„Wir wollen nicht am Namen gemessen werden“

Fahren mit voller Kraft voraus - die Iserlohner Piraten Oßenberg (links), Herbers und Bogdanski Foto: Sebastian Ries

ISERLOHN. Die Kommunalwahlen stehen vor der Tür und die Parteien befinden sich wahlkampftechnisch im Endspurt. Im vierten Teil der Reihe stellen sich Hans Immanuel Herbers, Hans-Joachim Oßenberg und Julian Bogdanski von der Piratenpartei den Fragen der Maerkzettel-Redaktion.

Maerkzettel: In den letzten Landtags- und Bundestagswahlen hatte die Piratenpartei einen enormen Wählerrückgang zu verzeichnen. Wie planen die Piraten, dieses Tief in den Kommunalwahlen zu überwinden?

Herbers: Wir wollen nicht an unserem Parteinamen gemessen werden, sondern an unseren Vorschlägen. Und vor kurzem gab es eine Umfrage, in welcher zwei Drittel aller Menschen angaben, dass ihnen auf kommunaler Ebene das Problemlösen am Wichtigsten wäre und keine Partei. Das finden wir ermutigend.
Bogdanski: Dazu kommt, dass wir kommunal noch nie angetreten sind. Auf dieser Ebene sind wir unvorbelastet.

Wie sieht sich die Piratenpartei denn selber?

Oßenberg: Deutschland braucht eine sozialliberale Partei. Und diesen liberalen Status hat die FDP deutlich verspielt. In diesem Punkt unterscheiden die Wähler dann auch zwischen neoliberal und freiheitlich liberal. Wir wollen nicht als Bediener einer Klientelpolitik auftreten und nicht die Gewinnsucht befriedigen, sondern als sozial-freiheitliche Bürgerbewegung.

Und in diese Richtung legen Sie auch Ihre Themen für die Kommunalwahl aus?

Herbers: Wir wollen auch die Politik transparenter machen. Des Weiteren wollen wir uns der Schulpolitik widmen. Denn das Resultat der Ergebnislosigkeit im Stadtrat ist eine völlig überfüllte Gesamtschule, während der ganze Iserlohner Norden ohne eine Schule da steht. Aber auch Themen wie Infrastruktur, Umwelt und Energie und eine größere Bürgerbeteiligung stehen im Fokus.

Sie sprachen gerade Transparenz an. Welche Konzepte hat denn die Piratenpartei für eine transparentere Politik, beziehungsweise mehr Einbindung der Bürger?

Herbers: Einerseits wollen wir die klassischen Instrumente bedienen, das heißt, Sitzungen streamen und Dokumente frühzeitiger und verständlicher veröffentlichen. Aber das ist hier gar nicht der springende Punkt. Die Politik muss sich viel mehr der Realität stellen, also mal in die betroffenen Gebiete fahren und sich bei den Menschen vor Ort ein Bild machen. Eine weitere Idee wären zum Beispiel regelmäßige Bürgerversammlungen, wie sie in den USA üblich sind.
Oßenberg: Außerdem sollte man Ansprechpartner für Leute schaffen, die sehr gute Ideen haben, aber nicht in der Lage sind, diese zum Beispiel auf technologischem Wege zu den richtigen Stellen zu befördern.

In Bezug auf die Schulsituation im Iserlohner Norden gibt es ja momentan eine große Diskussion, in der immer wieder der demografische Wandel und der damit verbundene Schülerrückgang Erwähnung findet. Da drängt sich die Frage auf: Brauchen wir noch eine neue weiterführende Schule im Iserlohner Norden?

Herbers: Generell sind unsere Schulen und Klassen in Iserlohn zu groß. Und bevor wir hier Schulen schließen, sollten wir die Klassengrößen wieder auf ein akzeptables Maß herunterfahren.

Was heißt das denn ganz konkret auf den Iserlohner Norden bezogen?

Herbers: Konkret heißt das, dass wir im Iserlohner Norden eine zweite Gesamtschule brauchen. Keine Außenstelle der Gesamtschule Nußberg, sondern eine neue Gesamtschule. Aber auch hier werden wir uns mit Eltern, Lehrern und Schülern zusammensetzen und die Problematik besprechen und mit ihnen eine Lösung finden.

Wie ist Ihre Zielsetzung in der Kulturpolitik?

Bogdanski: Prinzipiell sind wir kulturtechnisch in Iserlohn gar nicht so schlecht aufgestellt. Als Beispiele sind das Theater und die städtische Galerie zu nennen. Was aber etwas untergeht, sind die Subkulturen, wie die Jugendkultur oder Kulturveranstaltungen von Minderheiten. Denn der Fokus ist ganz klar auf die großen kulturellen Projekte gelegt und wichtige finanzielle Unterstützung ist für die kleinen Projekte dann nicht mehr vorhanden. Also sollten wir zusehen, die bestehenden Mittel auf gar keinen Fall zurückzufahren.

Geht es dabei eher darum, den Kulturetat zu steigern, oder die bestehenden Mittel anders zu verteilen?

Bogdanski: Tendenziell fordern wir dafür für einen größeren Etat, denn ansonsten müssten wir an anderen Stellen die Unterstützung herunterfahren. Und da wir ein eigentlich gutes Kulturangebot haben, wäre dies definitiv der falsche Schritt.

Den Piraten hängt ein gewisser Ruf an. Laut, alternativ, unorthodox und dadurch ein wenig unseriös. Was halten Sie diesem Standpunkt entgegen?

Bogdanski: Die Medien schreiben das, was sie verkaufen können. Als die Piraten neu waren, waren sie hip und populär, und man berichtete relativ positiv. Mit der Zeit konnte man dann daraus weniger Kapital schlagen weswegen man sich wiederum die krassen Gegenbeispiele herausgriff und daraus Schlagzeilen machte.
Oßenberg: Wir wollen der Vernunft den Weg ebnen und nicht alles aus machtpolitischen Gründen entscheiden.
Bogdanski: Unser Stichwort ist Themenkoalition. Nur weil ich in der Opposition bin, muss ich nicht alles, was die Regierenden vorschlagen grundsätzlich ablehnen und umgekehrt.

Abschließend: Beschreiben Sie doch mal die Piratenpartei in drei Worten.

Oßenberg: Innovativ...
Herbers: Freiheitsliebend...
Bogdanski: Ganzheitlich...

Von Sebastian Ries
Veröffentlicht am 22.05.2014