Vereinssport aktuell auf Eis

„Eine sehr frustrierende Situation“

Aktuell findet kein Vereinssport statt. Fotos: Pixabay
Kai Hegemann ist sich der schwierigen Lage bewusst, bleibt dennoch optimistisch. Foto: Privat

Der 56-jährige Kai Hegemann ist in der Hammer Sportkultur bekannt wie ein bunter Hund: Er ist ehrenamtlich und hauptamtlich in verschiedenen Sportinstitutionen tätig. Doch wie sieht die sportliche Situation in Zeiten von Corona aus? Mit MAERKZETTEL hat er darüber gesprochen.

HAMM. Etwa 180.000 Einwohner zählt die westfälische Stadt Hamm. Im vergangenen Jahr wurde hier das 4. Landesturnfest NRW ausgetragen und viele weitere Sportevents finden regelmäßig statt. Aufgrund von Corona müssen Stadt und Sportvereine ihre Aktivitäten zurzeit stark einschränken.

MAERKZETTEL: Du bist für die Stadt Hamm ein wichtiger Teil der Sportkultur. Welche Ämter bekleidest du aktuell im Sportbereich?

Kai Hegemann: Hauptamtlich bin ich Geschäftsführer des Hammer SportClub 2008. Ehrenamtlich bin ich außerdem Vorsitzender des Sportausschusses des Rates der Stadt Hamm und Vizepräsident des Stadtsportbundes.

Die Situation aus Sicht der Stadt 

Wie viele Sportvereine hat die Stadt Hamm?

In Hamm sind aktuell 146 Sportvereine ansässig. Unsere Stadt ist vor allem durch den Breitensport geprägt, weshalb wir kaum Vereine haben, die im Profisport aktiv sind. 

Wie geht es diesen Sportvereinen aufgrund von Corona?

Unseren Sportvereinen geht es aktuell nicht so gut, weil sie ihre Hauptaufgabe nicht wahrnehmen können. Das ist für alle ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter eine sehr frustrierende Situation, denn die Rendite für ihre Arbeit sind eigentlich glückliche Sportlerinnen und Sportler: Diese Sportler haben wir zurzeit einfach nicht. Die wenigen Hammer Sportvereine, die ihre Sportler bezahlen, sind durch die Situation auch finanziell belastet. Sie können die laufenden Kosten nicht mehr decken. Etwa drei solcher Vereine geht es deshalb wirklich schlecht.

Was unternehmen der Stadtsportbund und der Sportausschuss, um den Vereinen zu helfen?

Wir beraten die Vereine bezüglich der Förderprogramme des Landes. Es gibt ein Rettungspaket über die NRW Bank in Zusammenhang mit dem Landessportbund. Wir sind dafür zuständig, dass die Vereine ausreichend darüber informiert sind. Außerdem zahlen wir die Sportförderung, die eigentlich erst für Juli angesetzt war, jetzt schon im Mai aus. Sollte ein Verein finanziell extrem belastet sein, wird die Stadt ihn so lange finanziell unterstützen, bis sich die Situation beruhigt hat. Es ist einfach eine Situation, die niemand beeinflussen kann, deswegen helfen wir, so gut wir können.

Wie lange sind die Umstände für die Hammer Sportvereine noch zu händeln?

Insgesamt sind zwei oder drei Monate für unsere Sportvereine durchführbar. Über drei Monate wird es finanziell für die meisten von ihnen schwierig. Da die Saisons der meisten Sportarten vorzeitig abgebrochen wurden, kommen aber bis zum Herbst diesbezüglich erst einmal keine weiteren Kosten auf die Vereine zu.

Die Situation aus Sicht eines Vereins

Wie ist beschreibst du die momentane Lage als Geschäftsführer einer der größten Hammer Sportvereine?

Einerseits ist es sehr ruhig, aber andererseits gibt es natürlich auch viel zu tun. Wir müssen uns auf diese neue Situation erst einstellen und sind abhängig von tagesaktuellen Informationen. Unser Verein muss jederzeit bereit sein, wieder in den Vereinsalltag zu starten. Insgesamt hat unser Verein aktuell 5.746 Mitglieder in 22 verschiedenen Abteilungen. Festangestellte Mitarbeiter haben wir knapp 60 – von Reinigungskräften bis zu Fitnesstrainern. Auch wir mussten 17 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken und die anfallenden Aufgaben zufriedenstellend bewältigen.

Fast ein Drittel der Mitarbeiter sind also in Kurzarbeit. Wie geht es dem Hsc finanziell?

Die finanzielle Situation ist eine Herausforderung, die wir aber bewältigen können. Die Mitgliedsbeiträge decken einen Großteil der Kosten. Da wir ein Beitragswesen und keine Verträge haben, haben wir einen Vorteil. Nur um die zehn Mitglieder haben den Verein verlassen – das ist erstaunlich wenig. Insgesamt zeigen die Mitglieder eine große Solidarität dem Verein gegenüber, wofür wir sehr dankbar sind.

Welche Sportveranstaltungen musste der Verein absagen?

Wir waren eigentlich Ausrichter der Deutschen Meisterschaft der Sportakrobaten und der Deutschen Hochschulmeisterschaften im Bogenschießen. Diese Veranstaltungen können aufgrund des Virus aktuell nicht wie geplant stattfinden. Auch die Landesmeisterschaft Badminton im Behindertensport mussten wir vorerst absagen.

Wie sieht die weitere Planung des Hammer SportClubs – abgesehen von großen Veranstaltungen – aus?

Planen ist aktuell ist sehr schwierig. Wir gehen momentan davon aus, dass wir ab Mitte Mai zur Normalität zurückkehren können. Der Sport bringt das Problem mit sich, dass viel geschwitzt wird und oft auch mit Körperkontakt gespielt wird – deswegen werden die Sportvereine vermutlich die letzten Institutionen sein, die ihren regulären Betrieb wieder aufnehmen können.

Ein Ausblick

Viele große Veranstaltungen wurden abgesagt und auch der Breitensport liegt aktuell auf Eis. Was bedeutet die Situation insgesamt für Stadt und Vereine?

Das Jahr 2020 wird nicht als ein Jahr in Erinnerung bleiben, das durch viele tolle Sportveranstaltungen geprägt ist. Unser Ziel ist es, wieder zum Normalbetrieb zurückzukehren – und ich bin optimistisch, dass wir dies zeitnah erreichen werden.

Von Maite Hegemann
Veröffentlicht am 18.04.2020

Maite Hegemann

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