Harald Gruhn – bodo-Verkäufer mit Spionagetalent

An seinem Verkaufsstandort ist Harald Gruhn für die Kunden zu einer festen Institution geworden und beweist sich auch als Retter in der Not.

Bochum. Die BiTSnews´ Person der Woche verkauft nicht nur Straßenmagazine. Sie stellt Ladendiebe und ist gleichzeitig die gute Seele eines Supermarktes.

Schnellen Schrittes ziehen Menschen an ihm vorüber, bepackt mit Taschen voller Lebensmitteln. In Einkaufswagen klappern Leergutflaschen und genervte Autofahrer quetschen sich in zu enge Parklücken. Wie ein Fels in der Brandung steht der 61-Jährige dort in Mitten des Getümmels. Schauplatz ist der Parkplatz eines Bochumer Supermarktes. Hier steht der Mann, den nichts erschüttern kann. Seit knapp zweieinhalb Jahren bietet Harald Gruhn dort an 25 Stunden in der Woche das Straßenmagazin bodo zum Kauf an. Menschen in schwierigen sozialen Lagen verkaufen das Magazin für Bochum, Dortmund und Umgebung auf der Straße und bekommen so die Chance, wieder selbstbestimmt Geld zu verdienen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken.                                                                                                  

Im BiTSnews Interview verrät Harald Gruhn, wie er bodo-Verkäufer wurde, was er als solcher gelernt hat und warum er in seinem Leben so glücklich ist. 

BiTSnews: Herr Gruhn, Sie haben immer ein Lächeln auf den Lippen, nicken jedem, der hier vorbeikommt, freundlich zu. Was macht Sie so zufrieden?                                                                                                                    Harald Gruhn: Als ich vor sieben Jahren meinen Job als Maler- und Lackierer verloren habe, ist für mich schon eine Welt zusammengebrochen. Man hat mir dann auch gesagt, dass ich in meinem Alter nichts Neues bekommen werde. Ich bin aber nicht der Typ der so einfach aufgibt. Also habe ich mir eine neue Aufgabe gesucht und verkaufe seither bodo. Der Job füllt mich aus, macht mir Spaß und stellt mich zufrieden.

BiTSnews: Ist es nicht unglaublich schwierig, die Menschen auf der Straße zu erreichen, gerade, wenn man wie Sie an so einem hektischen Platz verkauft?    

Harald Gruhn: Natürlich kommt es immer wieder vor, dass man von manchen abgewiesen wird. Das nehme ich mir aber nicht so zu Herzen. Ich denke dann an die vielen Menschen, die mir freundlich gegenübertreten und davon gibt es jede Menge. In zwei Jahren habe ich mir schon einen richtigen Stammkundenkreis aufgebaut. Manche machen sich sogar Sorgen, wenn ich einmal nicht da bin.

BiTSnews: Was haben Sie in der bisherigen Zeit als bodo-Verkäufer für Ihr Leben dazu gelernt?                                                                                                                                                                                           Harald Gruhn: Die Erfahrungen haben mich in meinem Lebensmotto bestärkt: „Behandel die Leute so, wie Du auch von ihnen behandelt werden möchtest.“   

BiTSnews: An Ihrem Standort sind Sie schon zu einer festen Institution geworden. Erzählen Sie uns von den 3 bewegendsten Erlebnissen, die sie erlebt haben.                                                                                                                                         Harald Gruhn: Einmal bin ich in den Urlaub nach Worms gefahren. Meine Heimatstadt. Da hat mir ein Kunde eine Tüte voller Reiseproviant und 50 € gegeben. Zu Weihnachten bekomme ich außerdem von meinen treuen Käufern immer selbstgebackene Kekse und etwas Weihnachtsgeld oder sogar Textilien.

BiTSnews: Und was waren für Sie die 3 kuriosesten Dinge, die Sie bisher beim Verkauf am Supermarkt erlebt haben?                                                                                                                                                          Harald Gruhn: Ich habe hier mal einen Klopapierdieb gestellt. Außerdem konnte ich verhindern, dass einer Dame die Satteltaschen von ihrem Rad gestohlen wurden. Für mich besonders kurios war ein Kunde, der dachte, ich sei ein Pappaufsteller. Er hatte ein Glasauge und konnte mich daher nicht richtig erkennen. Der ist ganz schön erschrocken, als ich mich dann bewegt habe.

BiTSnews: Welche 3 Dinge tragen Sie immer bei sich?                                                                                                                          Harald Gruhn: Mein Handy, über das ich immer während des Verkaufs Radio höre. Mein Fahrrad und natürlich einen Stapel voller bodos.

BiTSnews: Trotz Ihrer Zufriedenheit: Gibt es 3 Dinge, die Sie sich wünschen?                                                      Harald Gruhn: Lange gesund zu bleiben, dass mein Umzug gelingt und dass ich noch einmal eine Partnerschaft führen kann.

BiTSnews: Wo treffen wir Sie in 10 Jahren?                                                                                                                     Harald Gruhn: Wenn ich es gesundheitlich schaffe, dann immer noch hier als bodo-Verkäufer.

 

Von Verena Holzgreve

Weiterführende Links:

www.bodoev.de

Veröffentlicht am 23.01.2010