„Hartz IV ist eine Schande“ – Sahra Wagenknecht in Iserlohn

Bei ihrem Wahlkampf-Auftritt in Iserlohn nahm die umstrittene Sahra Wagenknecht kein Blatt vor den Mund. Foto: Christoph Schneider

Iserlohn. Gemeinsam mit Manuel Huff, dem Direktkandidaten aus Iserlohn, prangerte Sahra Wagenknecht die „neoliberale Politik für Besserverdiener“ von CDU und FDP an. Im Zuge der anstehenden Landtagswahlen war die wirtschaftspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion „Die Linke“ am Dienstagnachmittag auf dem Alten Rathausplatz zu Gast.

„Es ist ein Ammenmärchen, wenn die Bundesregierung uns vormacht, die Krise sei vorbei.“ Mit prägnanten Aussagen wie dieser erregte Sahra Wagenknecht am Dienstagnachmittag die Aufmerksamkeit von rund 80 Iserlohner Bürgern. Überwiegend Vertreter der Stammklientel, aber auch noch unentschlossene Wähler versammelten sich, um die häufig umstrittene und stark sozialistisch geprägte Politikerin live zu erleben. „Wir hoffen, dass sie unser Programm noch publiker macht, weil es bei den Menschen hier im Grunde noch nicht richtig angekommen ist“, so Bodo Richter, Sprecher des Stadtvorstandes der Linkspartei in Menden. Umrahmt wurde Wagenknechts Auftritt von kurzen Ansprachen des örtlichen Fraktionsvorsitzenden Oliver Ruhnert und des Direktkandidaten aus Iserlohn, Manuel Huff.

„Sozialer Druck für soziale Gerechtigkeit“

Das Hauptaugenmerk ihrer Rede legte Wagenknecht, lange Jahre Mitglied der vom Verfassungsschutz beobachteten "Kommunistischen Plattform" der Linkspartei, eher auf bundespolitische denn auf landespolitische Themen. Vor allem die Debatte um die Hartz-IV-Reform sowie die Ursachen und Folgen der Finanzkrise für die sozial schwächer Gestellten fanden starke Berücksichtigung. In diesem Zusammenhang sei die Linkspartei die „einzige anti-neoliberale Partei, und somit die einzige Alternative“, die die soziale Mehrheit vertrete. Durch „sozialen Druck“ wolle man Exportabhängigkeit, Dumpinglöhnen, Deregulierung und Privatisierung entgegentreten, um „soziale Gerechtigkeit einhergehend mit wirtschaftlicher Vernunft“ zu gewährleisten.

„Hartz IV erpresst die sozial schwächer gestellten Menschen“

Laut Wagenknecht hat mit Einführung der Hartz-IV-Reformen das Lohndumping in Deutschland „gigantische Ausmaße“ angenommen. „Das ist der größte Skandal in der deutschen Politik seit den 90er-Jahren“, wetterte sie. Infolge der geringen Tariflöhne seien die Menschen gezwungen, immer schlechter bezahlte Arbeit anzunehmen, die nicht einmal den Lebensstandard sichern könne. Vor dem Hintergrund dieser Tatsachen sprach sie sich vor allem für die Einführung von Mindestlöhnen und eine Stärkung der Gewerkschaften aus.

„Die FDP verdient es, an der 5%-Hürde zu scheitern!“

Ihre Rede nutzte Wagenknecht besonders, um für die Abwahl der „gekauften Politik von CDU und FDP“ zu plädieren und Politikverdrossene sowie Protestwähler für sich zu gewinnen.  Der amtierende Ministerpräsident Rüttgers habe nicht nur Termine, sondern auch seine eigene Überzeugung und Politik verkauft. Insbesondere kritisierte sie auch das Bankenrettungspaket der Bundesregierung: „Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler die Rechnung für eine Party bezahlen muss, auf der er nicht einmal eingeladen war.“ Der von der Regierung prognostizierte Aufschwung komme nur Großunternehmen und Banken zu gute. Mit dem Vergleich „Milliardenhilfen für die Banken – geliehen von den Banken – sind quasi dasselbe, wie wenn ich bei einem Einbrecher einen Kredit für eine neue Wohnungseinrichtung aufnehmen würde, um die gestohlene zu ersetzen“, erntete sie besonders starken Beifall unter den Anwesenden.

Wagenknechts Auftritt fand sowohl bei ihren Parteigenossen als auch beim Publikum Resonanz. „Inhaltlich würde ich das zwar nicht alles so unterschreiben, aber auf jeden Fall ein besserer Auftritt als beim Fernsehduell gestern“, so ein Iserlohner Bürger. Erstaunlich hingegen war, dass Themen wie Bildung und Umwelt mit keiner Silbe erwähnt wurden. „Viele Dinge, die wir fordern, muss man im Gesamtzusammenhang sehen, da gibt es keine länderspezifischen Unterschiede“, begründete Landtagskandidat Huff dies nach der Veranstaltung.

 

Fünf kurze Fragen an Sahra Wagenknecht

Frau Wagenknecht, was erhoffen sie sich von der heutigen Wahlkampfveranstaltung?

„Mein Ziel ist es, unser Programm näher an die Menschen zu bringen und das durch die Medien verfälschte Bild der Linken zu korrigieren.“

Schafft die Linkspartei es am 9. Mai in den Landtag?

„Ich bin überzeugt, dass wir mit einem guten Ergebnis in den Landtag einziehen werden…“

Was macht Sie da so sicher?

„…die Linke ist die einzige anti-neoliberale und Antikriegspartei in Deutschland, und das ist dringend nötig in NRW.“

Halten Sie die Linkspartei denn auch für regierungsfähig?

„Da stellt sich eher die Frage, ob die SPD eine andere Politik will, denn dann wären wir auch sicherlich bereit, mit ihr zusammenzuarbeiten. Aber ich habe die Befürchtung, dass sie sich eher für Rüttgers entscheiden wird.“

Welche Rolle spielt dann noch die Linkspartei?

„Je stärker die Linke wird, desto eher wird sich auch die SPD auf ihre alten Werte zurückbesinnen.“

Von Sebastian Wolf und Christoph Schneider

Veröffentlicht am 28.04.2010