Aufklärung gefordert

Wenn die Chance auf BAföG versäumt wird

Viele Formulare und Sonderanträge erschweren eine Antragsstellung auf BAföG. Foto:Antonia Schütter

DEUTSCHLAND. Immer mehr Studenten und Schüler versäumen die Chance auf finanzielle Unterstützung durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Der Grund: Viele informieren sich nicht ausreichend über die Rahmenbedingungen. Zu viele Formulare und Belege schrecken sie ab. Doch die Arbeit ist es meistens wert.

Studentin Anna K. (Name geändert) ärgert sich im Gespräch mit ihren Freunden darüber, dass sie nicht schon früher BAföG beantragt hat. Denn derzeit ist sie im sechsten Semester, was den Antrag auf BAföG erschwert. Sie dachte, ihr stehe die Ausbildungsförderung nicht zu und auch die Antragsstellung schien ihr zu kompliziert. Und damit ist sie nicht die Einzige.

Die Zahl der Geförderten sinkt und die Förderungsbeiträge steigen, verkündet das Bundesministerium für Bildung und Förderung in einer Pressemitteilung. Nur ein Fünftel der Studenten in Deutschland bezieht BAföG. Die mangelnden Informationen bezüglich der Rahmenbedingungen erschweren eine Antragsstellung, zeigen mehrere Erfahrungsberichte. Um dies zu ändern, wurden die Rahmenbedingungen reformiert.

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz im Überblick

BAföG ist eine staatliche Ausbildungsförderung für Studierende und Schüler, die ihnen eine angemessene Ausbildung ermöglicht. Bis zum 30. Lebensjahr kann diese Förderung beantragt werden. Um einen Antrag stellen zu können, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein. Unter anderem sollte es sich bei der Ausbildung um die erste Ausbildung handeln. Auch die Staatsangehörigkeit spielt eine Rolle. Allerdings gibt es viele Ausnahmen. So kann zum Beispiel ein Fachwechsel berücksichtigt werden. Die passenden Formblätter müssen ausgefüllt werden und auch das Einkommen der Eltern und Geschwistern müssen unter anderem belegt werden.

„Jetzt bin ich schon im sechsten Semester und ich habe das Gefühl, ich bekomme jetzt erst langsam einen Überblick“, stellt die 22-Jährige Anna fest. Sie wird durch die ganzen Formulare abgeschreckt, sodass sie es schon fast aufgegeben hatte einen Antrag zu stellen. „Das ist typisch Bürokratie in Deutschland“, beschwert sich die Studentin. Sie hat keine Ahnung, wie sie den BAföG-Antrag angehen soll und die meisten Informationen bezüglich des Antrags bekommt sie von Freunden mitgeteilt. Denn erst nachdem immer mehr Leute aus ihrem Freundeskreis die Ausbildungsförderung beantragten, wurde sie darauf aufmerksam.

Die Mühe lohnt sich

BAföG sollte eigentlich besonders attraktiv für Studenten und Schüler sein, denn die Hälfte der Förderung muss nicht zurückgezahlt werden. Die andere Hälfte wird als Darlehen gewährt und muss nach dem Studium zinslos zurückgezahlt werden. Der Darlehensanteil liegt maximal bei 10.000 Euro. Alles darüber muss nicht zurückgezahlt werden. Die Rückzahlung ist erst fünf Jahre nach dem Ende der Regelstudienzeit fällig und kann bis zu 20 Jahre dauern. Der BAföG-Höchstsatz liegt derzeit bei 850 Euro. Das sind 115 Euro mehr als im Jahr zuvor. Laut Statistik liegt der durchschnittliche monatliche BAföG-Förderbetrag pro Student in Deutschland bei 500 Euro.

Als Anna K. die genauen Zahlen hört, ärgert sie sich: „Es ist schon heftig, dass ich all die Jahre ohne BAföG durch das Leben gelaufen bin“. Seit sechs Semestern hätte sie finanzielle Unterstützung erhalten können und hat so die Chance auf „das geschenkte Geld“ versäumt. Und das nur, weil die Aufklärung fehlte. Sie möchte auf jeden Fall die Gelegenheit nutzen, um spätestens im Master finanzielle Unterstützung zu bekommen.

Mangelnde Informationen

Oft werden Studenten erst im Laufe des Studiums auf die Ausbildungsförderung aufmerksam gemacht. Schüler wissen meist nicht, dass sie das Recht auf BAföG haben. Denn es gibt BAföG nicht nur für Studierende, sondern auch für Schüler. Ab der zehnten Klasse können diese auf Weiterführenden-und Berufsschulen finanzielle Unterstützung erhalten. Die Schüler wissen davon meistens jedoch nichts. Laut Statistik beziehen deutlich weniger Schüler als Studenten BAföG.

Auch Anna K. hätte sich eine frühere Aufklärung gewünscht, um die jetzigen Folgen vermeiden zu können. Sie sieht es als Aufgabe der Schulen und auch der Eltern, über die Rahmenbedingungen zu informieren. Anna K.´s Eltern rieten ihr damals davon ab, einen Antrag zu stellen. Sie argumentierten nach dem Motto: „Du bekommst eh nichts“, da es der Familie finanziell gut gehe. Doch dies ist nicht immer der auschlaggebende Punkt, weiß die Studentin jetzt.

Mut beim BAföG-Antrag

Heute kann Anna K. ihren Freunden danken, dass sie auf die BAföG-Förderung aufmerksam gemacht wurde. Denn die 22-Jährige wird einen BAföG-Antrag für das nächste Semester stellen. Bei so vielen Ausnahmeregelungen stehen die Chancen sogar gut. Fakt ist: Die Ausbildungsförderung steht fast jedem Studenten in Deutschland zu. Bei so viel Geld, lohnt es sich die Wege der Bürokratie auf sich zunehmen und mehr als „Nein“ sagen, können die Studierendenwerke auch nicht.

Von Antonia Schütter
Veröffentlicht am 29.04.2019

Antonia Schütter

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