Duell der Woche

Die volle Portion Liebe vs. Bollerwagen + Bier

Quelle: Pixabay

So unterschiedlich können Feiertage nicht zelebriert werden. Wieso schenken wir unserer Mama an Muttertag die volle Portion Liebe während die meisten Väter zusammen in Gruppen an "ihrem" Tag wandern gehen?

VATERtag – du sollst wirklich einer sein
Von Amber-Louise Esser

DEUTSCHLAND. Nächste Woche ist es wieder soweit, am Donnerstag ist Vatertag. Was verbindet man mit diesem Feiertag? Saufen, Bollerwagen, Bier, Männer, Kumpels. Ganz anders als die Gedanken an den Muttertag. Hier haben wir ein liebevolles Bild vor Augen: Kinder decken den Frühstückstisch, pflücken Blumen oder kaufen eine kleine Aufmerksamkeit. Eindeutig kommt die Frage auf: Warum ist das so? Ein Kommentar. 

Es gibt verschiedene Vermutungen über den Ursprung des Vatertags. Einer Geschichte zufolge hatte die US-Amerikanerin Sonora Smart Todd 1909 die Idee, den Vätern mit einem eigenen Tag ihre Dankbarkeit auszudrücken. Ihr Vater zog als Witwer sechs Kinder alleine groß. Seitdem wurde der Vatertag vereinzelt gefeiert. Seit 1972 gilt er als ein gesetzlicher Feiertag in den USA. Den Vatertag so wie wir ihn kennen, gibt es in Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts. 

In Deutschland ist es Brauch, dass nicht nur Väter, sondern auch Jungs oder Männer ohne Kinder ihren Tag gemeinsam feiern. Sie wandern in Gruppen mit ihrem Bollerwagen und lauter Musik umher, trinken dazu ihr Bierchen und grillen Bratwürste. In den Medien ist oftmals von Gleichberechtigung die Rede. Aber warum werden unsere Mütter am Muttertag ganz anders als unsere Väter am Vatertag gefeiert? Wir feiern die alten Rollenklischees und gehen dabei nicht wirklich mit der Zeit. Wir fordern von Männern, dass sie nicht nur als Geschäftsmann funktionieren, sondern auch in ihrer Rolle als Vater glänzen. Elternzeit nehmen, Kinder zur Kita bringen, die Mutter bei ihrem Job unterstützen – eben all‘ das, was eine Mama oftmals sonst auch macht. Aber wir feiern größtenteils nur die Mütter. Warum? 

Die alten Traditionen und nicht mehr zeitgemäßen Rollenbilder müssen aufgebrochen werden. Selbst, wenn der Vater nicht immer die Aufgabenklischees der Mutter übernimmt, so geht er doch die meiste Zeit des Tages (oder nachts) arbeiten, um seine Familie zu unterstützen. DAS muss auch wertgeschätzt werden. Der Vatertag sollte so gefeiert werden, wie der Muttertag eben auch. Welchen Stellenwert dieser Tag innerhalb der Familie einnimmt, ist so individuell wie die Familie selbst. 

 

Zum Nachtisch nen Pils, bitte!

Immer mehr Familien feiern den Vatertag im kleinen Kreis. Gerade über Christi Himmelfahrt gibt es die Möglichkeit ein verlängertes Wochenende wegzufahren, etwas zu unternehmen oder einfach die freie Zeit mit den Liebsten zu verbringen. Wer beides unter einen Hut bringen möchte, kann den Morgen ja mit seinen Kindern verbringen und ab dem späten Vormittag mit seinen Jungs losziehen. Was gibt es gegen ein Frühstück von seinen Kindern und ein paar Bierchen mit seinen Jungs als Nachtisch einzuwenden?  

Übrigens, Ironie on: In Iserlohn und Umgebung wird der Vatertag für viele junge Frauen frei nach dem Motto „Früher konnten Töchter kochen wie ihre Mütter, heute saufen sie wie ihre Väter“ gefeiert. Sie wandern ebenfalls mit dem ein oder anderen Bierchen. „Auf Papi!“ - Eine andere Art der Wertschätzung. ;)  

Der Vatertag – Eine sinnlose Erfindung der Männer
Von Luisa Bialas

DEUTSCHLAND. Mit kleinen Geschenken und Blumen geben wir unseren Müttern am Muttertag etwas zurück, für all das, was sie uns immer geben. Schon bei den alten Griechen gab es ein Fest zu Ehren der Mutter des Gottes Zeus. Der Muttertag beruht also auf einer langen Geschichte. Ganz anders der Vatertag: Hier wird nur Alkohol getrunken und gewandert. Einen bedeutsamen historischen Hintergrund gibt es zu diesem Tag nicht. Ein Kommentar.

Der Muttertag, wie wir ihn heute kennen, hat seinen Ursprung in Amerika. Anna Marie Jarvis (1864-1948) gilt als Begründerin des Muttertags. Bereits ihre Mutter setzte sich für einen solchen Tag ein. Während des Bürgerkriegs engagierte sie sich für die Kranken und setzte sich für den Frieden ein. Um die Leistungen ihrer Mutter zu würdigen, etablierte Anna Marie Jarvis 1905 den Muttertag – ein Tag an dem alle verstorbenen und lebenden Mütter geehrt und die Rechte der Frauen hervorgehoben werden sollen. Schließlich erklärte der Präsident Woodrow Wilson 1914 den 2. Sonntag im Mai offiziell als nationalen Ehrentag für Frauen. England folgte dem Beispiel Amerikas und 1922 auch Deutschland.

Der Muttertag ist nicht einfach nur eine Erfindung von Blumenhändlern, die ihren Umsatz steigern wollen. Der Muttertag hat einen bedeutenden historischen Hintergrund: Er steht nicht nur für die Leistungen, die unsere Mütter erbringen, sondern auch für den Kampf der Frauen für Gleichberechtigung und Frieden. Dass diese Werte hinter dem Muttertag stecken, macht ihn zu etwas ganz Besonderem.

Der Vatertag hingegen hat weder einen tiefergehenden historischen Hintergrund noch irgendwelche wichtigen Werte, die er verkörpert.
Schon seit 1936 war Christi Himmelfahrt ein gesetzlicher Feiertag, den die Männer dazu nutzten, Ausflüge zu machen und wandern zu gehen. Frauen waren bei diesen Ausflügen nicht erlaubt. Deshalb wurde dieser Tag auch als „Herrentag“ bezeichnet. Irgendwann hat sich dieser Tag als fester Feiertag in unserer Gesellschaft etabliert - der heutige Vatertag.

Der Vatertag ist also im Ursprung kein Tag, an dem die Väter geehrt werden, sondern vielmehr ein „Bespaßigungs-Tag“ für die Männer, die ihre Frauen nicht ertragen wollen. Im Gegensatz zum Muttertag, bekommen die Frauen hier zu spüren, wie wenig Rechte sie haben und dass von Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau keine Spur ist. So war es im 20. Jahrhundert und die Ungleichberechtigung ist kein schöner oder geschweige denn tiefgehender historischer Hintergrund

Und auch aus heutiger Sicht ist der Vatertag eher fragwürdig.
Während der Wanderungen und Ausflüge wird exzessiv Alkohol konsumiert. Dadurch kommt es am Vatertag häufiger zu Schlägereien und Unfällen. Laut dem Statistischen Bundesamt passieren an diesem Tag drei Mal so viele durch Alkohol bedingte Verkehrsunfälle als an anderen Tagen. Die Zahlen sprechen für sich.

Ein weiterer fragwürdiger Aspekt ist, dass der Vatertag die religiösen Hintergründe des eigentlichen Feiertags, nämlich Christi Himmelfahrt, komplett in Vergessenheit geraten lässt. Dabei hat das eine überhaupt nichts mit dem anderen zu tun. Christi Himmelfahrt wird schon seit langem zelebriert und hat seinen Ursprung im Christentum. Es wird die Rückkehr Jesu als Sohn Gottes zu seinem Vater gefeiert. Im Mittelalter wurde zu diesem Anlass in den Kirchen eine Christus Figur aufgestellt. Heute erinnert dieser einst christliche Feiertag eher an ein Saufgelage.

Am Muttertag hingegen beschenken wir unsere Mütter, unternehmen etwas mit ihnen zusammen oder verwöhnen sie einfach mal einen Tag lang. Zwar haben viele Menschen die eigentlichen Werte, die dahinterstecken bereits vergessen, aber das auch nur, weil Frauenrechte in Deutschland nicht mehr so unselbstverständlich sind wie damals und auch kein Bürgerkrieg mehr das Land beherrscht. Die Kernidee – die Leistungen unserer Mütter ehren – haben wir immer noch beibehalten.  

Der Muttertag ist historisch viel bedeutsamer als der Vatertag. Hinter dem Muttertag steckt eine tiefgründige Geschichte, die von der Emanzipation der Frau und dem Bestreben nach Frieden handelt. Der Vatertag dagegen ist ein sinnloser Einfall der Männer, die sich nur belustigen und betrinken wollen. Der Vatertag hat nichts damit zu tun, dass die Väter geehrt werden sollen. Dementsprechend ist der Name irreführend und der Tag überflüssig. Wandern und trinken können die Männer auch an jedem anderen Tag im Jahr.

Veröffentlicht am 24.05.2019

Luisa Bialas

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