Hardy Krüger junior

„Ich kann keinen Hass empfinden, wenn ich jemandem in die Augen schaue“

Hardy Krüger junior als Kaleu in "das Boot". Foto: Melina Seiler
Maerkzettel-Reporterin Melina Seiler mit Hardy Krüger junior. Foto: privat

ISERLOHN. Hardy Krüger jr. war zum vierten Mal Gast im Iserlohner Parktheater. Dort wurde der Filmklassiker „das Boot“ aus dem Jahr 1981 von der „a.gon Theater GmbH“ aus München aufgeführt. Mit 780 Zuschauern war das Theater fast ausverkauft. Krüger ist im Stück als Kapitän in der Hauptrolle zu sehen. Maerkzettel traf den Schauspieler vor Beginn hinter der Bühne zum Interview. Er erzählte nicht nur vom Stück, sondern auch von seiner Schauspielkarriere und seinen Fotoprojekten.

Maerkzettel: Was hat Sie dazu inspiriert bei „das Boot“ mitzuspielen?

Hardy Krüger junior: Das Boot gilt als Meilenstein der Filmgeschichte. Nicht nur wegen der Geschichte selbst, sondern auch wegen der Art und Weise, wie sie erzählt wird, der Bildkompositionen und der Regie. Deswegen war das ein sehr wichtiger Film für alle Filmemacher und grandios für alle Schauspieler. Für mich persönlich war Kaleu immer ein Held und deswegen habe ich nicht gezögert diese Rolle anzunehmen. Hinzu kommt, dass die Geschichte eine wahre Begebenheit ist und nicht in Vergessenheit geraten sollte.

Maerkzettel: War die Rolle eine große Herausforderung für Sie?

Hardy Krüger junior: Jede Rolle ist natürlich eine Herausforderung, aber im Grunde genommen ist die große Herausforderung in diesem Stück, die Situation mit den wenigen Mitteln, die wir zur Verfügung haben, herzustellen. Gerade wir als Theaterunternehmen, das jeden Tag in einer anderen Stadt spielt, müssen unser Bühnenbild einpacken und schnell wieder zusammenbauen können. Wir haben keine Mittel, die andere Kollegen haben, die in einer festen Spielstätte auftreten. Sie können mit Wasser arbeiten und sogar hydraulische Systeme einsetzen. Wir müssen alles spielen. Es ist auch eine Herausforderung die Beklemmung, Angst und Sinnlosigkeit darzustellen. Das Boot ist ein Ensemblestück. Wir sind neun Mann und diese neun Mann müssen total funktionieren, wie auf einem echten U-Boot auch. Jeder ist in seiner eigenen Geschichte und trotzdem muss ein Gesamtbild entstehen. 

Maerkzettel: Hatten Sie bei der Verkörperung und Umsetzung ihrer Figur den Film im Hinterkopf?

Hardy Krüger junior: Man hat als Vorbild oder als Vorlage meist einen Film. Gerade wenn es sich in der Geschichte um Menschen handelt, die tatsächlich existiert haben, sollte man relativ nah an dieser Figur arbeiten. Die Interpretation von Prochnow, der im Film den Kaleu spielt, ist seine Art damit umzugehen und funktioniert im Film gut, auf der Bühne aber weniger. Die Bühne hat ganz andere Gesetze als die Kamera. Im Film gibt es Schnitte, Musik und viele andere Mittel. Wir auf der Bühne müssen ganz anders spielen und sprechen, damit zum Beispiel die Zuschauer in der letzten Reihe auch noch etwas mitbekommen.

Maerkzettel: Wie oft haben Sie das Stück mittlerweile schon gespielt?

Hardy Krüger junior: Etwa 50 mal. Heute spielen wir es zum dritten Mal nach der Wiederaufnahme. Davor war ein knappes halbes Jahr Pause.

Maerkzettel: Wie konnten Sie sich in der heutigen Zeit damit identifizieren einen U-Boot Kapitän aus dem zweiten Weltkrieg zu verkörpern?

Hardy Krüger junior: Ich muss ganz ehrlich sagen, U-Boote wären nichts für mich. Vor allem, weil ich nicht rausgucken kann, denn ich tauche sehr gerne und genieße die Unterwasserwelt. Das Wasserelement zieht mich sehr an, ich bin auch Segler und fahre Motorboot, aber U-Boote wären wirklich nichts für mich. Wenn wir das Stück heute spielen, geht es hautsächlich darum die Sinnlosigkeit eines Krieges und der ganzen Operation zu zeigen. Die Menschen wurden verheizt. Und auch heute bekommen wir oft genug von Krieg und anderen Sinnlosigkeiten auf der Welt mit. Das ist einfach unglaublich. Darüber muss man reden! Dafür eignet sich dieses Stück ziemlich gut. Deswegen sollte man diese Geschichte auch erzählen.

Maerkzettel: Haben Sie selbst Bundeswehrdienst geleistet?

Hardy Krüger junior: Nein, habe ich nicht. Ich habe mich für einen anderen Weg entschieden. Ich bin natürlich gegen Krieg und Gewalt. Mein Vater hat mich als Weltbürger erzogen und ich bin deswegen sehr offen und aufgeschlossen anderen Kulturen, Religionen und Menschen gegenüber. Für mich ist alles, was mit Macht, Gier, Geld und Korruption zu tun hat, eine Angelegenheit, gegen die ich versuche anzugehen. Deswegen bin ich auch UNICEF-Botschafter und leiste dort etwas, um eine Globalisierung im besten Sinne möglich zu machen. Ob das funktioniert wissen wir alle nicht, aber ich möchte meinen Beitrag dazu leisten. So wurde ich erzogen. Ich glaube daran und möchte meinen Kindern eine Welt hinterlassen, in der sie groß werden können.

Maerkzettel: War es anders sich auf diese Rolle vorzubereiten, als auf andere Rollen, beispielsweise in unterhaltsamen Serien?

Hardy Krüger junior: Man sagt Filme werden gemacht, Theater wird gespielt. Und das stimmt, Theater ist immer eine andere Vorbereitung, weil man auch Proben hat und andere Kollegen. Man ist jeden Abend sein eigener Regisseur, keiner spricht einem rein. Es gibt keine Redakteure, kein Ton und kein Schnitt. Allerdings hat jede Rolle seine Herausforderungen, unabhängig davon ob man sie im Fernsehen oder im Theater verkörpert. Die Rolle des Philippe in „Ziemlich beste Freunde“ habe ich im Theater gespielt und die ist eine ganz andere Herausforderung, weil er querschnittsgelähmt ist. Er kann nur sein Kinn bewegen und sitzt in diesem speziellen Rollstuhl. Bei der Rolle des Kaleu war es wichtig sich mit den Abläufen eines U-Boots zu beschäftigen. Ich muss wissen, wie es funktioniert, was bei Alarm oder Detonation passiert und wie man darauf zu reagieren hat, damit es möglichst authentisch ist.  

Maerkzettel: Man kennt sie vor allem aus Serien und Fernsehfilmen, haben sie schon immer zwischendurch Theater gespielt?

Hardy Krüger junior: Ich habe immer Theater gespielt. Bei der Schauspielerei ist es im klassischen Sinne für die, die Schauspiel studiert haben so, dass in der Zeit zwischen April und Mai, sowie im September und Oktober Fernsehen gemacht wird, und in der kalten Zeit spielt man Theater. Das ist oldschool. Heute sind ja auch viele Leute Schauspieler, die das weder gelernt haben, noch die Ambition haben auf die Theaterbühne zu gehen. Deswegen ist das Theater das Territorium, in dem man noch die richtig guten Schauspieler sieht.

Maerkzettel: Es ist bekannt, dass Sie fotografieren. Ist das ihr Ausgleich zum Beruf?

Hardy Krüger junior: Das ist einer der Ausgleiche. Ich bin ein Tausendsassa. Mir wird auch nie langweilig, weil mir immer eine Idee kommt, die ich umsetzen möchte. Es gibt jetzt bald einen Lifestyle-Blog, der online geht. Der wird sich mit Mode, Autos, Kunst, Essen, Restaurants und Hotels beschäftigen. Fotografie ist meine künstlerische Seite, die ich so noch viel mehr ausleben kann, als in der Schauspielerei. Die nächste Ausstellung wird am 24. Mai in Salzburg sein und dann im September in New York.  

Maerkzettel: Sie sind viel gereist und international aufgewachsen. Hat Sie das zum Fotografieren inspiriert?

Hardy Krüger junior: Das kam 2003 eigentlich zufällig. Ich hatte das nicht geplant. Ich bin schon sehr lange als UNICEF-Botschafter unterwegs und habe deswegen einige Projekte im Ausland. Ich begleite dort Kinder oder setze mich gegen Prostitution ein. Diese Reisen habe ich dann mit Fotos dokumentiert, um Geschichten dazu zu schreiben, die ich an Schulen vortrage, um aufzuklären. Irgendwann hat ein Fotograf diese Fotos gesehen und meinte, ich sollte mehr daraus machen, weil ich ein Auge dafür habe. Ich wusste erst gar nicht was er meint, bis er es mir anhand anderer Fotografien gezeigt hat. Dann haben Freunde von mir ein Haus gebaut und brauchten ein ganz großes Bild. Sie haben mich gefragt und ich habe ja gesagt. So kam es, dass Gäste bei der Einweihung dieses Bild sahen und ich erste Aufträge bekam. Von da an hat es sich verselbstständigt.

Maerkzettel: Was gibt es in Ihrer Ausstellung im Mai zu sehen?

Hardy Krüger junior: Die Ausstellung heißt „die Seele der Welt“ und war auch schon in Wien zu sehen. Es geht hauptsächlich um Menschen, denen ich auf meinen Reisen begegnet bin und die mich beeindruckt haben. Die Idee ist, die Menschen so zu zeigen, wie sie sind. Und das funktioniert durch den direkten Blick in die Augen. Das fehlt uns Menschen heutzutage, wir schauen uns nicht mehr in die Augen. Es würde viele Probleme nicht geben, wenn wir das täten. Ich kann keinen Hass oder Vorurteile empfinden, wenn ich jemandem in die Augen schaue. Das funktioniert nicht, weil man die Seele sieht. Ich möchte mit der Ausstellung zeigen, dass wir alle verschieden sind als Mensch. Wir leben anders, haben unterschiedliche Kulturen, Sprachen oder Religionen, aber sind im Grunde trotzdem alle gleich, im Menschsein vereint. Ich stelle Kontraste her. Durch die Komposition der Bilder wird aber schnell deutlich, dass die Bedürfnisse der Menschen dieselben sind. Deswegen der Titel „Seele der Welt”.

Von Melina Seiler
Veröffentlicht am 15.04.2016