RUHR.2010: Kultur zwischen Kohle und Stahl

Poster Metropole Ruhr. Foto: RUHR2010

Der Pott: Ballungsraum, Stadtgebilde und Kulturmetropole – polyzentrisch, multikulturell und einzigartig. Das Kulturhauptstadtjahr zeigt, was das Ruhrgebiet zu bieten hat. Es hat viele Facetten, aber trotz seiner unterschiedlichen Gesichter ist es hauptsächlich eins: Heimat.

Essen. Das Jahr 2010 geht ohne Frage in die Geschichte des Ruhrgebiets ein. Über einen langen Zeitraum hinweg kann es sich von seiner besten Seite zeigen, mit Vorurteilen aufräumen und dem Rest von Europa seinen ganz eigenen Charakter beweisen. Auf dieses besondere Ereignis bereiteten sich viele kreative Köpfe vor: Allein die Marke „RUHR.2010“ gibt es schon seit dem Jahr 2006. Stellvertretend für alle Städte und Kommunen des Gebietes, hat sich Essen beim Rat der Europäischen Union um den Titel „Kulturhauptstadt“ beworben. Seit einem knappen halben Jahr zeugen hunderte verschiedener Programmpunkte davon, dass diese Bewerbung mit Erfolg gekrönt war. Zum 25-jährigen Jubiläum des Titels erhält ihn zum ersten Mal ein ganzes Städtenetz.

Von Fröndenberg bis Xanten –  von Selm bis Schwelm: 53 Städte und Gemeinden gehören dazu. Teilweise Dörfer, die zwar wunderschön und sehenswert sind, aber der Größe des Titels „Kulturhauptstadt“ nicht gewachsen scheinen. Aber genau darin spiegelt sich die Einzigartigkeit des Ruhrgebiets: Viele Krümel machen den Kuchen komplett! Natürlich gibt es große „Stücke“, aber was wären Essen, Dortmund, Bochum und Oberhausen ohne Hagen, Sprockhövel, Hünxe und Bönen? Die Metropole Ruhr besticht doch vor allem durch ihre Gegensätze: Großstadt und Golddorf, Kohle und Kunst, Maschinenlärm und Musik, Probleme und Perspektiven, Fabrik und Farbwelt, Dortmund und Schalke.

Alles dreht sich um lokale Helden

Jede Stadt steht sieben Tage lang im Mittelpunkt. In dieser Woche ist sie der so genannte „Local Hero“. Dort ist „Kultur pur“ nicht mehr eine abgegriffene Floskel, sondern gelebtes Programm. Umgesetzt wird es von vielen tatkräftigen Freiwilligen, die durch ihr Engagement beweisen, dass in ihrem Heimatort auch ein Stück Kulturmetropole steckt. Von morgens bis abends dreht sich dort alles um Kunst, Musik, Tanz, Theater, Glaube, Bilder, Sprache und alles, was sonst kreativ ist.

Dabei waren besagter Kreativität keinerlei Grenzen gesetzt, sodass 53 verschiedene Programmwochen voller individueller Beiträge entstanden sind. Highlights hat das Kultur-Kaleidoskop natürlich auch zu bieten. So zum Beispiel die Sperrung der A40. Am 18. Juli werden rund 60 Kilometer der meistbefahrensten Autobahn Deutschlands gesperrt. Statt den üblichen Pkw-Massen werden 1,5 Millionen Menschen erwartet. Von Dortmund-Hörde bis Duisburg-Hafen entsteht aus 20.000 Tischen die längste Picknicktafel der Welt und auf mehreren Bühnen gibt es von 11 bis 17 Uhr Programm. Neben dem Flair eines Stadtfestes hat das „Still-Leben Ruhrschnellweg“ aber noch mehr im Angebot: In Fahrtrichtung Dortmund ist nämlich die Bahn frei für alles was Räder, aber keinen Motor hat. Eine bessere Inline-Skating-Strecke hat die Region vermutlich noch nie gesehen.

Nummer Drei nach Paris und London

Zentraler Bestandteil des Kulturhauptstadtjahres bleiben aber die lokalen Veranstaltungen. Davon finden im drittgrößten Ballungsraum der EU (nach Paris und London) in diesem Jahr 2.500 statt, weitere 300 Projekte wurden ebenfalls in Gang gesetzt. Aber wozu das Ganze? „Wir wollen zeigen, dass es sich lohnt, hier zu leben und hier zu arbeiten!“, sagt Dieter Gorny, der künstlerische Leiter der RUHR.2010. Ob das gelungen ist, lässt sich wahrscheinlich erst am Ende dieses ereignisreichen Jahres verlässlich einschätzen. Folgen wir also dem musikalischen Aufruf des Bochumers Herbert Grönemeyer: „Komm zur Ruhr!“

Von Anne Welkener und Senta Kühlmann

Veröffentlicht am 28.05.2010