Jens Kerner - Glücksspiel kann glücklich machen

Jens Kerner beim Pokern. Foto: Privat

Chips, Karten und Tische sind das Spielgerät von BiTSnews‘ Person der Woche. Der in der Region geborene Jens Kerner hat den großen Sprung geschafft: er tritt nicht mehr in dunklen Kellerräumen gegen seine Gegenspieler und den verruchten Ruf des Glücksspiels an, sondern sitzt an den großen schillernden Tischen der Welt und spielt um viel Geld, beäugt von einer ganzen Generation von Pokerspielern vor dem Fernseher.

100.000 australische Dollar hat Jens Kerner jüngst gewonnen. Nun plant er den nächsten großen Coup. In Las Vegas will er im Juli beweisen, dass er nicht nur einmal Glück hatte, sondern am Anfang einer langanhaltenden Glückssträhne steht.

Am Anfang waren es 10 Cent Stücke, die Jens Kerner mit Freunden im Urlaub zusammengekratzte, um zu pokern. Damals wusste er nicht, dass er vier Jahre später an den bekanntesten Glücksspielorten der Welt sitzen und um das ganz große Geld spielen würde. Schon damals hatte er das richtige Händchen, gewann direkt auf Anhieb den Pot von zwei Euro. Den Wendepunkt, um professioneller zu spielen, brachte ein Marktforschungsinstitut. Um ein wenig Geld neben dem Studium zu verdienen, wollte der heute 23-Jährige einen Sommer lang jobben. Doch weil das Institut sich im Datum vertan hatte, sah sich Kerper plötzlich mit einem arbeitsfreien Tag konfrontiert. Langweile und Surfen im Internet brachten ihn zu einer Pokerplattform und einem sogenannten 20 Dollar re-buy Turnier. Das heißt, man kann innerhalb der ersten Stunde für denselben Preis Chips nachkaufen, wenn man verliert. Fünf Stunden später und ohne einen re-buy zu machen, war der BWL-Student plötzlich erster - und hat 2965 Dollar gewonnen. Ein Screenshot seines fulminanten Coups musste dann so lange herhalten, bis das Geld vier Tage später auf seinem Konto gutgeschrieben wurde. Dann ging er zu seiner Mutter, um zu verkünden, dass er am nächsten Tag nicht zu dem Marktforschungsinstitut gehen würde. Irritiert sei sie gewesen und fragte warum. Weil er 2965 Dollar online beim Pokern gewonnen hätte. Da nickte sie, als sei es das normalste der Welt und sagte, dass sie das verstehen könne.

Mit BiTSnews sprach Jens Kerner über seinen ersten, großen Erfolg; seine Einstellung zu Geld; seine Zukunftspläne und die Gründe, warum er pokert.

BiTSnews: Wieso hast Du an diesem Punkt weiter gespielt und nicht aufgehört?

Kerner: Ich war fasziniert, dass man online echtes Geld gewinnen kann. Ich würde aber nie mein ganzes Vermögen opfern, um weiterzuspielen. Mit dieser Einstellung bin ich auch gut gefahren. Ich habe regelmäßig Geld gewonnen und mich stetig gesteigert.

BiTSnews: Was war Dein bisher größter Erfolg?

Kerner: Ich bin im Internet auf ein Qualifikationsturnier für ein Australienpaket gestoßen. Turnier, Reise und Hotel vor Ort. Mit 100 Dollar Einsatz war man dabei. Beim dritten Mal haben online 1016 Leute um einen Startplatz in Melbourne bei den AussieMillions mitgespielt. Für die ersten Drei gab es als Gewinn das all inklusive Paket. Und ich bin Dritter geworden…

BiTSnews: Also bist Du nach Melbourne geflogen. Wie sind die AussieMillions für Dich gelaufen?

Kerner: Das war mein erstes großes Turnier. Die AussieMillions finden einmal jährlich statt und ziehen viele berühmte und bekannte Pokerspieler an. Ich habe zehn bis zwölf Stunden am Tag gepokert. Das war richtig harte Arbeit. Von 724 Leuten, die mitgespielt haben, bin ich leider nur Zehnter geworden.

BiTSnews: Warum „leider“?

Kerner: Weil ich am Ende besser hätte spielen können. Im Nachhinein weiß ich, dass ich ein, zwei Fehler gemacht habe, die ich hätte vermeiden können. Ich denke häufig noch darüber nach.

BiTSnews: Wie viel hast Du gewonnen?

Kerner: 100.000 australische Dollar. Das waren zu dem Zeitpunkt umgerechnet ungefähr 66.000 Euro. 100.000 australische Dollar hört sich aber irgendwie besser an (lacht)… Ich habe mir aber nichts Besonderes gekauft. Ich brauche auch noch Geld zum Leben und Spielen. Außerdem kann es trotz allem auch vorkommen, dass ich Geld verliere. Das Geld aus Australien fungiert als meine psychologische Absicherung und dadurch kann ich freier aufspielen. Ich will mich immer weiter verbessern, was nicht heißt, dass ich mich nicht auch über kleinere Gewinne freuen kann.

BiTSnews: Hast Du schon einmal richtig viel Geld verloren?

Kerner: Klar. Das sage ich auch immer allen Leuten, wenn sie zu mir sagen, dass ich mal wieder eine Runde geben soll, weil sie gehört haben, dass ich wieder Geld gewonnen hätte. Ich verliere auch ab und zu Geld. Das gehört einfach dazu. Wichtig ist dann immer, dass man weiß, wann man aufhören sollte. Wenn man angefressen ist und weiter spielt, verschenkt man viel Geld. Bei Cash Games, also Spielen, wo man Bargeld einsetzt, würde ich jedem empfehlen aufzuhören. In der Fachsprache heißt das „tilten“; also Geld in die Mitte zu schieben, weil man unkonzentriert ist. Man sollte einfach nicht über seinen Möglichkeiten spielen. Wenn ich an einem Tisch sitze, gehe ich innerlich davon aus, dass das Geld verloren ist. Generell ist Pokern eine psychische Herausforderung. Denn auch, wenn ich mit dem Geld abgeschlossen habe, wie geht man damit um, wenn man 2.000 Euro verliert statt gewinnt? Man muss einfach mit allen Begebenheiten rechnen. Bei mir fliegt dann ab und zu die Maus gegen die Wand, um mich abzureagieren.

BiTSnews: Du hast dich erneut für ein großes Turnier qualifiziert. Im Juli geht es für Dich zu den World Series of Poker nach Las Vegas. Was erwartest Du Dir von „Sin City“?

Kerner: Ich mache mir keinen Druck, dass ich gewinnen muss, nur weil es in Australien so gut gelaufen ist. Ich habe nichts zu verlieren. Der Turnier buy-in von 15.000 US Dollar ist in dem Paket erhalten, dass ich online gewonnen habe. Eigentlich kann ich nur gewinnen; sei es an Erfahrung oder an Geld.

BiTSnews: Spielen gilt als Sucht. Hast Du Angst, süchtig zu werden?

Kerner: Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob es bei mir schon eine Sucht ist, oder einfach nur ein etwas unkonventioneller Job. Da es meine Art ist, Geld zu verdienen, muss ich zwangsläufig viel Zeit mit dem Spiel verbringen. Ich versuche aber, normal zu bleiben.

BiTSnews: Nenn uns 3 Dinge, die Du aus deinen Poker-Erfahrungen gelernt hast?

Kerner:

1. geduldig zu sein

2. auch verlieren zu können

3. dass Geld kaum glücklich macht, das Leben aber erleichtert

BiTSnews: Welches sind die 3 Dinge, die Du immer dabei hast?

Kerner:

1. Handy

2. Geld

3. iPod

 

BiTSnews: 3 Sachen, die Du in Deinem Leben unbedingt noch machen möchtest?

Kerner:

1. eine eigene Jacht besitzen

2. in die Karibik reisen

3. ein Bracelet gewinnen (Weltmeister bei den World Series of Poker werden)

BiTSnews: Wo treffen wir Jens Kerper in 10 Jahren?

Kerner: Entweder unter der Brücke oder im Billionairs-Club in Monte Carlo.

Von Lea Krähahn

Veröffentlicht am 19.06.2010