Olympia Qualifikationen wurden verschoben, eine Boxerin erzählt was das bedeutet

„Jetzt heißt es abwarten, wie es weiter geht“

Ursula Gottlob kurz vor ihrem Kampf. Foto: Irina Schönberger
Uschi Gottlob außerhalb des Boxrings. Foto: Nieke Nordmeyer.

KÖLN. Corona hat viel verändert, auch den Sport. Olympia wurde verschoben – und so auch die Qualifikationen dafür. Ursula Gottlob ist eine 27-jährige Boxerin, die es eigentlich geschafft hatte: Sie war bei der Olympia Qualifikation mit dabei. Jetzt ist jedoch alles verschoben. Was genau das für sie bedeutet, hat sie MAERKZETTEL erzählt.

Maerkzettel: Boxen ist nicht unbedingt jedermanns Sport. Es ist nicht der Sport, den die meisten Kinder mit drei Jahren anfangen, so wie zum Beispiel Fußball. Wie kamst du zum Boxen und wann hast du überhaupt damit angefangen?

Uschi Gottlob: Mich hat Boxen schon immer interessiert und begeistert, schon als junges Mädchen. Ich habe mir Boxkämpfe im Fernsehen angeschaut und auch Filme wie „Million Dollar Baby“ geradezu aufgesogen. Ich habe auch meinen Eltern häufiger erzählt, dass ich gerne Boxen würde, aber die haben das nicht so richtig ernst genommen. In meiner Kind- und Jugendzeit habe ich dann eigentlich nicht so richtig viel Sport gemacht, abgesehen von Ballett. Angefangen hat das mit dem Boxen für mich dann erst als ich nach Köln zum Studieren gekommen bin. Dann habe ich den Mut gefasst, mich bei einem Kampfsportverein anzumelden. Nach dem Kung-Fu Training beim Hochschulsport, kam ich in der Winterpause zu einem Box Club. Dann kam alles Schritt für Schritt. Richtig angefangen habe ich erst ungefähr Mitte 2014 und meinen ersten offiziellen Kampf hatte ich dann 2016.

Angefangen hat das Ganze also als Hobby. Aber wie genau kamst du dann eigentlich zum Leistungssport und letztendlich auch zur Olympia Qualifikation?

Ich habe das nicht nur gemacht, um fit zu sein. Ich brauchte ein Ziel. Ich habe dann angefangen das Boxen immer ein bisschen mehr zu lernen, wurde immer fitter. Ich bin auch zum Uni-Boxen gegangen, wo ich auch meinen ersten Trainer kennengelernt habe. Dann hatte ich meine ersten Kämpfe. Als ich NRW-Meisterin wurde, bin ich zu meiner ersten Deutschen Meisterschaft gefahren und konnte auch direkt Vizemeisterin werden. Was für mich echt unglaublich war. Bei der Meisterschaft habe ich dann den Stützpunkttrainer für Olympia und Trainer beim SC Colonia kennen gelernt, Lukas Wilaschek, der bis heute noch mein Trainer ist. Ich bin dann mal zu einem Training bei Colonia gegangen und habe gemerkt, dass es da noch eine ganz andere Ernsthaftigkeit hat. Man bekommt einen Trainingsplan und in der Gruppe sind nur Leistungssportler. Und dann kam eins zum anderen: die ersten internationalen Turniere, erste EM, erste WM und jetzt die Olympia Qualifikation.

Was heißt es eigentlich Leistungssportler zu sein? Wie oft trainierst du die Woche? Ändert sich dein Trainingsplan, wenn du in der Vorbereitung für einen Wettkampf bist?

Ich trainiere so fünf bis sechs Tage die Woche und habe täglich zwei Einheiten. Und wenn wir im Trainingslager sind, haben wir täglich drei Einheiten. Die erste Einheit ist Frühsport um sieben Uhr morgens, die ist dann eher nicht ganz so lang. Die nächste am Vormittag und die letzte am Nachmittag. Das variiert ein bisschen. Das Training ist immer angepasst. Wenn man noch eine längere Zeit bis zum Wettkampf hat, dann macht man Grundlagentraining, schaut, dass man Kraft aufbaut und arbeitet an der Kondition. Und in Richtung Wettkampf wird es immer boxspezifisch. Eine Woche vor dem Wettkampf wird das Ganze dann wieder etwas heruntergefahren, weil man dann schon körperlich fit ist. Man schaut dann nur noch, dass man sich nicht verletzt oder überanstrengt, damit man für den Wettkampf fit ist.

Kommen wir zu dem Thema, das die ganze Welt beschäftigt: Corona. Auch bei der Olympia Qualifikation sorgte das Virus für Wirbel. Du warst schon vor der Coronakrise in England. Wann genau habt ihr überhaupt von dem Virus erfahren?

Um ehrlich zu sein, haben wir das mit dem Coronawahnsinn am Anfang gar nicht so mitbekommen. Wir waren schon zwei Wochen vorher in Sheffield in einem Trainingslager für die Europaqualifikation. Und für uns ging das Leben da ganz normal weiter. Ich habe dann mit meinen Freunden und meiner Familie gesprochen und habe da erst mitbekommen, dass die Schulen vielleicht geschlossen werden, dass alles ausverkauft ist und so weiter. Ich konnte das gar nicht so richtig glauben. Ich dachte, wenn ich wiederkomme, ist das alles vorbei. Wir waren bei der Qualifikation auch mit Athleten aus allen möglichen Ländern zusammen und im Nachhinein haben sich glaube ich auch ein paar Athleten infiziert.

Olympia wurde jetzt offiziell verschoben, aber was heißt das genau für dich?

Der Druck ist jetzt auf jeden Fall etwas raus. Es war eine Erleichterung, weil man zurzeit nichts machen kann und die Gesundheit nun einmal vor geht. Die Olympia Qualifikation wurde abgebrochen, keiner weiß wie es weiter geht und für uns heißt es jetzt nur noch: haltet euch fit. Wir dürfen aber nicht in die Halle und wissen nicht worauf wir trainieren sollen. Außerdem sollten wir auf einmal allein trainieren. Wie es für mich weiter geht, weiß ich noch gar nicht so genau. Viele haben jetzt noch gar nicht geboxt, weil die Qualifikation mittendrin abgebrochen wurde. Ich habe aber bei der Euroqualifikation in London geboxt und gegen eine Italienerin verloren. Normalerweise wäre jetzt besprochen worden, wer zur Weltqualifikation darf. Jetzt da aber alles nicht stattfindet, muss ich die nächsten paar Monate abwarten,  ob ich berücksichtigt werde. 

So wie Ursula müssen auch wir erstmal abwarten, wie es weitergeht. Und wir werden ja sehen, auf welchem sportlichen Event wir sie als nächstes sehen. Wichtig ist jetzt erstmal, gesund zu bleiben.

Von Jasemin Rafati Sajedi
Veröffentlicht am 12.04.2020