„Abschalten ist im nächsten Leben angesagt!“

Ein Kind des Sauerlands: BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Foto: BVB

Umjubelt, gefeiert und aus dem Profifußball nicht mehr wegzudenken: Der BVB. Doch abseits aller Fanhysterie, leitet im Hintergrund jemand die Geschicke des Vereins und behält den Blick für das Wesentliche. Dieser Jemand ist Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Ein Porträt.

„Im Sauerland leben sehr solide, fleißige Menschen“, sagt Hans-Joachim Watzke über seine Heimat im Gespräch mit Maerkzettel. ‚Fleißig‘ ist wohl auch das richtige Wort, um den 54-Jährigen zu beschreiben. Als er 2005 die Geschäftsführung des BVB übernahm, arbeitete er für eine ganze Weile ohne jeglichen Verdienst, weil dem Verein die Insolvenz drohte. „Es war einfach kein Geld da. Ich wollte in der Situation auch ein Zeichen setzen und dokumentieren, dass es wichtigere Dinge für mich gibt, als mein Geld zu verdienen. In dem Moment dachte ich mir ‚Machste so‘.“ Und auch wenn er inzwischen entsprechend entschädigt worden ist, die Mühe und die Kraft, die er täglich investiert, haben bis heute nicht nachgelassen. „An den Überstunden hat sich leider Gottes noch immer nichts geändert“, sagt er.

Die Öffentlichkeit ist im Fußball-Geschäft ständiger Begleiter

Überstunden hat Watzke schon weit vor seiner Karriere bei Borussia Dortmund kennengelernt. Ebenso eine Branche, die dem Fußball thematisch kaum ferner sein könnte. In seiner Heimatstadt Marsberg gründete er im Jahr 1990 sein eigenes Unternehmen, die Watex GmbH, deren Kerngeschäft die Herstellung von Schutzbekleidung ist. In der Watex GmbH und dem Unternehmen Borussia Dortmund ähneln sich laut Watzke eine Reihe von Abläufen, aber allein die Größe des BVB sorge für den markantesten Unterschied: „Beim BVB kannst du ja nichts ohne die Öffentlichkeit machen. Die Öffentlichkeit ist beim Fußball natürlich definitiv noch einmal ein ganz anderes Thema.“

Mit der finanziellen Misere, in die der schwarzgelbe Fußballverein geraten war, rückte auch Watzke selbst ins Interesse der Öffentlichkeit – und bahnt sich und dem Verein als Geschäftsführer bis heute den Weg aus der Krise. Der Umsatz stieg im zurückliegenden Geschäftsjahr um 42,1 Prozent auf 215,2 Millionen Euro. Der damit verbundende Netto-Gewinn von 34,3 Millionen Euro dürfte nicht zuletzt dem umsichtigen Handeln Watzkes zu verdanken sein.  

Lautsprecher der Liga

Zu seinem verantwortungsvollen Handeln gehört wohl auch, dass er unbequeme Themen anspricht, wenn eine Situation es erfordert. Vielleicht sehen ihn gerade deshalb einige als „Lautsprecher der Liga“. Seinen Job macht Watzke sieben Tage die Woche. „Das ist der Preis. Auf der anderen Seite verdienen wir auch gutes Geld dafür und es macht ja auch Riesenspaß. Abschalten ist dann im nächsten Leben angesagt.“

 

Und was Maerkzettel sonst noch wissen wollte. Ein Kurz-Interview zur aktuellen Fußball-Lage.

Maerkzettel: Herr Watzke, pflegen Sie regelmäßig persönlichen Kontakt zu den Spielern des BVB?

Watzke: Permanent. Es vergeht fast kein Tag, aber ganz bestimmt keine Woche, ohne dass ich persönlichen Kontakt zu den Spielern hätte.                                                          

 

Maerkzettel: Gelegentlich rechnen Sie dem FC Bayern den Etat der Borussen vor. Mit welcher Absicht?

Watzke: Einfach nur um zu zeigen, dass Bayern München ungefähr die doppelt so großen wirtschaftlichen Möglichkeiten hat wie Borussia Dortmund  –  was sich auch im Etat abbildet. Und um einfach mal wieder ein bisschen Realismus einkehren zu lassen. Dann wird deutlich, dass Erfolge von Bayern München normaler sind als die von Borussia Dortmund.

 

Maerkzettel: Der FC Bayern München ist Deutscher Meister geworden. Ihrer Meinung nach verdient?

Watzke: Absolut! Die überragende Mannschaft in dieser Saison und absolut verdienter Meister.

 

Maerkzettel: Ihre Prognose zu dem Champions League Finale: Wie sehen Sie die Chancen für den BVB? Wird es ein rein deutsches Finale geben?

Watzke: Ich würde es mir wünschen, glaube es allerdings nicht wirklich. Ich glaube, dass Borussia Dortmund natürlich eine Chance hat, ins Finale zu kommen, aber wenn man gegen Real Madrid spielt, muss man auch ganz klar einräumen, dass wir in einer Außenseiter-Position sind. Aber auch Bayern München wird es gegen Barcelona sicherlich nicht ganz leicht haben. 

Kristina Köller und Charlotte Druwe
Veröffentlicht am 18.04.2013