Arbeitsentgeld

Ausbeutung von Gefangenen

Im Gefängnis werden Gefangene mit Billiglöhnen ausgebeutet. Foto: Pixabay

Ein Kommentar. Seit dem 1. Januar 2015 gibt es in Deutschland den allgemeinen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Zu den Ausnahmen, welche kein Anrecht auf diesen haben, gehören: unter 18-Jährige, Langzeitarbeitslose, Praktikanten, Saisonarbeiter und Gefangene. Dies gibt dem Staat und Unternehmen die Möglichkeit, von diesen Billigarbeitskräften zu profitieren. Doch ist dies wirklich moralisch vertretbar?

In Deutschland gibt es rund 64.000 Gefangene und die meisten von ihnen sind dazu verpflichtet, während ihrer Haft zu arbeiten. Ziel der Arbeit von Gefangenen soll die Resozialisierung sein. Sie sollen durch die verrichtete Arbeit auf ihr Leben nach dem Gefängnis vorbereitet werden. 

Gefangene verdienen im Schnitt jedoch lediglich ein bis drei Euro pro Stunde, was es dem Staat und großen Unternehmen ermöglicht, von diesen billigen Arbeitskräften zu profitieren, da es sich rein finanziell betrachtet, für Unternehmen wirklich lohnt, im Gefängnis zu produzieren. Immerhin haben Gefangene kein Anrecht auf den Mindestlohn und Unternehmen müssen ebenso weder Sozialabgaben, noch Zahlungen für die Rentenkasse auszahlen. Profitabel? Ja. Moralisch vertretbar? Eher weniger. 

Gefängnisse werben teilweise sogar online für die günstigen Arbeitskräfte. Die Justizvollzugsanstalt in Bremervörde schreibt auf ihrer Internetseite: „Unternehmen in der Region können zu besonders wirtschaftlichen Konditionen vor Ort produzieren lassen – eine echte Alternative zur Auslagerung von Arbeit ins Ausland." 

Zu den Unternehmen, die kostengünstig im Gefängnis produzieren, gehören unter anderem Daimler, BMW, Aldi Nord, Aldi Süd und Miele. Doch nicht nur für Unternehmen ist die Produktion im Gefängnis profitabel, sondern auch für den Staat rentiert sich dies. Laut Recherchen von Frontal 21, sollen die Bundesländer allein im Jahr 2017 rund 168 Millionen Euro mit der Arbeit von Gefangenen gemacht haben, unter anderem hat man mit den Gefangenen auch günstige Arbeitskräfte für die Herstellung von den Richterroben. Sollte ein Staat wirklich so von ihren Gefangenen profitieren? 

Die Frage, die sich hier stellt ist, ob dieses Verhalten gerechtfertigt ist? Sollten Gefangene selbst nach ihrer Haftstrafe, bestraft werden? Immerhin kann die Lücke, die sich je nach Länge der Haftstrafe, in der Rentenkasse abzeichnet, nach der Entlassung zu Altersarmut führen. 

Abgesehen davon, dass die Ausnutzung Gefangener als billige Arbeitskräfte als moralisch verwerflich eingestuft werden sollte, ist es ebenso ein Fakt, dass es eigentlich seit 1977 ein Gesetz gibt, welches besagt das Strafgefangene für ihre Arbeit, Zahlungen in der Rentenkasse erhalten sollten. Seitdem streiten sich Bund und Land, wer wie viel zahlen soll. Was für die Gefangenen zu Folge hat, das sich seit rund 40 Jahren immer noch nichts geändert hat. 

Im Mai 2014 wurde deswegen die bundesweite Gefangenen Gewerkschaft (GG/BO) gegründet, welche für die Gefangenen Mindestlöhne und die Einzahlung in die Rentenversicherung fordern. Grundsätzlich berechtigte und nicht zu hoch gesteckte Forderungen. 

Bei ihren Forderungen berufen sie sich auf Artikel 9 des Grundgesetzes, das in seinem dritten Absatz das Recht beinhaltet, „zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden“ . Doch nicht alle unterstützen dies. Es wurde von daraus entstandenen Schikanen der Gefangenen von Zellendurchsuchungen, sowie Bedrohung der Gefangenen berichtet. 

Zurzeit sind Gefangene zwar arbeitslosen- und unfallversichert, jedoch nicht krankenversichert. Zwar werden sie im Gefängnis ärztlich versorgt, für Angehörige fällt die Familienversicherung für die Zeit der Inhaftierung jedoch weg. 

Als Gegenargument wird oft gebracht, dass die Arbeit der Gefangenen lediglich der Resozialisierung dient und auch nur so gewertet wird, weshalb es vollkommen okay wäre, dass Arbeitnehmerrechte hinter Gitter nicht gelten. Dabei sollte man beachten, dass die Arbeiter zwar Gefangene sind, sie ihre Strafe aber bereits mit dem Freiheitsentzug absitzen. Arbeit sollte auch als Arbeit gewertet werden und wenn Gefangene teilweise ein Haftgeld von 360 Euro zahlen können, dann kann ihnen für ihre verrichtete Arbeit auch ein Mindestlohn gezahlt werden. Ebenso sollte für die Zeit in der sie arbeiten, auch ein Teil in die Rentenkasse eingezahlt werden, damit sie nach der Haft nicht ohne alles dastehen.    

Von Jasemin Rafati Sajedi
Veröffentlicht am 13.05.2018