Plenarsitzung im Landtag NRW

Wenn Politiker vergessen ihre Hausaufgaben zu machen

Die Abgeordneten auf der großen Plenarsitzung im Landtag Düsseldorf Foto: Assia Hsain

DÜSSELDORF. Am Mittwoch den 10.04.2019 fand eine Plenarsitzung des NRW Landtags statt. Ein Punkt der Tagesordnung, war das Thema Digitalisierung. Ziel der Strategie sollte der Erhalt und Ausbau des regionalen und überregionalen Wohlstandes sein. NRW soll laut der knapp 80-Seitigen Strategie seinen derzeitigen Platz bis an die Spitze vorantreiben. Dabei soll die umfassende Strategie alle wichtigen Bereiche einschließen, von Bildung bis hin zur Arbeitserleichterung und Mobilität. Alles unter dem Motto: Gehe mit dem Fortschritt und lass dich von diesem nicht abhängen. Ein Kommentar.

Ein von der Technik erleichtertes Leben, ein top aufgestelltes Deutschland, Spitzenleistung statt Rücklicht. Auf den ersten Blick scheint es so, als wäre der derzeitigen Landesregierung das Wohlergehen der NRW-Bevölkerung das wichtigste Ziel ihrer Amtszeit. Aber ist dem wirklich so? 

Die Plenarsitzung dient bekanntlich der Informationsweiterleitung an die Bevölkerung. Ganz nach der Big- Brother- is- watching- you Manier kommen die Fraktionen und der Vorstand rund um Landtagspräsident André Kuper zusammen, um die gemeinsam erarbeiteten Fortschritte vorzustellen und jeder Fraktion die Möglichkeit zu geben, sich dazu mit je einem Redner noch einmal zu äußern.

Als Landtagspräsident hat man die Aufgabe neutral alles zu begleiten und darauf zu achten, dass die nötigen Umgangsformen gewahrt werden.  Am 10.04.2019 war das gewiss nicht die einfachste Aufgabe. 

Die Plenarsitzung: Provokation statt Konstruktivität

Erwartungsvoll lauschten die Besucher und Journalisten auf den Tribünen, die Kameras auf Action, die Fotoapparate in Bereitschaft und zack wandelte sich die Plenarsitzung in ein Primetime Fernsehprogramm. Prof. Dr. Andreas Pinkwart eröffnete den Tagesordnungspunkt Digitalisierung und auch wenn sich die Ziele dadurch erahnen ließen, verlor er sich doch mehr im Eigenlob, als das er die Thematik verständlich vermittelte. Dafür erntete er Applaus aus den Reihen von FDP und CDU. An diesem Punkt war noch nicht viel auszusetzen, doch dachte man es würde so weitergehen, dann lag man mehr als nur falsch. So viel Respektlosigkeit und fehlende Arbeitsmoral, sieht man sonst nur im Nachmittagsprogramm von RTL2. 

Zuerst ergriff die SPD das Wort und wer bis jetzt noch entspannt auf der Tribüne saß, war spätestens jetzt wach und vollkommen fassungslos. Frau Christina Kampmann ging auf Angriff und machte im Grunde alles schlecht, was zuvor genannt wurde. Schnell wurde aus Politik das Stadttheater und man fragte sich, zu welchem Ziel diese gekonnte Selbstinszenierung führen sollte. Wohl kaum zur Lösung der Digitalisierungsfrage. Wer nun den Kopf schüttelte und  ,peinlich´dachte, der hatte den Inhalt zu Hundertprozent erfasst, denn Inhalt hatte es nicht gegeben. Irgendwann kam dann auch der Grund, die Digitalisierungsstrategie, war bei den Fraktionen erst am Vortag eingegangen, sodass die Presse über den Inhalt noch vor den Fraktionen Bescheid wusste. 

Dafür wurde sich zwar im Verlauf wiederholt entschuldigt, dies stieß aber nicht auf Gehör oder Akzeptanz. Nach der SPD war die CDU an der Reihe, diese äußerte sich nur unterschwellig provokant, aber Ideen und Verbesserungsvorschläge gab es trotzdem keine. Schwerpunkt schien statt dem repräsentieren der Ideen durch faktenorientierte eigene Argumente, eher das schlecht machen der Arbeit anderer.

Die Frage die sich stellt ist: Wie hat bei dem ganz offensichtlichen Disput zwischen CDU und SPD, eine GroKo jemals funktionieren können, ist das also alles nur Show? Man kann es sich nur wünschen, denn im Streit entstandene Strategien, sind selten lukrativ oder innovativ.

Dritte Fraktion am Rednerpult Bündnis 90/die Grünen folgte dem roten Faden der Plenarsitzung, Herr Matthi Bolte-Richter sprach sich für die Digitalisierung aus, schweifte dann aber in Kritik ab und stellte verschiedene Typen falscher Methoden vor, ohne aber eine Lösung parat zu haben.

Dem folgte die FDP und brachte die Wendung in einer nichtssagenden Debatte.  Beginnend mit der Kritik, dass bisher zwar die Strategie viel hatte einstecken müssen, konkrete Vorschläge zur Verbesserung aber ausblieben. Bis hierhin wirkte auch das noch stichelnd, aber dann kam die Wende, als zum ersten Mal im Tagesordnungspunkt, tatsächliche Vorschläge kamen und Ziele geäußert wurden. Gewünscht sei es die Kräfte zu bündeln, man wolle die Leute und Talente abholen, den Wohlstand sichern, indem man auf Stärken setzt und Qualitäten nutzt und ausbaut. Wurde die Aussage einer anderen Fraktion dementiert, dann nur mit Vorschlag zu einem Lösungsansatz. Die erste Fraktion mit konstruktivem Content. Die FDP setzt auf Innovation mit Datenschutz und darauf, dass alles digitalisiert werden muss und wird.

Letzte Fraktion und letzter Redner - Sven Tritschler AFD. Da wurde der rote Faden der Provokation gleich wieder aufgenommen. Gleich zu Beginn fiel erstmal der Vergleich der Strategie mit den Sowjets. Die Politik würde jeden ausbremsen, irgendwann käme es zur Stromrationalisierung, aufgrund des Verlustes des deutschen Wohlstandes, wegen Zerschlagung der Fundamente und unserer bösen Bürokratie.
Sacken lassen, drüber nachdenken und dann zu dem Schluss kommen: Worauf will der hinaus? Und was hat das mit der Digitalisierungsstrategie zu  tun?

Zusammenfassung: nichts!

Nach der AFD besetzte Herr Prof. Dr. Andreas Pinkwart wieder das Rednerpult und die Sitzung dauerte noch bis in die späten Abendstunden fort. 

Ein Denkanstoß zum Schluss:

Wir leben in der Europäischen Union, aber sollte dieser Unionsgedanke nicht auch schon auf Bundes-,Landes- und kommunaler Ebene stattfinden? Sollte gegenseitiger Respekt nicht die Lösung sein? Ein aufeinander zugehen, statt einer Fehde zwischen den einzelnen Parteien?  Sollte nicht das Wohle der Bevölkerung, den eigenen Unstimmigkeiten vorangestellt werden? Ist Politik nicht die Wahrung des Friedens statt eines immerwährenden Wahlkampfes -getreu dem Motto- nach der Wahl ist vor der Wahl? Würden die Leute dann nicht vielleicht sogar verstärkter wählen gehen?
Politiker haben eine Vorbildfunktion und darüber sollte man sich im klaren sein.

Von Assia Karnbach
Veröffentlicht am 21.04.2019

Assia Karnbach

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