Arbeit an Grundsatzpapier

Strategiewechsel bei der Bundeswehr?

Verteidigungsministerin Von der Leyen strebt eine Bundeswehrreform an. Foto: Pixabay

Ein Kommentar. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht großen Nachholbedarf bei der Landes- und Bündnisverteidigung, eine Gleichbehandlung zu Auslandseinsätzen steht im Raum. Nun strebt sie eine strategische Neuausrichtung der Bundeswehr an – ein teures Unterfangen.

Die Bundeswehr soll erneuert werden. Auslandseinsätze, sowie die Landes- und Bündnisverteidigung, sollen zukünftig gleichrangig sein. In einem ausgearbeiteten Grundsatzpapier „Konzeption der Bundeswehr“, stellt von der Leyen und ihr Verteidigungsministerium ihren Plan vor. Bereits 2013 warb die Verteidigungsministerin mit einer Erneuerung der Bundeswehr, um diese attraktiver zu gestalten. Nun folgt ein Grundsatzpapier, welches eine strukturelle Änderung vorsieht.

Der Plan sieht vor, dass die Bundeswehr vorbereitet sein müsse, „ihren Beitrag zur nationalen Sicherheit“ zu leisten. Die Landes- und Bündnisverteidigung sei die „anspruchsvollste Aufgabe mit dem höchsten Nachholbedarf“, geht aus dem Schreiben hervor. Ursache der geplanten Umstrukturierung sei eine veränderte Sicherheitslage: Russlands Annexion der Krim habe gezeigt, dass die europäische Friedensordnung in Gefahr geraten könne. Um die Sicherheit zu gewähren, müssen verloren gegangene Strukturen wiederaufgebaut werden. Laut der „Süddeutschen Zeitung“ könnten Mehrkosten in Milliardenhöhe entstehen.

Richtig oder falsch? Die Meinungen über die geplante Struktur-Reform gehen weit auseinander. In sozialen Netzwerken sprachen Gegner aus der Gesellschaft von „Kriegsvorbereitung“, „Anti-Russland-Politik“ und „Geldverschwendung zum Leidwesen anderer nationaler Baustellen“. Befürworter sehen eine neue Strategie als längst überfällig und unausweichlich an. Erst einmal muss klar gestellt werden, dass die „Konzeption der Bundeswehr“ noch längst nicht feststeht – es ist erstmal nur ein ausgearbeitetes Konzept des Verteidigungsministeriums.

Dennoch kann in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten eine heiße Debatte entzündet werden, was eine Umstrukturierung alles bedeuten könnte. Um den Kern der Diskussion am besten bewerten zu können, sollte die Thematik auf den kleinsten möglichen Nenner gebracht werden – genauer gesagt, lasse ich den finanziellen Aspekt außen vor. Der Kern der Debatte besteht also darin, ob eine „Bundeswehr-Strukturreform“ sinnvoll ist.

Der ursprüngliche Gedanke einer Bundeswehr besteht in der Verteidigung des eigenen Landes. Diesem Gedanken wurde in den letzten knapp 20 Jahren immer weniger nachgeeifert. Stattdessen wurde mehr Geld, Aufwand und Personal in Auslandseinsätze gesteckt. Ob dies der rechte Weg war, möchte ich an dieser Stelle nicht bewerten. Stattdessen möchte ich den Fokus auf die Gegenwart und die Zukunft lenken. Internationale Konflikte nehmen in den letzten Jahren immer weiter zu. Jüngstes Beispiel dafür ist der Fall Skripal.

Die Beziehungen zwischen Russland und Großbritannien sind historisch schlecht. Seit der Annexion der Krim hat der Westen, insbesondere die Nato-Staaten, keinen guten Draht nach Moskau. Ein Szenario zweier verfeindeter Blöcke, ähnlich wie im Kalten Krieg, droht. Ich möchte keineswegs von einem neuen „Kalten Krieg“ sprechen, dennoch ist der europäische Frieden so unsicher wie seit circa 28 Jahren nicht mehr. Das liegt allerdings auch an anderen Ursachen. Eines davon ist die Terrorgefahr durch den „Islamischen Staat“, welche den europäischen Kontinent heimsucht. Würde nun eine Gleichbehandlung zwischen Auslandeinsätzen und Heimatschutz greifen, könnte die Sicherheit, egal wodurch sie gefährdet wird, geschützt werden. Eine Reform könnte dann auch bedeuten, dass die Terrorbekämpfung eine neue Aufgabe der Bundeswehr wird.

Damit möchte ich den Bogen zu dem ursprünglichen Gedanken der Bundeswehr spannen – die Verteidigung des eigenen Landes. Dem eigentlichen Ziel der Bundeswehr würde wieder mehr nachgegangen werden. Zudem ist es längst ein offenes Geheimnis, in welch schlechtem Zustand die Rüstung der Bundeswehr ist. Auch hier würde die Reform greifen und finanzielle Mittel zur Verbesserung der Gesamtlage beitragen. Insgesamt ist eine neue Struktur innerhalb der Bundeswehr notwendig. Maschinerie muss erneuert werden; die europäische Sicherheit zu fördern, ist ebenfalls sinnvoll. Dennoch bleibt abzuwarten, ob von der Leyens „Konzeption der Bundeswehr“ dafür der richtige Schritt ist.

Von Daniel Immel
Veröffentlicht am 07.05.2018