Duell der Woche

Beziehungen auf Social Media – inspirierend oder einfach nur peinlich?

Viele Paare wie der Schlagersänger Michael Wendler und seine Verlobte Laura Müller teilen ihre Beziehungen öffentlich auf Instagram. Foto: Michael Wendler (Instagram: @wendler.michael)

Wer heutzutage in sozialen Medien aktiv ist, stößt früher oder später auf romantische Restaurantbesuche und verliebte Urlaubsselfies. Einige würden dies unter #CoupleGoals verbuchen, während andere #Fremdschämen zutreffender finden. Auch unsere Redakteure äußern sich dazu im Duell der Woche.

Platz für die Liebe ist überall
Von Maite Hegemann

Social Media Plattformen wie Instagram bieten viel Raum für Urlaubsfotos aus Costa Rica, das Nudelgericht von heute Mittag – und eben auch für Beziehungsfotos. Denn wieso Fotos im Lieblingsbikini teilen, aber den Lieblingsmenschen nur hinter der Kamera platzieren?

Frisch verliebt zu sein heißt, Schmetterlinge im Bauch zu haben und ununterbrochen an die andere Person zu denken. Wer kennt dieses Gefühl nicht? Dieses Gefühl, am liebsten ein Plakat durch die Stadt zu tragen, auf dem die eigenen Gefühle offenbart werden. Im Jahr 2020 muss hierfür niemand mehr ein Plakat mit sich herumtragen – wir haben schließlich Social Media!

Online-Präsenz stärkt die Beziehung

Social Media: Der Ort, an dem wir alles mit unseren Freunden und Bekannten teilen. Also warum nicht auch unsere Beziehung? Natürlich gehören manche Beziehungsaspekte eher auf Social Media als andere, aber ich teile ja auch keine angebrannten Pfannkuchen oder verblühte Basilikumpflanzen in meiner Story. Instagram und Co werden für das Teilen der schönen Dinge des Lebens genutzt – und dazu gehören im Optimalfall auch unsere Liebesbeziehungen.

Eine gesunde Beziehung basiert auf einer guten Kommunikation zwischen den Partnern – online als auch offline. Stimmen beide Partner zu, kann das Teilen von gemeinsamen Momenten sogar das Gefühl der Nähe innerhalb einer Beziehung stärken. Klingt unglaubwürdig? Ist aber so! Das hat das Wissenschaftsportal PLoS ONE mit einer Studie von 2019 gezeigt.

Spread the Love

„I don’t like couples unless they’re 50% me” – dieser Spruch trifft vermutlich voll und ganz auf diejenigen zu, die sich über Pärchen-Fotos in den sozialen Medien aufregen. Welcher Mensch findet das Glück anderer nervig? Keiner, der mit seinem eigenen Leben zufrieden ist.

Pärchen, die auf Instagram perfekt wirken, sind viel eher inspirierend, als störend. So zum Beispiel auch Carmen (@carmushka) und ihr Mann Niclas. Regelmäßig teilt die Influencerin auf Instagram gemeinsame Fotos mit ihren knapp 900 Tausend Followern. Diese Fotos provozieren nicht – sie zeigen, wie eine gesunde Beziehung aussehen kann. Diese Fotos können Menschen dazu bewegen, ihre eigene Beziehung und ihr Verhalten zu überdenken. Macht mich mein Partner auch so glücklich, dass ich so eine Bildunterschrift über ihn verfassen würde?

Das Internet vergisst nicht – aber löschen geht trotzdem

„Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht“ – und was, wenn die vermeintlich perfekte Beziehung dann doch zerbricht? Dann können Posts und Stories ganz einfach gelöscht werden. So schnell geht das. Natürlich schwirren die Fotos dann immer noch irgendwo in den Tiefen des Worldwide Web herum, aber im Feed sind sie nicht mehr zu sehen. Und darum geht es doch. Aus den Augen, aus dem Sinn – oder so ähnlich.

Auf der nächsten Dorfparty fragen sowieso alle, wieso der Partner schon wieder nicht dabei ist. Das Fehlen der Fotos auf Instagram kann dabei sogar den ein oder anderen, etwas zu neugierigen Freund davon abhalten, diese Frage zu stellen. Somit können die sozialen Medien solche unangenehmen Situationen vermeiden – und das ist doch schließlich eine gute Sache.  

Social Media? That’s my life

Social Media nimmt einen sehr großen Stellenwert im Leben junger Menschen ein. Wenn wir einmal ganz ehrlich zu uns selbst sind, können wir uns auch eingestehen, dass wir teilweise mehr Zeit auf Instagram verbringen, als mit unseren Freunden. Was spricht also dagegen, neben Bikinifotos, Buddha Bowls und exzessiven Partybildern, auch noch die ein oder andere Aufnahme mit dem Lieblingsmenschen zu teilen? Getreu dem Motto: Spread the Love, feel the Love.

In einer Studie der Dating-Plattform Parship von 2018 landete „Online“ hinter „Freunde und Familie“ auf dem zweiten Platz der Antworten auf die Frage, wo Menschen in festen Beziehungen ihren Partner kennengelernt haben. Und ist es irgendwie nicht mehr als ironisch, seinen Partner an dem Ort zu verstecken, an dem sich mittlerweile so viele Paare kennenlernen?

Liebe ist Privatsache
Von Jasemin Rafati Sajedi

Viele Pärchen sehen es inzwischen als nächsten Schritt an, wenn sie „offiziell zusammen sind“, dies auch auf Instagram und Co. zu teilen. Die Follower müssen schließlich auch Bescheid wissen, richtig? Aber den meisten Leuten ist gar nicht bewusst, was eine öffentliche Beziehung wirklich bedeutet.

Du bist glücklich in einer Beziehung und am liebsten willst du es der ganzen Welt erzählen? Naja, das gestaltet sich etwas schwierig, aber deinen Followern kannst du es ja sagen. „Es ist nichts dabei, es ist ja nur ein Foto!“ Doch es ist nicht nur ein Foto – Es ist eine öffentliche Bekanntgabe. Mit diesem einen Foto teilst du deine Beziehung.

Auf Instagram teilen?  –  Beziehung teilen, so einfach klingt es. Ist es aber nicht. Seine Beziehung öffentlich teilen, ist mehr als nur Leute an seinem Glück teilhaben lassen. Alles was eigentlich zwischen zwei Leuten stattfinden sollte, ist nun öffentliches Gut. Ob dies nun ein romantisches Date oder eine Beziehungspause ist, es ist alles öffentlich.

Lächeln nicht vergessen!

Eine öffentliche Beziehung heißt, sowohl das Gute als auch das Schlechte öffentlich zu zeigen, zumindest rein theoretisch. Doch sein wir doch mal ehrlich. Wer würde schon gerne seinen Beziehungsstress öffentlich machen? Keiner! Also was tun? – Einfach lächeln und so tun als wäre alles in Ordnung. Denn man möchte natürlich Teil von #couplegoals bleiben.

Es gibt insgesamt 22.700.000 Beiträge auf Instagram unter #couplegoals. Was zeigen diese Bilder? Glückliche Pärchen, die durch die Welt reisen, romantische Dates haben oder einfach nur die perfekten Couple-Selfies machen. Wenn man einmal Teil davon geworden ist, warum dann die schlechten Seiten zeigen? Die anderen sind doch auch glücklich. Pärchen könnten anfangen, sich mit anderen zu vergleichen.

Es ist nur ein Kommentar!

Was den meisten nicht bewusst ist, ist, dass sie nicht einmal ihren Streit öffentlich austragen müssen, um zum Gesprächsthema zu werden. Es reicht schon, nicht regelmäßig glückliche Fotos und Stories miteinander zu posten und schon denken die lieben Follower „Oh, die haben bestimmt Schluss gemacht“. Es reicht auch schon, wenn einer aus der Beziehung viel Zeit mit einer anderen Person verbringt und dies öffentlich macht. Dann heißt es, dass die beiden eine Affäre haben.

Und dabei muss es sich nicht einmal um Influencer handeln. Auch bei Leuten mit lediglich hundert Followern, kann so ein Kommentar schwere Folgen haben. Neben den Spekulationen, ob die Beziehung schon beendet ist, gibt es auch ganz andere Kommentare, die alles andere als nett sind. „Wieso bist du nur mit ihr/ihm zusammen? Voll hässlich“, auch solche Kommentare gibt es und lesen will sowas eigentlich keiner. Unsicherheiten gibt es in Beziehungen genug, da werden weitere aufgrund von Kommentaren bestimmt nicht gebraucht.

Aus und vorbei? Ne, so einfach ist das nicht!

Vergessen wir mal die möglichen Spekulationen und Nachrichten, ob man noch in einer Beziehung ist oder wer wen betrogen hat. Selbst wenn ein Pärchen perfekt mit all dem umgehen kann und eine glückliche Beziehung führt, kann auch diese irgendwann enden und was dann? Sollten die gemeinsamen Fotos gelöscht werden? Soll die Trennung auch öffentlich bekannt gegeben werden? Und wie ist das mit einer neuen Beziehung?

Okay. Du bist getrennt, ihr habt alles geklärt und du hast dich neu verliebt. Deine Follower freuen sich bestimmt für dich? – Nicht unbedingt. Unter Social-Media-Usern gibt es immer die, die sich ein bisschen zu gerne in eine Beziehung einmischen. Es kann immer sein, dass der Partner oder die Partnerin Nachrichten bekommt oder Kommentare lesen muss, in denen steht „Also dein Ex war besser!“ und so weiter.

Eine Beziehung nur zu zweit?

Das wichtigste Argument, auf das sowieso alles zurückläuft, ist und bleibt jedoch dasselbe. – Eine Beziehung ist Privatsache! Natürlich ist Social Media witzig und wir sind nun mal eine Generation, die gerne alles online teilt. Jedoch sollte nicht vergessen werden, worum es überhaupt geht. Unnötiges Teilen verursacht lediglich Stress, den doch eigentlich keiner in seiner Beziehung braucht. Die Frage ist doch, warum sollte man eigentlich eine so private Sache teilen? Einen wichtigen Grund dazu gibt es einfach nicht.

Eine Beziehung sollte immer eine Sache zwischen zwei Personen sein und nicht zwischen zwei Personen und 100 oder 10.000 Followern. Wenn es so weit kommt, dass man von jedem Date ein Foto machen muss, um es in seine Story zu laden, dann ist etwas zwischenmenschliches verloren gegangen. Anstatt die Zeit zu zweit zu genießen, hängen wir am Handy. Wir gehen fahrlässig mit unserer Privatsphäre und der Vertrautheit einer Beziehung um, wenn wir alles immer direkt öffentlich machen. Denn zum Schluss ist es weit mehr als nur ein Foto!

Veröffentlicht am 25.04.2020

Maite Hegemann

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