Home-Office für Schulen

Abiturvorbereitungen in der Corona-Krise

Auch in der Selbstquarantäne geht die Abiturvorbereitung weiter. Foto: Pixabay

Die Abiturprüfungen finden statt. Eine Nachricht, die viel Erleichterung bei Schülerinnen und Schülern ausgelöst hat. Doch wie genau laufen die Abiturvorbereitungen der Schüler, wenn die Schulen deutschlandweit geschlossen sind? E-Mails, Microsoft Teams und Moodle sind Versuche, um den Unterricht fortzuführen, aber ist das genug?

AHAUS. Um acht Uhr morgens sitzen die meisten Schüler normalerweise schon in der Schule – die Klingel ertönt und der Unterricht beginnt. Auch heute ertönt die Klingel für die 17-jährige Schülerin Daria Rafati Sajedi. Heute ist es nicht jedoch die Schulglocke, sondern ihr Wecker. Aufstehen, sich umziehen und frühstücken findet heute alles etwas später statt. Es ist der zehnte Schultag, der zuhause und nicht in der Schule stattfindet. Heute hat sie eine Prüfungssimulation, was für sie heißt: gut vorbereiten.

Keine Vorbereitungszeit für Lehrer und Schüler

Seit dem 16. März 2020 sind alle Schulen, Universitäten und Kindergärten in Deutschland offiziell geschlossen. Bekannt gegeben wurde dies am 13. März gegen 14:30 Uhr. Viel Zeit sich auf die neue Situation einzustellen hatten somit weder Lehrer noch Schüler. 

 „Natürlich wäre es schön gewesen, wenn wir zum Beispiel eine Woche vorher die Nachricht bekommen hätten, dass die Schulen möglicherweise geschlossen werden. Denn dann hätten wir das Ganze besser organisieren können”, so Marcel Tiedemann, welcher Lehrer am Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung in Ahaus ist. Doch die Realität sieht anders aus und auch Lehrer müssen ebenso wie die Schüler auch, „abwarten bis endgültige Entscheidungen von den Ministerien getroffen worden sind”.

Die derzeitige Situation ist eine Ausnahmesituation, wie immer wieder auch in den Medien betont wird. Wie es weiter geht und was genau zu tun ist, weiß also keiner. Trotzdem versuchen viele Menschen so gut es eben geht, an der Normalität fest zu halten – Schule ist da keine Ausnahme. „Wichtig ist jetzt auch in dieser Zeit, den Unterricht genau so weiter zu führen, wie man es idealerweise auch in der Schulzeit macht”, sagt Marcel Tiedemann.

Schule weiterführen, aber wie?

Einige Lehrer und Schulen haben weniger Probleme, den normalen Schulalltag in ‘Online-Klassenräume’ umzuwandeln. „Wie viele Kollegen und Kolleginnen auch, arbeite ich unter anderem über MS One Note. Wir haben One Note Klassenbücher, da gebe ich den Schülern Aufgaben und die werden dann auch von ihnen erledigt”, sagt Herr Tiedemann.

Doch nicht alle Schulen sind technisch so gut aufgestellt, dass sie dies machen können, wie Herr Tiedemann auch erlebt hat. „Ich sehe das zum Beispiel bei meiner Tochter in der Grundschule, die Lehrer weigern sich Unterricht über Teams oder ähnliches zu machen. Das einzige was die machen, ist auf Seiten in Büchern zu verweisen”. Aber es sind nicht nur Grundschulen, die Schwierigkeiten haben den Unterricht digital fortzuführen. Eine Ursache ist, dass ihnen einfach die Kapazitäten fehlen.

Neben der technischen  Ausstattung, gibt es auch einige Lehrer und Lehrerinnen die einfach nicht wissen, wie sie den Unterricht digital fortsetzen können. „Technische Weiterbildungen und Auseinandersetzungen mit Portalen wie Moodle und MS Teams gehören zu individueller Weiterbildung und diese Zeit wird dementsprechend nicht bezahlt”, erzählt uns Marcel Tiedemann. Deswegen appelliert er an die Schüler: „Habt bitte auch Verständnis für die Lehrer und Lehrerinnen, die das Ganze noch nicht so gut können.”

Nathan der Weise

Der Unterricht geht weiter – zumindest im Rahmen der Möglichkeiten, die Lehrer, Schule und Schüler haben, ob jetzt über E-Mail, Bücher, Moodle oder MS Office. Viele Lehrer fangen auch an, Whatsapp Gruppen mit den Schülern zu bilden, um Fragen zu beantworten und sich besser mit ihnen abzusprechen. 

So wie der Unterricht irgendwie weiter geht, geht auch Darias Tag weiter.

Inzwischen ist es 9:23 Uhr und Daria loggt sich in MS Teams ein. Um 9:25 Uhr beginnt ihre Prüfungssimulation im Fach Deutsch. Die Unterlagen hatte sie natürlich vorher bearbeitet, sie hatte sich eine Zeit von 30 Minuten mit dem Wecker gesetzt, damit es der richtigen mündlich Abiturprüfung ähnelt. Nach ein paar Fragen, die noch geklärt werden müssen, beginnt die mündliche Prüfung mit einer zehn bis fünfzehn minütigen Analyse über ‘Nathan der Weise’. Danach ging es weiter mit dem nächsten Thema, der Novelle ‘Der Fremde Freund’. Dann kam das Thema Lyrik.

Die Simulation lief gut. Nach dem Feedback wurden noch die anderen Klausurenschreiber in die Teamkonferenz eingeladen, um noch ihre Fragen zustellen und um danach ganz normal mit dem Deutschunterricht weiter zu machen.

 Gute Vorbereitung ist auch so möglich

Trotz Schulausfall fühlen sich die Schüler dennoch vorbereitet, wie unter anderem Nina Sicking vom GSG Stadtlohn verlauten lässt: „Eigentlich fühle ich mich schon vorbereitet, in den letzten Wochen wäre ja zum größten Teil sowieso nur Wiederholung gewesen und die Materialien kriegen wir auch so zur Verfügung gestellt”. „Klar wäre es entspannter gewesen, wenn wir jetzt weiter Schule gehabt hätten. Doch ich glaube nicht, dass wir jetzt einen Nachteil haben, da wir die Wiederholungsphase jetzt über Aufgaben machen”, sieht auch Luisa Nienhaus das Ganze optimistisch. 

Daria selbst sieht ebenfalls keinen wirklichen Nachteil darin, dass sie nun Unterricht von Zuhause aus hat. „Lehrer, die vorher schon sehr guten Unterricht gemacht haben, sorgen weiter dafür, dass dieser auch online weiterläuft. Das ist vollkommen vom Lehrer abhängig.”„Selbstständiges Lernen sollte meiner Meinung nach selbstverständlich sein”, sagt Daria. Im Unterricht selber sieht sie keinen Nachteil, jedoch sind Sie und Celina etwas enttäuscht, dass Dinge, wie die Mottowoche und der letzte Schultag ausgefallen sind und damit sind sie wahrscheinlich nicht die Einzigen.

Online Unterricht ist nicht dasselbe

Manche Schüler sehen dies jedoch etwas anders und wünschen sich, dass der Unterricht nach den Ferien weitergeführt wird. „Ich finde es besser mich persönlich mit dem Lehrer und den Mitschülern vorzubereiten, als alleine zu Hause”, sagte Celina Kaiser zu dem Thema. „Die Lehrer geben uns zwar eine Menge Hausaufgaben auf, doch wirklich besprechen können wir diese online nicht.” 

Celina kritisiert zu dem noch, dass es unter anderem die Wlan-Verbindung schwierig machen kann, den Unterricht online fortzuführen, da es immer mal wieder zu Störungen kommen kann. Besonders die Schüler, welche auf dem Land wohnen, werden damit wohl Schwierigkeiten haben. Jana Vennemann erzählt auch von anderen Ablenkungen, denen sie Zuhause ausgesetzt ist: „Bei uns renovieren wir zum Beispiel, weil mein Bruder wieder einziehen will, da helfe ich dann natürlich mit beziehungsweise werde mit eingeplant”. Auch Jana würde es präferieren, weiterhin normal Schule zu haben.

„Sagen wir mal es mal so: Noten-Diskussionen gestalten sich im Schriftverkehr äußerst schwierig”, hat Daria zu bemängeln. Und diese sind in der Vorabizeit nun einmal besonders wichtig.

Bleibt gesund

Der Deutschunterricht läuft schon einige Zeit. Da entscheidet sich Daria, einfach ihr Mikrofon und ihre Kamera auszustellen und sich in aller Ruhe ein Frühstück bestehend aus einem Smoothie und einem Brötchen zuzubereiten – jetzt fehlt nur noch ihre rote Kuscheldecke, um weiter dem Deutschunterricht ihres Lehrers zu folgen. 

Die letzten Fragen werden noch beantwortet. Mikrofone und Kameras werden wieder ausgeschaltet und die letzten Worte des Lehrers zum Schluss dieser Deutschstunde, sind wie so oft in letzter Zeit nicht ein einfaches „Tschau”, sondern ein „Bleibt gesund”. 

Von Jasemin Rafati Sajedi
Veröffentlicht am 30.03.2020