#Egoland

Nast vermischt Realität und Fiktion

Michael Nasts neues Buch heißt #Egoland. Foto: Melina Seiler
Michael Nast ist auf #Egoland-Lesetour: hier in Hamburg. Foto: Melina Seiler
Nach seiner Lesung signierte der Autor Bücher und fotografierte sich mit seinen Lesern, so auch mit Maerkzettel-Redakteurin Melina Seiler. Foto: Privat

Bestsellerautor Michael Nast ist mit einem neuen Buch zurück. #Egoland zeigt die psychischen Abgründe einer Seele und die Selbstinszenierung einer Generation, von der man glaubt, dass sie nur noch online lebt. All das hat er mit vier Hauptpersonen in Romanform verpackt.

„Als Andreas Landwehr starb, saß ich neben meinem Bruder in der Dresdener Semperoper“, so beginnt der Roman #Egoland. Seit dem 6. April liegt Michael Nasts neues Buch in den Buchläden. 2016 feierte der Autor mit „Generation Beziehungsunfähig“ einen großen Erfolg und ist seitdem vielen ein Begriff. Elf Wochen stand es an der Spitze der Spiegel-Bestsellerliste und ist mittlerweile in neun Sprachen übersetzt worden. Mit seinem Buch und der dazugehörigen Lesetour in 60 Städten quer durch Deutschland zettelte er eine Diskussion über die angebliche Liebesunfähigkeit der „Generation Y" an. Die Filmrechte sind auch schon vergeben und zwar an Matthias Schweighöfer.

Und sein Erfolg geht weiter: #Egoland ist das vierte Buch, das er veröffentlicht. Anders als die drei davor handelt es sich um keine Kolumnensammlung, sondern einen Roman. Das macht es aber nicht weniger gesellschaftskritisch, ironisch und hinterfragend als „Generation Beziehungsunfähig“. Im Gegenteil: Die fortlaufende, sich steigernde Handlung gemischt mit klugen Gedanken zieht den Leser in den Bann. Genau wie die Figuren, wird der Leser immer tiefer in die Intrigen und Manipulationen der Hauptperson Andreas verstrickt.

Beobachtungen aus Nasts Leben

Obwohl seit der ersten Seite klar ist, dass Andreas tot ist, weil er Selbstmord begangen hat, begleitet der Leser ihn im Buch durch die letzten Monate seines Lebens und wartet auf den Punkt, an dem sein Leben eine Wendung nimmt, die sein Handeln erklären kann. Andreas wird auf dem Klappentext als charismatischer Schriftsteller beschrieben, der sich in unverbindlichem Sex ertränkt. Um Material für seinen neuen Roman zu sammeln, beginnt er in das Leben des vermeintlichen Traumpaars Julia und Christoph und das seiner Ex-Freundin Leonie einzugreifen. Nach und nach verliert er jegliche Hemmungen und überschreitet so viele Grenzen, dass das Leben der vier unauflöslich ineinander verwoben ist.

In der Geschichte verarbeitet Nast viele Beobachtungen. Seine Figuren philosophieren über den Zustand der Welt, über Liebe, über den Effizienzgedanken hinter Datingapps wie Tinder oder über die Oberflächlichkeit auf Instagram. Allgemein darüber, dass Menschen hinter ihrer Online-Identität verschwinden. Über das Denken in Idealzuständen. Über die niemals endenden Selbstzweifel, die viele von uns plagen. Über Selbstschutz. Über Luxusprobleme. Über die hässlichen Seiten von dem Großstadtleben in Berlin. Viele der Themen, die die Figuren bewegen, sind die, die Nast bereits in „Generation Beziehungsunfähig" aufgegriffen hat. Wieder einmal trifft er es auf den Punkt. Er schafft es, scheinbar banale Phänomene des Alltags zu hinterfragen und einzuordnen.

Nast macht sich selbst zur Romanfigur

Beim Lesetourauftakt in Hamburg (Tour vom 15. April bis zum 9. Juni) sprach Nast darüber, dass viele Gedanken und Erlebnisse, die im Buch geschildert werden, aus seinem eigenen Leben stammen. Dass viele Seiten von Andreas von ihm übernommen wurden. Aber er geht noch einen Schritt weiter. Stilistisch ist das Buch nicht nur aus den Perspektiven der vier Hauptpersonen erzählt, sondern ummantelt von Nast als Ich-Erzähler, der stellenweise immer wieder auftaucht. Nast macht sich selbst zur Romanfigur. Er vermischt Realität und Fiktion. In #Egoland ist er ein alter Freund von Andreas, der sich von ihm entfremdet hat. Als Andreas stirbt, bitten ihn dessen Eltern die Notizen ihres Sohnes zu sichten und das Buch für ihn zu schreiben. Ob die Buch-im-Buch-Geschichte, die den Autor zum Erzähler werden lässt, ein genialer Schachzug oder eine verwirrende Übertreibung ist, bleibt wohl Geschmacksache. Fakt ist aber, Nast hat seine ganz eigene Art gefunden, eine Geschichte zu erzählen.

 

 

Von Melina Seiler
Veröffentlicht am 19.04.2018