ISERLOHN. Da die Tage wieder wärmer werden, zieht es immer mehr Menschen für den Sport ins Freie. Der Outdoorkurs von Fitnesstrainerin Sabrina Paul trainiert jedoch das ganze Jahr über bei Wind und Wetter draußen am Seilersee – auch im Winter. MAERKZETTEL hat das Probetraining in aller Öffentlichkeit gewagt.
„Und noch einmal runter. Super, das schafft ihr!“, spornt Fitnesscoach Sabrina Paul ihre Truppe an. ‚Nur noch etwas länger’, denke ich mir und verweile auf meine Unterarme gestützt, spanne noch einmal den ganzen Körper an und tippe mir abwechselnd 30-mal mit den Händen auf die gegenüberliegende Schulter, ein Plank mit „Shoulder taps“. Kaum geschafft, habe ich aber noch immer Zeit über, Zeit für ein paar Burpees. Eine Übung, bei der man sich flach auf den Boden legt, dann in die Hocke hüpft und nach oben springt. 100 Sekunden können so lange sein. Also gehe ich wieder runter auf den Boden und springe hoch. Meine Oberschenkel protestieren, kein Wunder nach Liegestützen, Crunches, Ausfallschritten und Squads. Kiki, meine Trainingspartnerin, sieht genauso fertig aus wie ich.
Zu Beginn eines jeden Trainings erklärt Sabrina jede Übung und zeigt sie den Teilnehmern. Das Training besteht aus einem Intervalltraining und Übungen mit dem eigenen Körpergewicht – manchmal auch mit dem Terraband – ,die sie sich jede Woche neu ausdenkt. Nach einer Runde Laufen zum Aufwärmen, wird jedes Gelenk aufgewärmt, um das Herz-Kreislaufsystem in Schwung zu bringen. Dann sucht sich jeder einen Partner für die Stationsübungen und es wird 25 Minuten durchgepowert. Fünf Trainingspaare, fünf Stationen und eine Minute und 40 Sekunden pro Station. Die Anweisungen sind klar: Wer die Übung durchhat, macht gemeinsam Burpees. Welches Team am Ende die meisten hat, gewinnt. Ich muss gestehen, Kiki und ich lagen mit unseren 37 bei teilweise 70 geschafften Burpees im unteren Schnitt.
Im Winter ist der Zwiebelschalenlook angesagt
Während den Übungen geht die Trainerin bei jedem vorbei, schaut, ob die Übungen richtig ausgeführt werden, gibt Tipps und lässt motivierende und manchmal auch mahnende Worte da: „Nicht so viel quatschen“. Das kann bei neun Frauen, die sich gut verstehen, schon einmal schnell passieren. Thomas ist momentan der einzige Hahn im Korb: „Dafür bringe ich immer die besten Leistungen unter den Männern“, scherzt er. Er ist online auf den Fitnesskurs gestoßen, da er seinem Couchpotato-Dasein endlich ein Ende setzen wollte, was er auch schaffte: „Mit dem Team macht es Spaß, sogar Spaß genug, dass ich im Winter mit Wollmütze und langen Unterhosen hierherkomme.“ Er ist einer der Harten des Teams, die auch den Winter bei Schnee und Regen im Zwiebelschalenlook gekleidet mit um den Seilersee joggen. „Der Kurs findet jeden Montag statt, außer bei Gewitter“, erzählt die Fitnesstrainerin.
Sie ist eine Self-made-Woman: Ursprünglich hatte Sabrina Paul als Grafikdesignerin gearbeitet, sich dann aber umorientiert und als Trainerin in einem Fitnessstudio angefangen. Mit 24 Jahren war sie dann stellvertretende Studioleiterin. „Da saß ich aber mehr im Büro als bei den Menschen und das wollte ich nicht.“ Also hat sie die Reissleine gezogen und sich als Personal Coach selbstständig gemacht. „Eigentlich hatte ich am Anfang keinen Plan und keine Ersparnisse, doch einen Laptop, viele Ideen, Motivation und ein großes Netzwerk.“ Seit 2016 bietet sie Outdoorfitnesskurse, Sportkurse für Mütter und Sporturlaube auf Mallorca an. Organisation, Leitung und Marketing übernimmt sie alles selbst.
Das Ziel, eine „fitte Omi“ zu werden
„Ich habe seit Januar schon acht Kilo runter“, erzählt eine Teilnehmerin stolz. Natürlich nicht nur wegen des Kurses, sondern auch dank einer Ernährungsumstellung und viel Eigeninitiative, „doch die Gruppe motiviert mich und ich komme sehr gerne her.“ Obwohl sich die meisten nur im Training sehen und auch dort kennengelernt haben, herrscht eine gute Harmonie und ein starker Teamgeist in der Gruppe. Alle begegnen sich mit Respekt, keiner beäugt den anderen. Das schätzt auch Sabrina an ihren Sportlern. Die zehn Teilnehmer sind aus den unterschiedlichsten Gründen mit dabei: Sie wollen wieder sportlicher und fitter werden, sich in ihrem Körper wohler fühlen, sich auspowern oder einfach mal abschalten und den Sport zum Ausgleich des stressigen Arbeitsalltags nehmen. Sabrina weiß: „Man kann Menschen am besten motivieren, indem man es selbst tut und sie sehen, dass es einem dadurch gut geht. Dann wollen sie es selbst.“ Später einmal wäre die 27-Jährige gerne selbst eine „fitte Omi“.
Durch die Outdoorfitnesskurse sollen die Menschen weg vom Computer, wieder hinaus ins Freie und die Natur genießen können. „Es macht viel mehr Freude und stärkt das Immunsystem.“ Für Sabrina sind die Kurse ein großer Unterschied zu der Arbeit in einem Fitnessstudio, wo oftmals doch das Konkurrenzdenken im Vordergrund stehe und Menschen eine Modenschau aus dem Training machten.
Durchgeschwitzt und glücklich stehen wir im Kreis und dehnen beim Cool Down noch einmal alle unsere beanspruchten Gliedmaßen. Die Abendsonne strahlt auf unsere verschwitzten Gesichter und lässt sie noch einmal wie besonders schöne Speckschwarten glänzen, während wir uns in einer Yogapose verrenken. Das muss ein wahrlich amüsanter Anblick für alle Passanten sein. Doch ein Blick in die zufriedenen Gesichter und ein Stechen meiner schmerzenden Gesäßmuskulatur genügt und ich weiß: Das wird Muskelkater geben und egal, wie es ausgesehen haben mag, es hat mir gutgetan und allen unheimlichen Spaß gemacht, auch wenn ich Burpees noch üben muss.