Tierischer Besuch in Städten

Corona – Fluch oder Segen für Tier- und Umwelt?

Ein Rotfuchs läuft durch die leere Stadt. Foto: Pixabay

Aufgrund der Corona-Krise müssen wir Menschen vorübergehend mit drastischen Einschränkungen leben. Das Gegenteil ist in der Tierwelt der Fall. Erstmals berichten die Medien über die Rückkehr der Tiere in ihren gewohnten Lebensbereich und die Eroberung der Städte.

OBERVEISCHEDE. Zurzeit ist das Internet mit zahlreichen Tierbildern überflutet. Dies liegt daran, dass sich das Corona-Virus laut dem Deutsche Welle Auslandsrundfunk positiv auf die Umwelt und somit auch auf die Tierwelt auswirken soll. In Städten, wo sich einst die Menschen tummelten, halten sich nun überwiegend Wildtiere auf, wie es Spiegel online anhand von Fotos zeigt. Neben Wildschweinen, die über den Zebrastreifen laufen, sitzen in Sri Lanka Kojoten am Straßenrand und in Venedig schwimmen wieder Fische in den Kanälen.

Die Tiere verdanken dem Corona-Virus und den daraus folgenden Maßnahmen die Freiheit, sich ungestört zu bewegen. Der Lärm der Menschen ist nahezu verstummt und so fühlen sich auch scheue Waldbewohner wie Rehe und Füchse in den Siedlungen sicher, wie es Aufnahmen unter anderem in der Tagesschau zeigen. Tierische Parkbewohner können sich ungestört bewegen und laufen nicht Gefahr, an den Abfällen der Menschen zu ersticken oder sich zu verletzen. Seen und Staubecken werden wieder von Vögeln, wie den Nilgänsen in Frankfurt aufgesucht. Doch laut Experten wird dies nicht mehr lange der Fall sein. Um die Umwelt langfristig zu schützen, müssten die Klima- und Umweltpolitik sowie die Produktionsverfahren und Infrastrukturen verbessert und angepasst werden. Denn die Corona-Krise würde nur eine kurzfristige Verbesserung erzielen, so das Umweltbundesamt.

Tierhandel auf Wetmarkets

Neben dem Kontaktverbot und der Ausgangsperre, stehen auch die meisten Produktionen still. Der Straßen- und Luftverkehr wurde zum größten Teil in China und Japan komplett eingestellt. In den sogenannten Smog-Städten und Ländern, sind erstmals seit langer Zeit wieder Gebäude ohne grauen Schleier sichtbar. Die US-Raumfahrtbehörde National Aeronautics and Space Administration veröffentlichte Satellitenbilder von China. Auf diesen ist deutlich die Verbesserung der Luftqualität zu sehen. Die Stickstoffdioxid-Belastung ging dank der Corona-Maßnahmen um dreißig Prozent zurück. Laut Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende, können allein in Deutschland wegen der aktuellen Lage 30 bis 100 Millionen Tonnen CO2 mehr als im vergangenen Jahr eingespart werden. Somit wäre das Klimaziel für dieses Jahr erreicht.

Die Diskussion, dass das Virus vermutlich auf einem Wildtiermarkt in Wuhan ausgebrochen sein soll, lässt Naturschützer und Freunde hoffen, dass gegen den weltweiten Wildtierhandel Maßnahmen getroffen werden und gegen den illegalen Handel vorgegangen wird. Obwohl zahlreiche Tiere vom Aussterben bedroht sind, können diese bislang weiterhin auf „Wetmarkets“, Märkten auf denen unteranderem mit lebendigen Wildtieren gehandelt wird, gekauft werden. Immer mehr Menschen werden auf die katastrophalen Haltungsbedingungen aufmerksam. Bilder und Videos von misshandelten und toten Tieren kursieren im Internet. Der ZDF und Zeit Online veröffentlichten unteranderem diese Aufnahmen.

Auswirkungen auf das Tierverhalten

Da es in der japanischen Stadt Nara momentan keine Touristen mehr gibt, die Reiscracker an die Rehe verfüttern, müssen die Tiere in der Stadt nach Nahrung suchen. Während die Tauben an Hungersnot leiden, bricht in New York eine Rattenplage mit kannibalistischen Verhalten aufgrund des Futtermangels aus. Doch das Corona-Virus hat auch positive Auswirkungen auf die Tierwelt. Im menschenleeren Hongkonger Zoo Ocean Park, paarten sich das erste Mal Pandas und scheue Tiere wie Rehe und Füchse, trauen sich in die Nähe von Menschen.

Zwei Möglichkeiten

Martin Grosjean, Direktor am Oescher-Zentrum für Klimaforschung, sieht nicht nur Vorteile in der Corona-Krise. Er erzählt im Interview mit Watson, dem Schweizer Nachrichtenportal, dass es für das Klima besser gewesen wäre, wenn das Virus nicht ausgebrochen sei. Je länger die Krise andauern würde, desto schlechter wäre dies für das Klima, die Umwelt und die Tiere. Aus seiner Sicht gäbe es nur zwei Möglichkeiten: Entweder würde das Umweltbewusstsein der Menschen gestärkt oder es würde in einer Umweltkatastrophe wie nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 enden. In den folgenden Jahren stiegen der weltweite Handel und Produktionen extrem an sowie der Straßen- und Flugverkehr. Martin Grosjean hofft, dass dies nicht eintreffen wird.

Momentan schützt das Virus noch die Tier- und Umwelt. Die Bäume im Regenwald dürfen vorerst stehen bleiben und werden nicht abgeholzt. Dies bedeutet für hunderttausende Tiere einen weiteren Tag leben zu dürfen. Jedoch werden mit der Aufhebung der Vorkehrungen die Städte immer mehr von den Menschen besucht. Dies wird zu Konflikten führen. Tiere, die während dieser Zeit geboren werden, haben kaum eine Überlebenschance. Ihre Eltern müssen den neu gewonnenen Lebensraum fluchtartig wegen der vom Menschen ausgehenden Gefahr verlassen. Delfine werden sich wegen der zwangsläufig erneut verdreckten Gewässer wieder zurückziehen und Vögel wie die Nilgänse unser Land wieder verlassen. Alle Tiere, die sich momentan in unseren Städten aufhalten, werden den Rücktritt antreten, wenn die Weltbevölkerung ihr Verhalten hinsichtlich der Umwelt nicht ändern wird.

Von Tamara Berg
Veröffentlicht am 09.05.2020