Wie im Märchen

Märchenerzählerin Magdalena Janotte mit ihrem Lieblingsmärchenbuch. Foto: Katharina Schuldt

Hemer. Magdalena Janotte ist Schulleiterin in Hemer und hat ein ungewöhnliches Hobby: professionelle Märchenerzählerin. Wenn sie mit Sterntaler und Co. auspackt, kullern auch schon einmal bei Erwachsenen die Tränen.

Magdalena Janotte ist Schulleiterin der Grundschule Deilinghofen in Hemer. Doch statt nach Schulschluss nur Tests zu korrigieren und Elternabende zu planen, lernt die 64-Jährige auch noch selbst. Und zwar ihre Märchen auswendig. Circa 140 Stück hat sie im Gedächtnis. Denn bei ihren Märchenstunden hat sie niemals ein Buch in der Hand. „Durch das freie Erzählen entsteht ein ganz anderer Blickkontakt“, erklärt sie, warum sie jedes Märchen auswendig lernt. „Nur so kann man die Zuhörer in ihrem tiefsten Inneren berühren.“

Schneewittchen will einfach nicht

Janotte liebte schon als Kind Märchen. „Mein Vater hat sie mir immer erzählt. Das fand ich toll“, berichtet die Schulleiterin. Nach dem Abitur studierte sie evangelische Religion und Deutsch auf Lehramt und machte ihr Examen im Fach Märchen. Wenig später schloss sie sich der Europäischen Märchengesellschaft an und besuchte Kongresse und Seminare, um das Märchen-Handwerk zu lernen, erzählt Janotte mit einem Lächeln. Schließlich legte sie 2005 erfolgreich die Prüfung zur offiziellen Märchenerzählerin ab. „Für die Prüfung musste ich drei unterschiedlichen Altersgruppen ein Märchen erzählen, einmal Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Anschließend habe ich die Märchen analysiert und die Symbole beschrieben und gedeutet“, berichtet Janotte.

Ihr erstes Märchen, das sie auswendig lernte, war Sterntaler. „Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis und außerdem die deutsche Sprache immer geliebt“, verrät die Schulleiterin. Doch trotzdem gibt es Geschichten, die sie sich einfach nicht merken kann. „Der treue Johannes, Schneewittchen oder Aschenbrödel. Ich hab es oft versucht, aber ich kam einfach nicht über die dritte Zeile hinaus. Zu manchen Märchen finde ich keinen Zugang. Zumindest jetzt noch nicht“, erklärt Janotte. „Für den Blaubart von Grimm habe ich hingegen nur eine halbe Stunde gebraucht.“

Die Märchenrente gibt es nicht

Nach einer längeren Pause wegen ihrer Arbeit als Schulleiterin möchte Magdalena Janotte nun wieder vermehrt Märchen-Vorstellungen geben. Nach Auftritten im Iserlohner Barendorf, der Stadtbücherei und in ihrer Schule wird sie Ende Januar 2013 in der Kinderlobby Iserlohn auf der Bühne stehen. „So ein Auftritt beginnt für mich immer noch mit ungeheurem Herzklopfen“, verrät die Märchenerzählerin. Nach circa zwei Wochen Vorbereitung legt Janotte 24 Stunden vor Beginn jedoch das Buch weg, um den Kopf frei zu bekommen. „Auf der Bühne geht es dann nur darum, sich in das Märchen rein zu fühlen, um das den Zuschauern transportieren zu können. Da fließen gerade bei Erwachsenen auch mal die Tränen“, berichtet Janotte.

Zwar tritt Magdalena Janotte bald in Ruhestand, aber mit den Märchen ist noch lange nicht Schluss. „In einem guten Jahr hab ich dann noch mehr Zeit für meine Märchen. Denn damit höre ich erst auf, wenn mir meine Stimme weg bleibt“, so Janotte.

 

Katharina Schuldt
Veröffentlicht am 23.11.2012