie beispielsweise Toilettenpapier oder Knete; gesprochen wird jedoch nicht.
Der Fantasie des Publikums wird freien Lauf gelassen, sodass es für für den Begriff Mummenschanz keine eindeutige Erklärung gibt. Nach der Vorstellung interpretiert daher jeder Zuschauer die einzelnen Teilgeschichten, die aufgeführt wurden, anders.
So ist sich auch das Ehepaar Gabriele und Thomas Wolf nicht einig, was sie gesehen beziehungsweise nicht gesehen haben. „Das war mal was ganz Neues, so etwas habe ich hier in Iserlohn bisher noch nicht erlebt. Es hat mir gut gefallen“, sagt Gabriele Wolf begeistert. „Gerade weil jeder etwas anderes sieht, macht es das zu etwas Besonderem“, fügt ihr Ehemann hinzu.
Wer ist Mummenschanz?
Mummenschanz ist eine Maskentheatergruppe, die mithilfe von Pantomime und verschiedenen Requisiten kurze Geschichten ohne Sprache und Musik darstellt. Dabei werden vor allem Beziehungsgefüge gespielt, welche beispielsweise durch Tiere oder auch schlichte, geometrische Formen zum Ausdruck gebracht werden.
Die Theaterreihe wurde vor über 40 Jahren 1972 in Paris von Andres Bossard, Floriana Frassetto und Bernie Schürch gegründet und wird seit einigen Jahren als eigene Kunstform beschrieben. Die Formation prägt die Zeitgeschichte des Theaters und begeistert mit ihrem bunten Programm über Generationen hinweg das Publikum.
Die Jubiläumstournee 2012 führte die Darsteller durch Städte wie Rom, Paris, London und Mexico City. Berühmt wurden sie aber vor allem durch ihre dreijährige Spielzeit am Broadway in New York. Auszeichnungen, wie der SwissAward 2011 in Kultur, waren Anlass für zwei fünfjährige Touren. So bespielten zwei Mummenschanz-Formationen die gesamte Welt – während die eine Gruppe in Süd- und Nordamerika unterwegs war, bereiste die andere Europa. Die ursprünglichen Darsteller konnte man in Deutschland, also auch in Iserlohn, sehen.
Ein Abend der Stille und des Zaubers
Die Zuschauer sitzen. Das Licht geht langsam aus. Das Publikum schweigt. Der Vorhang bewegt sich und eine riesige Hand, die die Gäste begrüßt, schaut schelmisch heraus. Schließlich sucht die Hand Kontakt zum Publikum und „begrüßt“ es noch einmal richtig, indem sie die Zuschauer zum Beispiel umarmt. Das erste Gelächter ist zu hören und das Eis ist gebrochen. Die Hand ist eines der vielen Kostüme von Mummenschanz, welche meistens zum Beginn der Show eingesetzt werden.
Im nächsten Ausschnitt stellt das Ensemble eine Liebesgeschichte dar. Die Gesichter der Schauspieler sind an Mund, Nase und Augen mit Toilettenpapier versehen, sodass abstrakte Figuren geschaffen werden. Dem Publikum bleibt offen, welche Gestalten Beziehungsprobleme haben. Die Requisiten dienen dazu, Emotionen zu veranschaulichen oder auch dem Partner ein Geschenk von sich selbst zu geben.
Alle Teilgeschichten sind nach dem Prinzip aufgebaut, dass man die Darsteller nicht erkennt, um nicht von ihnen als Person abgelenkt zu werden. Dadurch kann sich das Publikum voll und ganz auf seine Fantasie konzentrieren. Der Kreativität der Zuschauer sind keine Grenzen gesetzt, was zu den unterschiedlichsten Bildern am Ende der Vorstellung führt.
Mummenschanz zeigt, was mit der eigenen Fantasie alles möglich ist und regt bei dem einem oder anderen zum Nachdenken an. Aus diesem Grund hatten die Darsteller einen gelungenen Abend, da sie ihr Ziel, das Publikum zu inspirieren, erreicht haben.