Europawahl

Die Europawahl in Fakten

In vielen EU-Staaten zeichnet sich eine höhere Wahlbeteiligung als vor fünf Jahren ab. l Bild: Pixabay

400 Millionen Menschen in 28 Ländern wählen vom 23. bis 26. Mai das neunte Europaparlament. Die Wahl findet nicht nach einem einheitlichen europäischen Wahlrecht statt, sondern nach nationalem Wahlgesetz. Heute, am 26ten Mai, waren auch die deutschen Wahllokale für mehr als 60 Millionen wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger geöffnet.

EUROPA. Neben Deutschland öffneten heute auch in 20 weiteren europäischen Staaten die Wahllokale. Anders als bei der Bundestagswahl, gibt es bei der Europawahl keine Sperrklausel. Das bedeutet, dass auch eine Partei, die unter 5% der Wählerstimmen erhalten hat, Abgeordnete ins Europaparlament senden kann.

Noch gibt es kein endgültiges Wahlergebnis, es liegen aber in vielen Ländern schon erste Hochrechnungen vor. Diese zeigen ganz deutlich, dass die bisherigen großen Blöcke der EPP (European People`s Party) und der S&D (Progressive Alliance of Socialists and Democrats) deutlich an Stimmen verlieren. Bislang bildeten EPP und S&D eine große Koalition, die mit ihrer Mehrheit die europäische Politik maßgeblich bestimmte. Zwar sind EPP und S&D noch immer die beiden größten Fraktionen, eine Mehrheit der beiden zeichnet sich jedoch momentan nicht ab. Eine große Rolle im Europaparlament wird nach dieser Wahl die liberale Fraktion ALDE&R spielen, die vor allem von französischer Seite aus gestärkt wurde. Auch rechte und rechtspopulistische Kräfte werden bei dieser Wahl dazu gewinnen. Die neue Allianz (ENF) des italienischen Innenministers Salvini, der auch die AfD angehört, wird voraussichtlich einen erheblichen influss im Europaparlament haben. Insgesamt sind rechte Parteien jedoch bislang weniger stark aus der Europawahl hervorgegangen, als zuvor vermutet.

Im Vergleich zur letzten Europawahl ist die Wahlbeteiligung insgesamt stark gestiegen. In Deutschland wählten zuletzt nur ungefähr 48% der wahlberechtigten Bürger und Bürgerinnen. Dieses Mal gaben hingegen knapp 60% ihre Stimme ab. In den meisten anderen europäischen Ländern ist der Anstieg der Wahlbeteiligung ähnlich. Zwischen 48% und 51% liegt aktuell die geschätzte Wahlbeteiligung. 

Die Grünen sind der große Gewinner der Europawahl in Deutschland

Der letzten Hochrechnung zu Folge, ist die Union (bestehend aus CDU und CSU) mit 27,7% der Stimmen stärkste Kraft, gefolgt von den Grünen mit erstmals über 20,8%. Weit abgeschlagen liegt die SPD mit 15,6%. Im Vergleich zur letzten Europawahl 2014 verlor die sozialdemokratische Partei der Mitte knapp 12% ihrer Wähler und Wählerinnen. Die Linken und die FDP erzielten bisher jeweils 5,5%, die AfD 10,6%. Auf die sonstigen Parteien entfallen zusammen 9,4 Prozent der Stimmen. 

Bei dieser Europawahl beteiligten sich verhältnismäßig viele junge Menschen und Erstwähler. Im Vorfeld der Wahl veröffentlichte der YouTuber und Musiker Rezo ein Video mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“. Einen wirklichen Einfluss hatte Rezos Video auf das Gesamtwahlergebnis nicht. Denn die Umfragewerte vor der Wahl ähneln den bisherigen Ergebnissen sehr stark.  

Ganz anders sieht es jedoch bei den unter 30-Jährigen und Erstwählern aus. Da sind mit Abstand die Grünen die am häufigsten gewählte Partei mit knapp 3 Mal so vielen Stimmen als alle anderen Parteien.Bei der vergangenen Bundestagswahl haben junge Menschen noch zu 25% die CDU und zu 19% die SPD gewählt. Den aktuellen Hochrechnungen zu Folge sind es bei der Union bislang nur noch 11% und bei der SPD sogar nur 7% der Stimmen. Deutliche Einbußen für beide Parteien bei der jungen Wählerschaft.Es kann also sein, dass Rezos Video zumindest bei der jüngeren Generation einen Einfluss auf die Walentscheidung hatte. Da aber junge Menschen bei Wahlen jedoch zahlenmäßig unterlegen sind, wirkt sich ihr Wahlverhalten nur schwach auf das Gesamtwahlergebnis aus. 

Die rechte Österreichische Partei FPÖ bleibt drittstärkste Kraft

Bereits um 17 Uhr schlossen die Wahllokale in Österreich für 6,4 Millionen wahlberechtigte Österreicher und Österreicherinnen. Den letzten Hochrechnungen zu folge, ist die konservative österreichische Volkspartei ÖVP mit über 34% der Stimmen die stärkste Partei. Die Sozialdemokratische Partei SPÖ ist mit knapp 23% der Stimmen voraussichtlich die zweitstärkste Kraft. Die Freiheitliche Partei Österreichs, die zuletzt auf Grund des Ibiza-Video-Skandals in den Medien war, wurde mit 17,5% der Stimmen immer noch drittstärkste Kraft.

Die Brexit-Partei von Nigel Farage liegt in Großbritannien deutlich vorne

Bereits am 23. Mai stimmte Großbritannien für das Europaparlament ab. Mit klarer Mehrheit stimmten die Briten für die pro Brexit-Partei von Nigel Farage ab. Laut aktuellsten Hochrechnungen des TV-Senders BBC kam die Partei auf über 31% der Stimmen. Zweitstärkste Kraft wurden die proeuropäischen Liberaldemokraten mit knapp 18% der Stimmen. Die oppositionelle Labour Party von Jeremy Corbyn liegt bislang mit nur 14% der Stimmen abgeschlagen auf dem dritten Platz. Noch drastischer waren die Verluste der regierenden Tories. Die Partei der Premierministerin Theresa May liegt aktuell noch hinter den Greens mit nur 9% der Stimmen auf dem vierten Platz. 

Die große Koalition im Bundestag verliert an Zuspruch von Seiten der SPD

Die ersten Hochrechnungen der Wahlergebnisse aus Deutschland waren für die beiden ehemals großen Parteien der Mitte, SPD und CDU, überraschend. Laut aktuellem Stand erzielt die SPD bei diesen Wahlen ihr schlechtestes Ergebnis seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Auch bei der Union gab es einen deutlichen Verlust an Stimmen: Zwar gewann die CSU knapp 1% neue Wähler hinzu, doch verlor die CDU mehr als 7% der Stimmen im Vergleich zur letzten Wahl. 

Die schlechten Wahlergebnisse von SPD und Union werfen nun die Frage auf: Wie wird es mit der großen Koalition weiter gehen? Zwar wurde am heutigen Tag in erster Linie für das Europaparlament abgestimmt, aber Experten zu Folge, ist eine Europawahl auch immer Wahl über nationale Themen. Dem zu Folge, wäre die große Koalition der Union und SPD fast abgewählt. Sie hätte nur noch eine minimale Mehrheit im Bundestag. Innerhalb der Parteien werden momentan erste Stimmen laut, die einen Austritt aus der großen Koalition fordern. Inwieweit das Realität werden könnte und was dann die Alternative wäre, bleibt offen.  

Von Luisa Gehnen
Veröffentlicht am 26.05.2019