Zum Wirbel um die Echo-Verleihung

Sorgte für Aufschrei: Der Musikpreis „Echo“. Foto: Pixabay

Ein Kommentar. Am 12. April war es wieder soweit: Die regulär langweilige Verleihung eines wenig relevanten Preises stand an, dem Echo. Warum sorgte dieser aber dieses Jahr für ordentlich Furore und sogar Preisrückgaben?

Zuallererst mal die Frage: Was ist eigentlich der Echo? Der Echo ist ein deutscher Musikpreis, der laut echopop.de die „besten Leistungen nationaler und internationaler Künstler“ des vergangenen Jahres ehrt. Nun kann man Musik natürlich schwer objektiv beurteilen, wie wird die „beste" Leistung also bestimmt? Im Falle des Echos orientiert man sich nicht nach der Meinung einer fachkundigen Jury oder geht verschiedenste Kriterien durch, um die Gewinner zu bestimmen. Nein, es geht einfach nur um Verkaufszahlen. Geehrt wird also nicht die künstlerische Qualität, sondern einfach nur der kommerzielle Erflog eines Werkes. Der Sinn dahinter, die sowieso schon Populärsten mit einem Preis und einer Show noch mehr ins Rampenlicht zu rücken, erschließt sich mir zugegebenermaßen nicht ganz.

Aufregung und Rückgaben

Seit 2001 existiert die Unterkategorie „Hip-Hop" beim Echo. Dieses Jahr sollten diese Kategorie die Rapper Kollegah und Farid Bang für ihr Album „JBG (Jung, Brutal, Gutaussehend) 3" gewinnen. Aufgrund von anstößigen, vermeintlich anti-semitischen Zeilen, wie „Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen“ aus dem Song 0815, wurde diese Nominierung vorher von der internen Ethik-Kommission geprüft, die allerdings kein Problem damit sah. Als die beiden Rapper dann tatsächlich gewannen, war der Aufschrei groß, blöderweise fiel auch noch der Holocaust-Gedenktag auf das Datum der Preisverleihung. Schon vorher wurden sie von Musikern wie Campino kritisiert und auf der Bühne ausgebuht. In den Tagen nach der Verleihung gaben zahlreiche Künstler wie Marius Müller-Westernhagen, Klaus Voormann oder Enoch zu Guttenberg ihre Echo-Trophäen aus Protest zurück. Nun fangen sogar die Sponsoren an, abzuspringen.

Das Scheinheilige dahinter

Ich möchte hier nun nicht über die Qualität der Musik der beiden Künstler diskutieren, über die und deren Einfluss auf die Jugend sich sicherlich streiten lässt. Ich finde aber auch nicht, dass die Verleihung dieses Preises den Kohl jetzt fett macht, schließlich haben sie den ja für das Album bekommen, das sich vergangenes Jahr am besten verkauft hat. Die Texte haben bereits ihre Spuren in der Jugendkultur hinterlassen, das wird nicht mehr rückgängig zu machen sein. Zudem scheinen einige Leute, die sich mit diesem Thema überhaupt noch nicht auseinandergesetzt haben, nicht zu verstehen, dass Kollegah und Farid Bang ganz klar Kunstfiguren sind. Weder in ihren Songs, noch in den vielen Promo-Videos, Auftritten oder den Videoformaten wie „Bosshaft unterwegs" oder „Bosshaft Latenight" nehmen sie sich und ihre Aussagen ernst. Das gibt ihnen natürlich trotzdem noch lange kein Recht zu derartigen Zeilen.

Jedenfalls scheinen die Kritiker den Echo auch als einen Preis anzusehen, der eine besondere Tat oder Leistung prämiert. Das ist er schlichtweg nicht und durch diesen Vorfall wird die Banalität dieses Jahr besonders deutlich.

Trotzdem könnte ich die Empörung darüber, solche Künstler auszuzeichnen, noch verstehen, zumindest, wenn es das erste Mal gewesen wäre, denn es wurden nicht nur Künstler mit ähnlich anstößigen Texten prämiert, nein, Kollegah selbst hat den Preis in den Jahren 2015 und 2016 ebenfalls schon gewonnen. Damals waren seine Texte nicht weniger despektierlich. Im Gewinner-Album von 2015 „King" rappt er zum Beispiel „Der Boss dealt am Block Kilos Stoff, zieht die Glock, zielt auf Cops, schießt und prompt ziert ein Loch ihren Kopf wie ein Loch“ (aus dem „Song AKs im Wandschrank" und in „Zuhältertape Volume 4" (der 2016er-Sieger) „Ich lasse dich killen von nigerianischen Kindersoldaten für ne Rittersport-Tafel und n paar Digimon-Karten“ („Blutdiamanten"). Da fragt man sich doch, warum man jetzt erst auf die Idee kommt, solche Texte besser nicht auszuzeichnen.  

Von Christopher Langer
Veröffentlicht am 20.04.2018