Kommentar

Kein Götze Déjà-Vu – eine Einschätzung zum vorläufigen WM-Kader

Das DFB-Team bricht mit 27 Spielern ins Trainingslager in Südtirol auf. Foto: Pixabay
Der vorläufige Kader der Nationalmannschaft. Foto: Daniel Immel

Ein Kommentar. Nils Petersen statt Sandro Wagner, Manuel Neuer im Kader, Mario Götze nicht: Gestern gab DFB-Trainer Joachim Löw den vorläufigen Kader für die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft in Russland bekannt. Im derzeitigen Kader befinden sich noch neun der aktuellen Weltmeister, dennoch beinhaltet das Aufgebot nur wenig Überraschendes.

27 Spieler wurden in den vorläufigen Kader berufen. Auf diese wartet nun ein Trainingslager in Südtirol. Am 4. Juni gibt der Bundestrainer seinen endgültigen Kader bekannt, für vier Spieler wird dann der Traum einer Weltmeisterschaft ausgeträumt sein – der Kader darf nur 23 Mann stark sein.

Insgesamt weißt der aktuelle Kader nicht viele personelle Überraschungen auf. Die meisten Nominierten haben sich in der Nationalmannschaft in den letzten Jahren und Monaten festgespielt und sind somit kaum mehr wegzudenken. Vor allem die Nominierungen von Spielern wie Hummels und Kroos ist selbsterklärend. Die größten Überraschungen bei der vorläufigen Kaderzusammenstellung sind die Namen Petersen und Neuer.

Der Fall: Neuer

Über einen fitten und im Club spielenden Manuel Neuer braucht man eigentlich nicht zu diskutieren. Normalerweise ist er immer als Nummer eins direkt gesetzt. In dieser Saison ist es jedoch anders. Neuer konnte nur die ersten drei Saisonspiele der vergangenen Bundesliga-Saison bestreiten, schied mit einem Mittelfußbruch verletzt aus. Seitdem stand er nicht mehr auf dem Feld. Sowohl sein Fitnesszustand, als auch die mangelnde Spielpraxis könnten für ihn zum Problem werden. Momentan liest sich der Fall Neuer wie ein offenes Buch – Ausgang offen.

Momentan streiten neben Neuer drei weitere Torhüter um  WM-Tickets. Marc-Andre Ter Stegen und Bernd Leno gelten als gesetzt. Sollte Manuel Neuer Joachim Löw nicht überzeugen können, wird Löw stattdessen Kevin Trapp in den endgültigen Kader berufen. Nun liegt es an Neuer. Überzeugt er, spielt er – ist seine Aufstellung zu riskant, wird Trapp als Nummer drei die WM erleben.

Eigentlich ist eine Torhüter Diskussion nicht angebracht. Ter Stegens Leistungen bei Barcelona in dieser Saison waren überragend, er sollte als klare Nummer eins ins Turnier gehen. Eine Debatte um die weiteren Ränge ist fehl am Platz. Schließlich scheinen die Plätze des ersten und zweiten Torwartes an Neuer oder Ter Stegen vergeben. Der dritte Torwart, der wahrscheinlich eh nicht zum Einsatz kommt, wird von Leno oder Trapp belegt werden, beide agieren auf einem ähnlichen Niveau. Deutschland verfügt sowieso insgesamt über eine hohe Zahl an guten Torhütern. Ich behaupte, egal wer mitreist, er wird seinen Platz im Team finden.

Petersens starke Statistiken

Nils Petersens Nominierung ist auf den ersten Blick die wohl größte Überraschung. Der Stürmer hat noch kein A-Länderspiel absolviert und spielte in der Vergangenheit nie eine Rolle in Löws Überlegungen. Umso überraschender kommt nun die Aufstellung des Freiburgers. Denn eigentlich ging jeder davon aus, dass Löw den Münchener Sandro Wagner berufen würde. Stattdessen wurde also nun das Duo Petersen/Gomez vorläufig berücksichtigt. Gerade die Aufstellung Nils Petersens polarisierte in den sozialen Netzwerken. Doch statistisch gesehen spricht einiges für ihn. Zum einen ist er zweitbester Bundesliga Torschütze hinter Robert Lewandowski und schoss alleine 15 der 32 Freiburger Saisontore. Zum anderen trug er bereits 2016 beim olympischen Fußballturnier den Bundesadler auf der Brust und beendete dieses als Torschützenkönig.

Ein weiterer Fakt pro Petersen ist die Tatsache, dass dieser nicht diese qualitative Vorarbeit bekommt, wie sie ein Wagner beim FC Bayern München genießt. Meiner Meinung nach ist die Diskussion um Petersen relativ sinnlos. Stattdessen könnte diskutiert werden, warum Gomez anstelle Wagner aufgestellt wurde. Da aber beide eine ähnlich starke Rückrunde und sowieso eine ähnliche Spiel-Philosophie verkörpern, ist es vertretbar, dass Löw nur einen der beiden nominiert hat. Ob die Wahl pro Gomez richtig war, wird sich zeigen.

Löw beweist ein gutes Gespür

Dass Löw Mario Götze nicht berufen hat, stößt teilweise auf Kritik. Jedoch hat Löw bereits im April signalisiert, den Kader nach Formstärke zusammen zu stellen Mario Götze konnte in der Saison nicht überzeugen und hat seine Chance vertan. Letzten Endes eine vertretbare Entscheidung, zu gut ist die deutsche Offensiv-Power. Im Endeffekt hat der Bundestrainer in Sachen Kader ein Luxusproblem. So gut sind deutsche Fußballer mittlerweile. Das geht auf Kosten einiger Spieler, die dann trotz vorhandener Qualität außen vor bleiben. Zu bemängeln, Löw würde subjektiv an die Kaderzusammenstellung herangehen, halte ich für falsch.

In meinen Augen stellt er den Kader nach seiner Taktik zusammen, manche gute Spieler passen entweder nicht ins Anpassungsprofil oder den Spielertyp gibt es schon in der Mannschaft. Der Erfolg spricht für sich und gibt Löw recht. „Die Mannschaft“ verfügt dieses Jahr über eine überragende Kaderbreite und wird die deutschen Fans begeistern.

Von Daniel Immel
Veröffentlicht am 16.05.2018