Ein Interview mit Thomas Reunert

"Journalist ist immer einer der spannendsten Berufe, die es gibt"

In der heutigen Zeit wird es für das Medium Zeitung immer schwieriger, sich auf dem Markt zu behaupten. Über Ansätze und Lösungswege hat MAERKZETTEL mit Thomas Reunert gesprochen. Foto: Pixabay

Wer wird heutzutage noch Journalist? Gibt es noch diejenigen, die mit Stift und Block losziehen? Und was versuchen die Zeitungen um interessant und attraktiv zu bleiben? MAERKZETTEL hat mit Thomas Reunert (63), dem Chefredakteur des Iserlohner Kreisanzeigers (IKZ) gesprochen.

Guten Tag Herr Reunert, zunächst einmal nochmals vielen Dank für das Interview. Wie sind sie zur Zeitung gekommen und Chefredakteur geworden?

 

Das war tatsächlich ein wenig durch Zufall. Ich bin ein klassischer Quereinsteiger. Ich wollte ursprünglich Seemann werden. Als ich zunächst keinen Ausbildungsplatz bekommen habe, bin ich zur Bundeswehr gegangen um dort über den Beamtenweg meinen Traumjob zu erlernen. Nachdem es mir aber bei der Bundeswehr nicht gefallen hat stand ich kurz darauf da und hatte keine Ausbildung. Ich habe dann angefangen BWL zu studieren. Parallel dazu habe ich außerdem für die DLRG Pressearbeit gemacht und dabei den damaligen Chefredakteur der Westfalenpost kennengelernt. Dort bin ich dann zum freien Mitarbeiter geworden. 1983 bin ich dann zum IKZ gewechselt und seit mittlerweile 25 Jahren Chefredakteur.

 

Wo liegen die Herausforderungen für das Medium Zeitung in der heutigen Zeit?

 

Das ist auf jeden Fall vielschichtig. Da ist zunächst einmal die Frage: Für wen machen wir das überhaupt? Es gilt natürlich, dass Nachrichten, egal ob aus der Welt, dem Sport, der Kultur oder dem Lokalen immer Abnehmer finden werden. Die Hauptaufgabe besteht darin, das Modell der Nachricht und ihren Transport mit einem Finanzierungsmodell in Einklang zu bringen. Viele Leute fragen sich natürlich, warum sie für etwas Geld bezahlen sollen, was sie an anderer Stelle umsonst kriegen können. 

Außerdem haben wir es mit einer Gesellschaft zu tun, deren Interessenslagen unterschiedlicher kaum sein könnten. Da gibt es die jungen Leute die vielleicht besonderes Interesse an Sport und Freizeit haben, diejenigen mittleren Alters, denen es vor allem um Familie, Schule oder Erziehung geht und die älteren Menschen, denen es beispielsweise um Gesundheitsfragen geht. Alle diese Interessenslagen gilt es für uns dann unter einen Hut zu bringen. 

 

Auch aus der Sicht eines Chefredakteurs: Welche Gründe gibt es heutzutage noch eine Zeitung zu lesen? Informationsquellen gibt es ja im Internet viele….

 

Dort müssen wir trennen. Zwischen Information und Hintergrundinformation. Eine Nachricht über beispielsweise eine neue EU-Kommisionspräsidentin ist das eine. Was das aber für die Menschen bedeutet, welche Gründe es gab und alles was im Hintergrund abgelaufen ist, das liefert das Internet nur in Teilen. Dort ist die Zeitung viel tiefgründiger und oftmals seriöser. Der zweite Punkt ist, dass das Internet mit zunehmender Regionalität und Lokalität schwächer wird. Die Information was in seiner kleinen Stadt los ist, kriegt der Nutzer eigentlich nur über die Zeitung. 

 

Können sie das anhand eines Beispiels erklären?

 

Nehmen wir mal die Iserlohn Roosters. Wir berichten natürlich über das Spiel und das Ergebnis. Das bekommen sie selbstverständlich auch im Internet. Aber was unter der Woche dort passiert, das kriegen sie dann nur von den Lokalsportredakteuren vom Iserlohner Kreisanzeiger. Auch über das Parktheater erfahren sie viel mehr, wenn sie die Lokalzeitung lesen.  

 

Wie wird sich die Zeitung verändern oder verändern müssen, um sich auf dem „Medienmarkt“ zu behaupten?

 

Unser Kerngeschäft wird weiterhin das Erstellen und Verbreiten von Nachrichten sein. Das Ganze werde wir auf allen Kanälen, die uns zur Verfügung stehen tun. Ich halte Print noch nicht für völlig tot. Wir müssen versuchen Online eine Einheit des Informationstransportes zu schaffen. Das wird auch aus Videos und Audios bestehen. 

Ein Modell, was irgendwann bei den digitalen Zeitungsteilen kommen wird, ist das sie individueller werden. Der Leser kann dann auswählen, welche Teile er oder sie jeweils lesen möchte und daraus wird dann eine persönliche Zeitung gebaut werden. Aber es wird immer eine Existenzberechtigung für den Lokaljournalismus geben.  

  

Was glauben Sie, was ihre Redakteure noch nicht können aber auf jeden Fall können müssen, um im digitalen Zeitalter ein gutes Zeitungsangebot bieten zu können?

 

Wir stehen an der Schwelle beziehungsweise haben schon die ersten Schritte über sie hinweg gemacht, hinzu mehr digitalen Beiträgen. Letztendich hat jeder Journalist immer Bedarf, sich weiter zu verbessern. Aber im Prozess der Digitalisierung eine ganze Redaktion mitzunehmen, die über Kollegen von Mitte zwanzig bis Anfang sechzig geht, das ist in jedem Fall eine Herausforderung. Im Bereich Mobile Reporting werden wir beispielsweise mit der UE kooperieren. Dieses Thema ist bereits fester Bestandteil der Volontariatskurse. Ein weiteres Thema ist die Datenschutzgrundverordnung. Es gibt Fälle in denen Leute uns verklagen, weil sie auf Bildern in der Fußgängerzone drauf sind. 

 

Abschließend noch die Frage: Welchen Grund gibt es für junge Leute noch beruflich in den journalistischen Bereich zu gehen? 

 

Ich halte den Beruf des Journalisten nach wie vor für einen der spannendsten die es gibt. Oftmals weiß ein Journalist morgens nicht was ihn am Tag erwartet. Sie kommen zur Arbeit und wissen oftmals nicht, was Ihnen in einer Stunde passiert. Zudem sind wir Journalisten ja auch als Nahrichten- und Informationsverbreiter ein wichtiger Bestandteil der Demokratie. Ich bin kein Freund davon, den Beruf zu sehr zu akademisieren. Das Talent ist etwas, das auch zählen wird.  

Von Felix Abrahams
Veröffentlicht am 01.08.2019

Felix Abrahams

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