Imkerverein Hemer

Das Einmaleins der Imkerei

Fleißige Bienen bei der Honigproduktion. Foto: Nina Gutzeit
Sicherheit geht vor. Auch wenn die Honigbienen von Mathias friedliche Tiere sind, tragen alle Teilnehmer einen weißen Schleier. Foto: Nina Gutzeit
Der Sonnenwachsschmelzer: Hier werden die alten Rähmchen mit den nicht mehr zu gebrauchenden Waben hineingelegt. In der Sonne schmilzt das Wachs der Waben bei circa 100 Grad Celsius. Foto: Nina Gutzeit
Ein Bienenstock mit etwa 30.000 Bienen. Foto: Nina Gutzeit
Die Auffangschale eines Bienenstocks gefüllt mit Bienenabfällen und toten Parasiten. Foto: Nina Gutzeit
Die Anzucht der Königinnen in einem abgedeckelten Körbchen. Foto: Nina Gutzeit
Bienenkönigin Nummer 27. Foto: Nina Gutzeit
Vereinsmitglied und selbst erfahrener Imker Friedhelm zeigt der Gruppe die verschiedenen Brutstadien der Arbeiterbienen. Foto: Nina Gutzeit
Unten rechts erkennbar, die weiße Arbeiterlarven. Foto: Nina Gutzeit
Außen der Futterkranz und innen der Brutkranz. Foto: Nina Gutzeit
Die Imker. Foto: Nina Gutzeit
14 Teilnehmer und sieben Vereinsmitglieder am Ende des gelungenen und schönen ersten Schnupperkurstages. Foto: Nina Gutzeit
Ein Paradies für Bienen. Der Garten von Mathias grenzt an eine Apfelbaumplantage an. Foto: Nina Gutzeit

HEMER. Der Frühling ist da und mit ihm die wärmende Sonne. Jetzt, wo die Tage wieder länger werden und die ersten Blumen und Bäume zu blühen beginnen, lockt es die Bienen in die freie Natur. Die diesjährige Honigproduktion hat begonnen. Passend zum Start der Saison veranstaltet der Imkerverein Hemer erstmals den Schnupperkurs für Einsteiger in die Imkerei.

Es ist ein traumhaft schöner Tag, als ich am Samstag bei Gastgeber Matthias und seiner Frau zu Hause in Hemer ankomme. Der Erste Vereinsvorsitzende des Imkervereins Hemer nimmt mich freundlich in Empfang und ich darf direkt in der Gruppe Platz nehmen. Ich bekomme Kaffee, Wasser und das „Du“ angeboten. „Unter Imkern Duzt man sich“, erklärt mir Mathias mit einem freundlichen Lächeln.

Es ist das erste Mal, dass der Schnupperkurs für Imkerei-Einsteiger und Interessierte vom Imkerverein Hemer durchgeführt wird. Bei dem zweitätigen Lehrgang sollen die insgesamt 14 Teilnehmer ein erstes Gefühl dafür bekommen, was es bedeutet selbst Imker zu sein, welche Aufgaben man hat und was man alles beachten muss. Die Teilnehmerzahl ist absichtlich beschränkt, damit das Wissen gut vermittelt werden kann und die Imkerfans auch jeder Zeit nachfragen können.

Biologie und Arbeitsbereiche

Die mir zugeteilte Gruppe Nummer drei, hat soeben die zweite Theorieeinheit besprochen. Dazu gehört Biologie mit Parasitenkunde sowie die jahreszeitenabhängige Betreuung der Bienenvölker. Hier lernen die zukünftigen Imker, wie sie zum Beispiel mit dem schädlichsten Parasiten der Honigbiene, der Varroamilbe, umgehen müssen und ihre zukünftigen Bienenvölker vor ihr schützen können.

Des Weiteren wird die Struktur eines Bienenvolkes erläutert, die verschiedenen Altersstufen und die Rolle der einzelnen Arbeitergruppen. Im Laufe ihres Lebens durchlebt die Biene verschiedene Aufgaben innerhalb und außerhalb des Bienenstocks. Da gibt es zum Beispiel die Putzbiene, die für die Reinigung des Bienenstocks zuständig ist. Mit fortschreitendem Alter wechselt die Biene ihr Tätigkeitsfeld und wird unter anderem zur Ammenbiene, Baubiene, Sammlerin, Wasserholerin, sowie Wächterin.

Teilnehmerin Sabine und ihre erwachsene Tochter Lisa sind bis jetzt von dem Orientierungskurs begeistert. Sabine hat das Buch „Die Geschichte der Bienen von Maja Lunde“ gelesen und erzählt mir, sie habe zu ihrer erwachsenen Tochter gesagt: “Wenn ich das Buch zu Ende gelesen habe, habe ich, glaube ich, einen eigenen Bienenstock“ und lacht. Das Buch hat ihr Interesse für den Schnupperkurs geweckt und auch Lisa war direkt von der Idee der Teilnahme begeistert. 

Nicht nur süß, sondern auch extrem wichtig

Während der Mittagspause bei Kaffee und selbstgemachtem Kuchen bekomme ich die Gelegenheit, mit Teilnehmern aus den beiden anderen Gruppen Kontakt aufzunehmen. Die Gruppe ist bunt gemischt: Frauen, Männer, aber auch ein Teenager. Der jüngste Teilnehmer des Schnupperkurses ist der 13-jährige Lennart. Er ist ohne Eltern gekommen und möchte gerne sein Vorwissen vertiefen: „Ich habe schon ein bisschen Erfahrung bei meiner Patentante sammeln können, die selbst Imkerin ist. Aber hier lerne ich Vieles, das ich vorher noch nicht wusste, wie zum Beispiel über die verschiedenen Bienenkrankheiten.“ Ihm macht der Tag mit den Bienen viel Spaß, er ist begeistert von dem Kurs. Und die mögliche Aussicht auf den eigens produzierten Honig spornt ihn an.

Catrin, die sich wie viele Teilnehmer nicht nur wegen des Honigs für die Imkerei interessiert, geht es vor Allem um das Thema „Biene“ allgemein und die Rolle der Biene für die Natur und den Menschen. Das Bienensterben ist immer mal wieder in den Medien präsent und hat auch einige Kursteilnehmer auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht. „Ich liebe die Natur und das Thema „Bienen“ ist mittlerweile für mich äußerst interessant, nicht nur bezogen auf den Honig, sondern auch für den Wert der Biene in der Natur allgemein. Man braucht die Bienen zur Bestäubung der Blüten, sonst gibt es irgendwann keine Äpfel, Birnen oder Kirschen mehr. Daher bin ich heute hier, um zu erfahren, was es überhaupt bedeutet sein eigenes Bienenvolk zu besitzen.“

Königinnenanzucht

Nach der leckeren Stärkung gehen meine Gruppe und ich zum Praxisteil des heutigen ersten Kurstages über. Wir ziehen uns einen sogenannten „Schleier“ über. Der weiße Schutzanzug in Verbindung mit den Handschuhen dient als reine Vorsichtsmaßnahme, da diese Bienen in der Regel nicht aggressiv sind. Wir gehen zu einem kleinen Bienenstand, in dem Imker Matthias neue Königinnen anzieht. Vereinsmitglied Friedhelm zeigt uns die Körbchen, in denen die Königinnen herangezogen werden. „Wenn mal keine Königin da ist, dann suchen sich die Bienen einige Maden aus und füttern sie mit Gelée royale, einem Drüsensekret der Arbeiterbienen, das auch als Bienenköniginnenfuttersaft bekannt ist und ziehen so mehrere Königinnen an. Diese müssen aber mit einem Korb gedeckelt werden, damit die anschließend geschlüpften Königinnen sich nicht gegenseitig töten. Eine Königin duldet keine Konkurrenz.“

An einem zweiten Bienenstock gucken wir uns die verschiedenen Brutstadien der Arbeiterbienen an und machen uns auf die Suche nach der Königin. Dabei haben wir Glück, beobachten zu können, wie nach etwa 21 Tagen Brutzeit neue Bienen schlüpfen. Die Grauchen sind noch ganz weich, ihre Panzer sind noch nicht ausgehärtet und die Fühler müssen sich noch vollständig entwickeln.

Ich lerne, dass es viele Aspekte gibt, die man bei der Honigbienenhaltung beachten muss. Sie ist nicht nur zeitaufwändig, sondern auch pflegeintensiv. Man braucht einen geeigneten Standort und muss ausreichend Material für die Haltung produzieren, wie zum Beispiel Rähmchen für die Waben bauen und neue Waben schmelzen. Die Bienen müssen über die verschiedenen Jahreszeiten ausreichend betreut werden. Um den Honig zu gewinnen, müssen die Waben entdeckelt werden, das bedeutet, dass die Wachsschicht abgetragen wird. Anschließend stellt man die entdeckelten Rähmchen in eine Honigschleuder und fängt den noch unreinen Honig auf. Dieser muss nun noch gefiltert und von den letzten Wachsresten befreit werden. Am Ende wird man jedoch mit dem süßen Gold belohnt.

Gegen siebzehn Uhr sind alle ein wenig geschafft von dem langen Tag, aber auch glücklich, Vieles über die Bienenaufzucht und Imkerei gelernt zu haben. Jeder bekommt ein Skript mit allen wichtigen Fakten und Informationen ausgehändigt und kann so das bereits Erlernte nacharbeiten und sich auf den zweiten Teil des Schnupperkurses am 7. Juli vorbereiten. Damit ist der erste Kurstag abgeschlossen.

Die Marktlücke

Der Schnupperkurs des Hemeraner Imkervereins bedient eine Marktlücke in der Imkerei. Zwar werden Einsteigerkurse auch von anderen Vereinen in der Umgebung angeboten, diese sind aber meist sehr aufwendig und gehen oft über mehrere Wochenenden an mehreren Standorten. Das ist für viele Interessierte zu langwierig und für den Anfang zu intensiv, da sie erst einmal einen generellen Einblick in die Bienenzucht, -haltung und Honigproduktion erhalten möchten, erzählen die Teilnehmer. Hier ist nicht nur für das geistige Wohl, sondern auch für das leibliche Wohl bestens gesorgt. Die Teilnehmer erhalten Frühstück, Mittagessen sowie Kaffee und Kuchen für eine Teilnahmegebühr von 30 Euro.

Allgemein empfinde ich die Atmosphäre als sehr lässig und fast schon familiär. Die Anekdoten der Imker machen das ohnehin spannende Thema noch interessanter, indem sie von eigenen Anfängerfehlern erzählen und dabei direkt Tipps geben, wie man diese vermeiden kann. Man merkt den Vereinsmitgliedern ihre Leidenschaft für die Honigbiene an und wie gerne sie ihr Wissen und ihre Erfahrung an andere weitergeben möchten.

Für alle, deren Interesse jetzt geweckt wurde und selber einmal an dem zweitägigen Schnupperkurs teilnehmen möchten, hier die gute Nachricht: der Kurs wird voraussichtlich nächstes Jahr wieder stattfinden. Und wer sich bis dahin die Wartezeit ein bisschen versüßen möchte und den einzigartigen Geschmack des flüssigen Hemeraner Goldes einmal selber kosten möchte, der sollte sich, laut Matthias Opitz, voraussichtlich Ende Mai mit dem Imkerverein Hemer in Verbindung setzen.

Von Nina Gutzeit
Veröffentlicht am 24.04.2018