Schreckgespenst „Haushaltssicherungskonzept“ geistert in NRW

Mit den wenigen Talern von Land und Bund kommen die Kommunen in NRW nicht aus. Foto: Sonja Gurris

MK/NRW. Die Stadtkassen sind leer. Ohne Kredite läuft nichts mehr. Fast jede Kommune im Kreis muss in die Haushaltssicherung und auch dem Kreis selbst droht der finanzielle Kollaps. Was die Zukunft bringt, bleibt auch nach der NRW-Wahl ungewiss.

Der Kreistag in Lüdenscheid hat Mitte März den Haushalt für das Jahr 2010 verabschiedet. Die Ertragsseite des Kreishaushaltes weist 384 Millionen Euro auf. Das Problem liegt darin, dass die Ausgaben sich auf 395 Millionen Euro belaufen. Der Kreistag hat aufgrund der desaströsen Haushaltslage Geld für eine mögliche Verfassungsklage bereitgestellt. Landrat Thomas Gemke gibt Land und Bund die Schuld an einer chronischen Unterfinanzierung der Kommunen. Er bereitet die Bürger schon jetzt auf harte Zeiten vor: „Der Etatentwurf drückt die katastrophale Situation in den Kommunalhaushalten und damit auch bei uns im Märkischen Kreis aus. Der Kreis wird 2011 sicher nicht mehr vermeiden können, was in diesem Jahr schon fast allen unser Städte und Gemeinden droht, die Verabschiedung eines Haushaltssicherungskonzeptes (HSK) oder eines Nothaushalts", so Landrat Thomas Gemke. Auch der Hemeraner Bürgermeister Michael Esken stimmt zu: „Auch Hemer muss ein HSK vorliegen. Doch was sollen Land und Bund schon machen – die sind jaselber pleite.“


„Haushaltssicherungskonzept“ -Was ist das überhaupt?


Das „Haushaltssicherungskonzept“ ist ein Begriff, der heutzutage vielerorts durch die Ratssäle geistert. Die Kommunen, die stark verschuldet sind, müssen sich von der jeweiligen Bezirksregierung ihren Haushalt genehmigen lassen, nachdem sie ein Haushaltssicherungskonzept vorgelegt gaben. Ein Haushaltssicherungskonzept ist nichts anderes als eine Liste aller Sparmaßnahmen, die eine Kommune veranlasst, um seinen Haushalt zu sanieren. In der „Bürokraten-Sprache“ des NRW-Innenministeriums heißt es dazu: „Insbesondere sollen Konsumausgaben nicht mit (Liquiditäts-) Krediten zu Lasten kommender Generationen bezahlt werden. Eine generationengerechte und wirtschaftliche kommunale Haushalts- und Finanzwirtschaft muss anstreben, neue Schulden zu vermeiden und alte Schulden abzubauen.“

Sparmaßnahmen treffen oftmals den sozialen Bereich besonders hart

Im konkreten Fall bedeutet das, dass freiwillige kommunale Leistungen wie  das Betreiben von Theatern, Schwimmbädern oder Jugendzentren im schlimmsten Fall sogar eingestellt werden müssen. Die Stadt Essen diskutiert auf einer eigens geschaffenen Internetseite Vorschläge zur Haushaltsberatung. Interessierte Bürger können darüber abstimmen, ob sie beispielsweise für die Reduzierung des Aufwandes für die offene Kinder- und Jugendarbeit zustimmen. Die Aufwendungen, die gleichzeitig auch das Einsparungspotential darstellen, belaufen sich auf über 2,8 Millionen Euro. 88  Bürger stimmen für die Sparmaßnahme, 710 Personen dagegen. Diese Abstimmung auf  der Internetseite www.essen-kriegt-die-kurve.de ist eine direkte Bürgerbeteiligung an der finanziellen Zukunft der Kommune. Die Politik in Essen will mit diesem Versuch Entscheidungen im Sinne des Bürgers bei führen.

Die Städte in NRW sind selbst gefragt, wenn es um das Potential von Einsparungen geht, doch einige Dinge haben sie nicht in der Hand: Die Finanzpolitik von Bund und Land.


Nach Patt-Situation in NRW: Ungewissheit für die Zukunft der Kommunen

Nach der Patt-Situation bei den NRW-Landtagswahlen bleibt abzuwarten, welche der Volksparteien das Land regieren wird. Fest steht, dass Bürgermeister und Kämmerer genau hinsehen werden, was die Regierungsparteien für die Verbesserung der Kommunalfinanzen tun werden. Die NRW SPD will laut ihrem Wahlprogramm den Kommunen unter die Arme greifen: „Wir legen einen „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ auf, der überschuldeten Gemeinden zugutekommt. Ziel des Paktes ist es, die betroffenen Gemeinden von Zinszahlungen zu entlasten, um jetzt notwendige Investitionen zu ermöglichen.“Die NRW CDU schreibt in ihrem Programm folgendes: „Wir werden im Land auf Grundlage des IFO-Gutachtensgemeinsam mit Kreisen, Städten und Gemeinden ein neues Gemeindefinanzierungsgesetz erarbeiten, das den aktuellen Herausforderungen der Kommunen Rechnung trägt.“Von Sonja Gurris

Veröffentlicht am 13.05.2010