Polizist Meinolf Schlotmann

„Es sind die Kleinigkeiten, die einen bei solch einem Einsatz glücklich machen“

Bei den Tuaregs im Norden Malis. Foto: Privat
Bürgergespräche auf Nachtstreife in Timbuktu. Foto: Privat

ISEROLHN. Meinolf Schlotmann, Leiter der Führungsstelle der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz, nahm in leitender Funktion an Auslandseinsätzen der Polizei teil und spricht über seine Erlebnisse und wie diese ihn menschlich verändert haben. Er nimmt viele Erfahrungen aus seinen Einsätzen mit.

In seiner Heimat, dem Märkischen Kreis, arbeitet Meinolf Schlotmann als Leiter der Führungsstelle der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz. Seine Aufgaben liegen darin, Einsätze zu planen und vorzubereiten. Dabei geht es um Personal, Ablauf, Kosten und ähnliches. Er sagt: „Im Sauerland bin ich gerne, hier fühle ich mich wohl.“

Freiwillig in ein Krisengebiet?

Auslandseinsätze bei der Polizei sind, anders als beim Militär, immer freiwillig. Geht ein Polizist ins Ausland, so verlässt er Deutschland nicht für ein ganzes Jahr am Stück. Langzeiteinsätze sind in Abschnitte eingeteilt, sodass die Polizisten nach spätestens einer Woche einen zehn bis zwölf tägigen Heimaturlaub antreten können.

Schlotmann hat bis jetzt an vier Langzeiteinsätzen im Ausland teilgenommen. Er war im Kosovo, Sudan, Afghanistan und in Mali. Seine Aufgaben in den einzelnen Gebieten waren weitreichend. Meist ging es aber um die Ausbildung der Infrastruktur, das Training der ansässigen Polizisten oder den generellen Schutz der Zivilisten. Exekutive Arbeiten waren meist nicht nötig, da in den meisten Einsatzgebieten Polizeipräsenz vorhanden war. Jeder seiner Auslandseinsätze forderte andere Fähigkeiten und Aufgaben von ihm. 

„Man lernt etwas Demut“

Auf die Frage, wie ihn die Einsätze persönlich veränderten und was sie ihm gezeigt haben, konnte Meinolf Schlotmann im Laufe des Gespräches viele Antworten geben.

Die offensichtlichste und stärkste Erfahrung, die er gemacht hat, ist, dass "wir in unserer Gesellschaft im Überfluss leben". Eines der anschaulichsten Beispiele ist ein einfacher Spaziergang im Regen. "In Deutschland wird man schief angeguckt, wenn man es genießt, langsam durch den strömenden Regen zu gehen. Im Sudan, einer Region, in der oftmals Temperaturen von 40 bis 50 Grad herrschen und es auch mal mehrere Monate lang gar nicht regnen kann, freuen sich die Menschen darüber, dass es endlich wieder regnet und die lange Trockenzeit ein Ende hat", erzählt Schlotmann.

„Kinder im Sand sitzen zu sehen, wie sie mit kaputten Autoreifen spielen, öffnet einem die Augen. Wir klagen auf einem hohen Niveau“, sagt der 51-Jährige. Die deutschen Polizisten nehmen sehr oft auch altes, nicht gebrauchtes Spielzeug von Zuhause mit in die Länder ihrer Auslandseinsätze, um einem Kind eine Freude machen zu können. „Es sind die Kleinigkeiten, die einen in solch einem Einsatz glücklich machen“, meint der verheiratete Familienvater.

Man rettet nicht die Welt“

Deutsche Polizisten, die ins Ausland gehen, sind heutzutage nicht mehr unüblich. Junge Polizisten gehen oft mit der Hoffnung in ihren Einsatz, etwas Großes zu bewirken – und das tun sie auch. Aber nicht alleine. Es ist nicht ein einzelner Polizist, der große Veränderung im Ausland schafft, sondern das Team.

Schlotmann hat schnell gelernt, dass er nur ein Puzzleteil des Ganzen ist und mit der Erfüllung seiner Aufgaben genug bewirkt. „Man muss akzeptieren, dass man nicht die Welt rettet und jedem Menschen, den man sieht, einzeln helfen kann. Wenn man seine Aufgaben erfüllt, kann und sollte man zufrieden sein.“, ist die Meinung des Vorsitzenden der Handballer des Letmather TV.

„Stechen im Nebel“

Familienleben und Langzeiteinsätze in gefährlichen Gebieten sind eine schwere und eventuell auch undankbare Zusammenstellung. Aber es ist möglich. Die Kommunikation in die Heima ist oft schwer. Die Krisengebiete haben oft ein sehr schlechtes Mobilfunknetz. Schlotmann und seine Familie kommunizieren daher nach dem Prinzip: „No news is good news“.

Gerade nach Anschlägen oder Katastrophen in den Einsatzgebieten ist es nicht immer direkt möglich, der Familie Bescheid zu geben, dass einem nichts passiert ist. Kein Kontakt ist daher kein schlechtes Zeichen, zumal bei etwaigen Zwischenfällen etwaige Informationen natürlich auch über offizielle Kanäle laufen würden. Nach so vielen Einsätzen ist dies aber für Meinolf Schlotmann und seine Familie zur Routine geworden.

Geht es nochmal ins Ausland?

Auch wenn er gerne im Ausland ist, möchte Schlotmann nicht zum Weltenbummler werden. „Dafür bin ich auch viel zu gern zuhause“, sagte der Polizeioberrat. Dort hat er seine Familie und seine Freunde. Diese sind der Fixpunkt, der ihm Halt gibt. Da er im November vergangenen Jahres erst aus Mali zurückgekommen ist, bleibt ihm nun erstmal eine längere Pause in der Heimat. Durch die mehr als viereinhalb Jahre im Ausland hat Meinolf Schlotmann viel Erfahrung gesammelt, sodass Anfragen für weitere Auslandseinsätze wahrscheinlich sind. Einen weiteren würde er wahrscheinlich auch nicht ablehnen.

In Deutschland will er seinen „alten“ Job weitermachen und hat nicht geplant, irgendetwas zu verändern. Mit festen Aussagen war er aber immer vorsichtig, denn man weiß nie was in der Zukunft passieren kann.

Ein bestimmtes Erlebnis, das sich bei Meinolf Schlotmann festgesetzt hat gibt es nicht: „Jeder Einsatz hatte seine Highlights, in jedem Einsatz hatte ich andere Aufgaben, war in einer anderen Region und hatte andere Leute um mich.“ Er erinnert sich lieber an seine Erfahrungen und Erkenntnisse, die er durch seine Einsätze erlangt hat sowie die Bekanntschaften und Freundschaften, teilweise auch international, die durch die enge Zusammenarbeit mit den vielen Menschen entstanden sind.

Von Jonas Neumann
Veröffentlicht am 11.04.2016