Selbstexperiment

Zu Besuch in der Yogavilla

Yogalehrerin Ewa Prandzioch. Foto: Tamara Berg

Draußen ist es bereits am Dämmern und die ersten Straßenlaternen leuchten auf. Ich bin auf dem Weg zu meinem ersten Yogakurs. Mit meiner Yogamatte unter dem Arm, gehe ich ein schmales Treppenhaus zu der Yogavilla in Iserlohn hoch. Der Geruch nach Räucherduftstäbchen wird mit jeder Treppenstufe intensiver. Die ersten Kursteilnehmer haben sich bereits im Raum eingefunden und breiten ihre Matten auf der gekennzeichnete Fläche des Boden aus. Auch hier ist es wichtig, den geforderten Mindestabstand auf Grund der Corona Pandemie einzuhalten.

ISERLOHN. Mein Blick fällt auf ein großes Mandala, welches die Wand in den Farben gold, weiß und schwarz schmückt. Auf der linken Seite steht ein kleiner Buda mit brennenden Räucherstäbchen. Es ist der gleiche Duft, den ich schon im Treppenhaus wahrgenommen habe. Es riecht gut – ein bisschen nach Lavendel gemischt mit Ebenholz. Immer mehr Teilnehmer finden sich ein. Sie positionieren sich im Halbkreis, den Blick auf das Wand Mandala gerichtet und setzten sich im Schneidersitz auf ihre Matten. Durch die offenen Fenster tönt das Lachen der spielenden Kinder unten im Hof. Es ist windig und kühl. Die Luft, die durchs Fenster weht, bringt die Vorhänge zum Tanzen. Ich ziehe meine blaue Sweatjacke weiter zu.

Ewa die Yogalehrerin betritt den Raum. „Hallo meine Lieben. Es tut mir leid, aber die Anordnungen schreiben vor, dass wir öfters Stoßlüften müssen. Die Heizungen sind aber ganz aufgedreht damit keiner von uns frieren muss“, lacht sie. Leise Entspannungsmusik läuft im Hintergrund. Ewa dimmt das Licht. Die brennenden Kerzen vermitteln eine gemütliche Atmosphäre. Ich lege mich auf den Rücken und strecke meine Beine aus. Meine Hände sind zusammengefaltet und liegen auf meinem Bauch. „Liegst du entspannt“, fragt Ewa mit beruhigender Stimme – Ich nicke.

Von dem Gong in den herabschauenden Hund

Ich schließe meine Augen. Mit jedem Atemzug entspanne ich mich mehr. Ich lasse den Alltagsstress und die Gedanken, die mich beschäftigten, los. Mit meinen Händen spüre ich wie sich meine Bauchdecke beim Ein- und Ausatmen langsam hebt und anschließend wieder senkt. Es fühlt sich gut an mal abzuschalten. Ewa geht langsam mit einer Klangschale durch die Reihen. Bei jedem Anschlag ertönt ein dumpfer Gongton. Mit jedem Schritt, den sie näher auf mich zu kommt, wird der Ton intensiver und ich spüre wie sich mein Herzschlag verlangsamt und ich in die Meditation verfalle.

Nachdem die Meditation beendet ist, setzen wir uns alle in den Schneidersitz und beginnen mit den ersten Übungen. Der „herabschauende Hund“ gelingt mir noch ganz gut. Dafür begebe ich mich zuerst in den Vierfüßlerstand. Ich lege meine Hände stützend auf die Matte und spreizt meine Finger. Die Schulterblätter sind zusammengedrückt, die Arme und der Rücken sind gestreckt und meine Oberarme befinden sich in höhe meiner Ohren. Die Füße stehen Hüftbreit auseinander. Jetzt ist mein Gewicht gleichmäßig auf Hände und Füße verteilt und ich verharre ein paar Minuten in dieser Position.

Eins mit dem Körper

Ewa möchte das wir nun ein Bein nach vorne ziehen und die Position wechseln. Sie macht uns die Übung vor – sie zieht ihr Knie zu ihrem Kopf und ihr Rücken ist waagerecht zum Boden. Sie macht es mit einer verblüffenden Leichtigkeit. Bei mir sieht das Ganze leider nicht annähernd so frei aus. Angestrengt versuche ich mein Bein irgendwie an meinem Arm entlang zu meinem Kopf zu bewegen und dabei auf meine Atmung zu achten. Es klappt natürlich nicht – ich verliere das Gleichgewicht und plumpse wenig elegant auf die Yogamatte. Nach ein paar Anläufen gelingt es mir mehr oder weniger. Die nächste Übung läuft auch nicht wesentlich besser. Alle stehen auf einem Bein. Wir sollen mit der einen Hand unseren Fuß festhalten und wenn möglich das Bein strecken. Der andere Arm soll erst nach vorne, dann zur Seite und anschließend mit dem Oberkörper nach hinten gestreckt werden. Diesmal verlieren fast alle das Gleichgewicht und hüpfen lachend herum, um nicht zu fallen.  

So langsam bergreife ich, was die anderen Kursteilnehmer damit meinen, dass sie beim Yoga abschalten und eins mit ihrem Körper werden. Ich habe noch nie Yoga ausprobiert und muss zugeben, dass es mir gut gefallen hat. Es geht nicht darum, alles auf Anhieb richtig zu machen oder sich in alle Richtungen zu verbiegen, sondern um Spaß und die Befreiung aus dem Alltag. Ewa erklärt mir, das Yoga nicht nur Sport ist, sondern auch Meditation. Jeder könne Atemtechniken zur Entspannung überall nachmachen, egal ob in der Schule, Arbeit oder auch zuhause. Seit meinem Selbstexperiment habe ich Ewas Rat schon ein paar Mal befolgt und ich kann es jedem der gestresst ist oder ein paar Minuten für sich möchte, empfehlen.

Von Tamara Berg
Veröffentlicht am 22.12.2020