Traditionen und Bräuche rund um den Maifeiertag

Der Beginn des Monats Mai – was hat es damit auf sich?

Die Herscheider tanzen in den Monat Mai. Foto: Privat.

HERSCHEID. Der erste Mai gilt in Deutschland als ein gesetzlicher Feiertag. Am Abend zuvor wird getanzt, gesungen und gelacht. Wieso allerdings ausgiebig gefeiert wird und am nächsten Tag der Rausch ausgeschlafen werden kann - das weiß keiner so genau. MAERKZETTEL klärt auf.

Der Nachthimmel über Herscheid ist sternenklar – die laute Musik ist schon von weitem zu hören. Die Gemeinde feiert heute den Tanz in den Mai. Der passende Rahmen für die Feierlichkeit wurde von der dortigen freiwilligen Feuerwehr errichtet: Wo die Jugendlichen sonst Basketball spielen, steht nun ein großes Festzelt. Auf den umliegenden Spielgeräten toben noch ein paar Kinder – die laute Musik wird mit heiterem Gelächter und angeregten Gesprächen vermischt. „Heute ist ein guter Abend, um gemeinsam mit meinen Freunden ein kühles Bier zu genießen – schließlich haben wir alle morgen frei“, sagt der 22 - jährige Besucher Georgios Andreadis.

Wieso die Herscheider heute in den Mai tanzen, dass weiß der Lüdenscheider Georgios Andreadis nicht so genau. Die germanischen Völker zelebrierten ursprünglich in dieser Nacht den Anfang des Frühlings. Mit Masken und einem großen Feuer vertrieben sie die bösen Geister. Die Kirche verbot schließlich das Fest - alle denen, die trotzdem feierten, wurde nachgesagt, dem Teufel zu folgen oder gar eine Hexe zu sein. Die Kirche verdammte die feiernden Menschen und streute Gerüchte, dass in dieser Nacht die Hexen ausgeflogen seien. Auf dem Blocksberg hätten sie angeblich auf den dort ankommenden Teufel gewartet.

Der Tanz in den Mai ist auch als Walpurgisnacht bekannt. Damals tanzten und sangen die Menschen zur Huldigung der Walburga: Sie wurde am ersten Mai heiliggesprochen, weil sie etliche Wunder vollbracht und Kranke geheilt haben soll. Die Entstehung des Mai-Tanzes hat eine lange Geschichte und wird oft unterschiedlich ausgelegt. Getanzt, gesungen und gelacht wurde in dieser Nacht allerdings schon seit dem Mittelalter.

Der Brauch des Maibaumes

An dem Versorgungsstand wird fleißig gebrutzelt und gebraten. Groß und Klein stehen Schlange, um sich eine leckere Bratwurst oder Pommes Rot – Weiß zu kaufen. Die Löschgruppe zapft im Bierwagen was das Zeug hält und schenkt den Besuchern grünliche Maibowle ein. Über den Köpfen der Leute ragt der mit Krepp-Papier bunt geschmückte Maibaum empor. „Der ist dafür da, um irgendwelche Geister zu vertreiben“, überlegt der Herscheider Jonas Marcinkowski. Ähnlich wie bei dem Tanz in den Mai gibt es dazu keine eindeutige Überlieferung. Ein Ursprung hingegen liegt allerdings wieder bei den alten Germanen und bestätigt die Theorie des 26-Jährigen: Der Legende nach wurde der Baum vom heiligen Bonfatius gefällt und zur Verehrung diverser Waldgottheiten aufgestellt.

Die heutige Form, also der bunt geschmückte Baum mit dem Kranz, ist seit dem 16. Jahrhundert bekannt. Als Zeichen des Selbstbewusstseins der selbstständigen Gemeinden wurde der Baum ab den 19. Jahrhundert aufgestellt. Seither wandelt sich das Aussehen des Maibaums, da ihn oft jedes Dorf individuell schmückt. Auch die damit verbundenen Bräuche wandeln sich von Ortschaft zu Ortschaft. Die einen schmücken den Baum liebevoll, tragen ihn in einer Prozession durch das Dorf und stellen ihn dann für einen Monat auf dem Dorfplatz auf. Andere hingegen machen den Brauch zu einem Spaß: Der Baum wird von einem Mann bewacht, da ein benachbartes Dorf den Baum stehlen könnte. Falls der Baum doch gestohlen werden kann, muss das beklaute Dorf ihren Baum auslösen. Das Zahlungsmittel wird von jeder Region anders definiert.

Ein weiterer beliebter Brauch ist die Tradition der Liebesmaien. Dabei stellt ein unverheirateter junger Mann den Baum vor dem Haus einer unverheirateten Frau ab. In den meisten Dörfern geschieht das vor dem Haus der jeweils Angebeteten.

Der Tag der Arbeit

Langsam wird es kühler, um die von der freiwilligen Feuerwehr aufgestellten Feuerkörbe tummeln sich die Wärmesuchenden. Viele sind in das Festzelt gegangen, wo DJ Dennis die Meute ordentlich aufheizt: Zu deutschen Schlager und den Charts wird ausgelassen gefeiert. Den meisten sind die Maibowle und das Bier schon ordentlich zu Kopf gestiegen. Zum Glück ist morgen ein Feiertag. Aber welcher überhaupt? „Der erste Mai ist Tag der Arbeit, da wird auch viel demonstriert. Ich denke das hat früher mal damit angefangen, dass die Arbeiterklasse am 1. Mai demonstriert hat und deswegen ist das ein Feiertag geworden. Wieso und weshalb, dass weiß ich leider nicht mehr genau“, versucht die Herscheiderin Daniela Langenscheid die Geschichte wiederzugeben. Wie blutig die Entstehungsgeschichte allerdings wirklich war, dass weiß kaum einer.

Der Ursprung des Feiertages liegt im Jahr 1886: In den USA streikten die Menschen für die Einführung des Acht-Stunden-Tages. Bei den Aufständen verloren viele Menschen ihr Leben. Um den Opfern der Demonstrationen zu gedenken, gingen im Jahr 1890 weltweit Arbeiter auf die Straße. Im Jahr 1919 wurde der 1. Mai vorläufig zu einem Feiertag. Die Nationalsozialisten führten den Tag im Jahr 1933 auch in Deutschland als einen gesetzlichen Feiertag ein – nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Tag von den Alliierten weiterhin genehmigt. Heute nutzen die meisten Menschen den Tag der Arbeit, um nicht zu arbeiten. Oft erholen sie sich von ihrem stressigen Alltag oder gehen auf Wanderschaft.

Gegen zwei Uhr nachts erlischt langsam das Feuer und es wird still auf den Dorfwiesen. Der DJ hat die Feier für beendet erklärt. Die Tanzenden taumeln langsam aus dem Festzelt, verabschieden sich von ihren Freunden und treten auf wackeligen Beinen den Heimweg an. Viele sind hergekommen, um einfach miteinander friedlich zu feiern und sich zu unterhalten. „Man kennt die Leute, weil es ein Dorf ist. So kann man auch Leute wiedersehen und sich mit denen unterhalten, die man leider viel zu selten sieht – deswegen ist das hier alles ein wenig familiärer,“ erzählt Daniela Langenscheid am Ende des Abends. Zusammenfassend also ein gelungener Abend, geprägt von vielen Bräuchen und Traditionen, dessen Ursprung jedoch niemand so genau kannte.                             

Von Viola Schütz
Veröffentlicht am 05.05.2019