Geschichten, die das Leben schreibt

Walter Gödde und sein erstes Buch: "Mordprojekt - Ein Sauerlandkrimi". Foto: Linda Nitsch

Iserlohn-Letmathe. Er ist kein Autor wie jeder andere. Und auch sein Buch lässt sich, zumindest metaphorisch gesehen, in keine Schublade stecken. Durch Charme, Humor und Kreativität erreicht Walter Gödde seine Leser.

Als es eines Nachts an Walter Göddes Tür klingelt, wird damit, ohne dass er etwas davon ahnt, der Grundstein für seine literarische Karriere gelegt. Unsicher geht er zu seiner Haustür, denn es kommt ja schließlich nicht oft vor, dass es mitten in der Nacht klingelt. Als der damalige Lehrer vorsichtig das Fenster neben der Türe öffnet, steht ein Fremder auf den Stufen vor dem Haus und gesteht, einen Mord begangen zu haben. Aufgeregt fordert er Walter Gödde dazu auf, die Polizei zu rufen. Das macht er dann auch ohne zu zögern. „Die Polizei stellte sich aber absolut dämlich an und nahm den Fall nicht ernst“, so Gödde. Als nach einer gefühlten Ewigkeit endlich ein Streifenwagen erscheint, wiederholt der angebliche Mörder erneut seine wirre Aussage. Die Polizei zögert und ihren Gesichtern ist anzusehen, dass sie die ganze Situation sehr merkwürdig finden. Kurze Zeit später fahren sie aber dennoch mit dem Täter zu dem Ort, an dem der Mord geschehen sein soll.    

Von der Notiz zum Krimi

Dieses nächtliche Erlebnis ist dem Iserlohner vor ungefähr 15 Jahren wirklich zugestoßen.Weil er sich selbst nicht sicher war, wie er diese skurrile Situation einordnen sollte, notierte er sich das Geschehnis, um bei der Polizei eine genaue Aussage machen zu können. Da diese allerdings nie von ihm verlangt wurde, lagen seine Notizen jahrelang unberührt in einer Schublade. Trotzdem hatte sich das Thema damit nicht erledigt: das Erlebnis lies Gödde nicht mehr los, er musste immer wieder darüber nachdenken, was es mit der Geschichte auf sich haben könnte und wie sie vielleicht ausgegangen ist. Und so entstand sein erstes Buch: „Mordprojekt: Ein Sauerlandkrimi“.                                  

Der Begriff Sauerlandkrimi wird seinem Buch allerdings nicht gerecht, findet Walter Gödde, und es liegt ihm viel daran, klarzustellen, worum es sich bei dem Buch wirklich handelt. „Die Idee, das Buch als Sauerlandkrimi zu bezeichnen, kam vom Verlag“, erzählt der 67-Jährige „doch mir fällt es schwer, mein Buch als Krimi zu bezeichnen. Dafür unterscheidet es sich einfach zu sehr von anderen Werken dieses Genres.“ In seinem Buch ginge es nicht immer nur darum, Spannung zu erzeugen, daher sei es mit den Erwartungen eingefleischter Krimi-Fans eventuell nicht kompatibel, meint der Autor. Er sei sich sowieso nicht sicher gewesen, welche Zielgruppe sein Buch ansprechen könnte, daher zögerte er lange damit, es zu veröffentlichen. Hinzu kam, dass einer von Göddes fünf Brüdern auch Bücher schreibt: „Bodenseekrimis“. Und Konkurrenz aus der eigenen Familie fand Walter Gödde nicht fair. Doch sein Bruder sah die Sache anders, er erkannte hohes Potenzial in dem Manuskript und schließlich war er derjenige, der Walter Gödde mit einem Verleger zusammen brachte.

Über Schicksalsschläge zurück zum Studentendasein

In der Vergangenheit interessierte Gödde sich mehr für Lyrik als Prosa. Seit 1983 verfasst er Gedichte. Diese wurden auch schon in zahlreichen Zeitungen, Literaturzeitschriften und in den Anthologien zum „Literaturpreis Umwelt des Landes NRW“ veröffentlicht. Hauptberuflich unterrichtete er an der Realschule in Letmathe Deutsch und Biologie. Bei Bedarf sprang er auch in Kunst und Sport als Aushilfe ein. Sein Beruf machte ihm Spaß, er arbeitete gerne mit jungen Leuten zusammen. Doch als seine Frau starb, wurde Gödde frühzeitig pensioniert. Lange Zeit litt er stark unter dem Verlust seiner Frau: „Um ehrlich zu sein, ging es mir richtig dreckig. Mehrere Wochen lang saß ich nur zuhause und trauerte“, erzählt der Iserlohner. Dann fasste er aber einen Entschluss: es war an der  Zeit, wieder auf die Beine zukommen. Gödde widmete sich wieder seinem Hobby und schreib Gedichte und entdeckte auch die Kunst für sich. Er praktizierte seine ganz persönliche Form von Kunst indem er alltägliche Sachen, die andere Menschen wegwerfen würden, einscannte, und sie durch „Operationen am offenen Scanner“ zu Bildern mit einer völlig neuen Bedeutung umwandelte. Doch damit nicht genug: Walter Gödde schrieb sich auch an der Iserlohner Fachhochschule für den Studiengang Bio- und Nanotechnologie ein. Das Thema habe ihn sehr interessiert  und zum Dazulernen sei es schließlich nie zu spät. „Mit meinen Kommilitonen kam ich super zurecht, auch wenn ein paar Jährchen älter war. Ich glaube ich war besonders beliebt, weil ich immer so fleißig Protokoll geführt habe“, erzählt Gödde mit einem Augenzwinkern. Nachdem er vier Semester studiert hatte, nahm der Zeitaufwand, den seine Kunst beanspruchte, allerdings überhand und er beendete sein Studium. „Ich wollte sowieso keinen Abschluss machen, ich musste einfach nur raus aus dem Haus um auf andere Gedanken zu kommen“, so Gödde.               

Ein echter Künstler

Mittlerweile scheint der 67-Jährige seine Ruhe gefunden zu haben. Er scheint glücklich zu sein. Stolz präsentiert er seine gescannten Werke, erzählt von seinem ersten Buch und liest Zeilen aus seinen zahlreichen Gedichten. Das, worin er anfangs nur Ablenkung suchte, scheint sein neuer Lebensinhalt geworden zu sein. Trotzdem ist er nicht abgehoben. Er nimmt sich selbst nicht allzu ernst und hält seine Werke auch nicht für das absolute Nonplusultra,  „aber sie sind auf jeden Fall vergleichbar mit vielen anderen Publikationen anderer Autoren. Also wieso sollte ich meine Arbeiten nicht veröffentlichen?“                                                                         

                                       

Von Linda Nitsch
Veröffentlicht am 18.05.2012