Faszination Instrumentenbau

Die Liebe macht die Musik

Der Instrumentenbauer Winand Bergen. Foto: Privat
Restaurierung einer alten Geige. Foto: Michelle Reichelt
Das Griffbrett der Geige wird überarbeitet. Foto: Michelle Reichelt
Eine Irish Bouzouki (irisches Folkinstrument) wird restauriert. Foto: Michelle Reichelt
Das Bild zeigt den eingerissene Boden des Irish Bouzouki. Foto: Michelle Reichelt
Die Risse wurden ausgespannt und letztlich wieder zusammen geleimt. Foto: Michelle Reichelt
Die restaurierte Irish Bouzouki. Foto: Michelle Reichelt
Mit einem Biegeisen werden die Seiten von Streichinstrumenten gebogen. Foto: Michelle Reichelt
Der Boden einer Drehleier (Streichinstrument) wird an den Zargenkranz geleimt. Foto: Michelle Reichelt
Winand Bergen in einer Drehleierwerkstatt. Foto: Michelle Reichelt

In reiner Handarbeit, mit viel Geduld und Liebe zum Detail entstehen Instrumente, die als Unikate gefertigt werden. Für Winand Bergen ist die klangliche Weiterentwicklung der Instrumente eine Herausforderung und Freude zugleich. Es ist die Kunst der Herstellung und der Reparatur.

BÖNEN. Ein Mann mit Vollbart, blonden Haaren, die bis zu seiner Hüfte reichen und Bandshirts: Winand Bergen ist 25 Jahre alt und gelernter Orgelbauer. Mit 19 Jahren beendete er seine Ausbildung. Seitdem baut und restauriert er nur noch in seiner Freizeit Instrumente. Grund dafür sind die geringen Verdienstmöglichkeiten in dem Beruf. Den Orgelbau hat er auf Grund vieler Montagen aufgegeben. Zurzeit ist Winand mit seiner zweiten Vorliebe, den Motorrädern, beruflich involviert. Er arbeitet in einem Motorradgeschäft und verkauft Ersatzteile, um so seinen Lebensunterhalt finanzieren zu können. Dennoch ist er starken Willens, in seinen Traumberuf, dem Instrumentenbau, zurückzukehren.

Seine Liebe zur Musik hat im Kindesalter angefangen „Im Alter von zehn Jahren habe ich aktiv angefangen Musik zu hören“, schildert er. Schnell wurde ihm bewusst, dass er handgemachte Musik, wie beispielsweise bei der Folk Musik, bevorzugt. Dort sind die Instrumente meist traditionell akustisch wie Gitarren, Flöten oder Dudelsäcke. Und bereits in dem Alter war ihm klar, dass er klassische Berufe, wie Polizist oder Feuerwehrmann nie erlernen wollte. Er wollte immer etwas Handwerkliches lernen. Auf die Frage was Musik für ihn bedeutet, antwortete er: „Gute Musik wirkt immer für sich, ohne dass viele Worte dabei sein müssen. Aber wer versteht, wie Musik funktioniert und ihre Hintergründe kennt, hört noch viel mehr. Doch zu definieren was Musik ist, ist gar nicht so einfach“.

Ein klangvoller Beruf  

Sägen, hobeln, löten – das müssen Musikinstrumentenbauer sicher beherrschen, um den perfekten Klang zu erzielen. Doch Instrumente gibt es wie Sand am Meer. Die Massenproduktion der Marken von Yamaha, Gibson, Fender, Kawai oder Cort werfen jährlich Hunderttausende Instrumente auf den Markt – sowohl elektrische als auch akustische.

Die Zeiten in dem Beruf, des handwerklichen Instrumentenbauers, waren früher einmal einfacher. Denn die industrielle Fertigung nimmt immer mehr zu. Da stellt sich die Frage, ob die Musikbranche noch handgemachte Instrumente braucht. Doch Winand machte genau das zu seinem Beruf. „Instrumentenbau fand ich immer cool und beschloss mich einfach in dem Bereich zu bewerben, was schließlich auch klappte“, erzählt er. Um jedoch im Instrumentenbau Fuß zu fassen, müssen Prioritäten gesetzt werden. Da jedes handgemachte Instrument einzigartig ist, birgt jedes Projekt eigene Herausforderungen. Unter anderem sollte der Drang zur ständigen Verbesserung der eigenen Leistung daher erste Priorität sein, sagt Winand. 

Der Weg in die Selbstständigkeit

Der Instrumentenbau ist ein sehr altes und hoch komplexes Handwerk, das viel Fingerspitzengefühl erfordert. Winand betont, dass der Beruf für Perfektionisten sei, da der Instrumentenbau ein gutes Ohr und viel Geduld benötigt. Winand war in seiner Ausbildung durch Montagearbeiten, an den verschiedenen Orgeln, oft unterwegs. Schnell wurde ihm da bewusst, dass dies nichts für ihn ist. „Für eine Beziehung, meiner Familie oder gar mit meinem Hund, ist der Beruf als Orgelbauer zu schwierig zu managen. Jetzt wäre das gar nicht mehr denkbar“, betont Winand. Neben seiner Ausbildung fing er an, eigene Flöten aus Holz zu bauen und beschloss, nach der Ausbildung in die Selbstständigkeit zu gehen. Durch den geringen Verdienst seiner Arbeit, musste er jedoch zusätzlich einen Nebenjob, in einem Motorradgeschäft ausüben. Dadurch hatte er nicht genug Zeit, um den Bau der eigenen Flöten ausreifen zu lassen. Und bevor seine Flöten letztlich den richtigen Klang und das passende Äußere hatten, hatte er bereits ein Gewerbe angemeldet. Die Umstände haben es ihm nicht einfach gemacht und so hat er es schnell wieder an den Nagel gehängt. Laut Winand bringt der Beruf viele Hürden mit sich. Zum einen macht es die Handwerkskammer bei einer Selbstständigkeit nicht leicht, denn sie fordert Gebühren. “Ebenso musste ich für die Selbstständigkeit bestimmte Auflagen erfüllen. Unter anderem war es beispielsweise in meinem Fall so, dass ich einen Meister absolvieren sollte, was sehr teuer ist”.

Dass er jedoch in den Beruf zurückkehrt, ist Winand auf jeden Fall klar. Jedoch als Instrumentenbauer und nicht mehr als Orgelbauer. Wie genau er die Sache angeht und auf welche Art, kann er leider noch nicht sagen: „Es ist einfach sehr schwierig damit Geld zu verdienen“. 

„In seinem Leben ist Musik einfach allgegenwärtig“  

„Musik kann zu einer sehr intimen Angelegenheit werden“, so beschreibt Winand Bergen seine Sicht zur Musik. Seine Vorbilder kommen nicht aus dem Instrumentenbau, vielmehr aus der Architektur oder der Kunst. Bei jedem Bau versucht er dem Instrument etwas Besonderes und Einzigartiges zu geben. Und auf die Frage, ob der Bau eher Handwerk oder Kunst sei, gab er klar die Antwort: „Beides! Die Arbeit ist sowohl handwerklich als auch künstlerisch. Denn es braucht viel Fingerspitzengefühl und ich selbst muss das Instrument spielen können, um den perfekten Klang zu hören“.

Musik ist ein Stimmungsmacher und kann Menschen stark in ihrem Verhalten und ihren Denkweisen beeinflussen. „Sie kann dich runterbringen oder hochholen, je nachdem wo du gerade bist. Es hat eine starke psychologische Wirkung – in alle Richtungen, in allen Facetten und genau das find ich dabei so schön“, betont Winand. Musik ist eine universelle Sprache und kann dabei helfen, Gefühle auszudrücken. „Ich weiß, wenn ich mich hinsetze, Musik mache und ich den Klang höre, ob es ein guter oder schlechter Tag ist“, schildert er bildlich. Für seine Freundin Fabienne, die selbst Musik studiert hat und Sängerin einer Band ist, ist Winands Affinität zur Musik schwierig zu beschreiben. „In seinem Leben ist Musik einfach allgegenwärtig“, beschreibt sie. Er ist viel auf Festivals unterwegs, betreut Bands bei seinen Auftritten, tüftelt an Instrumenten und produziert selbst Musik. „Musik ist immer in meinem Leben dabei“, betont er selbst nochmal.   

Instrumentenbauer mit Leidenschaft   

Die Zukunftswünsche von Winand sind sehr bescheiden. Er sucht bereits seit längerem ein Haus auf dem Land. Dort möchte er sich für den Bau seiner Instrumente, eine Werkstatt einrichten. Durch die Begleitung der Bands, kümmert er sich um die Reparaturen oder die Aufbereitung der Instrumente. „Ich möchte den Musikern die Möglichkeit verschaffen sich auszudrücken, wie sie es gerne möchten“, betont er. Das größte Lob für ihn im Instrumentenbau sei, wenn er für die Hobbymusiker an dem Instrument etwas verändert oder gar verbessert hat. „Sie können sich durch die Veränderung oder gar die Verbesserung an dem Instrument, anders ausdrücken, da ich dem Instrument eine andere Stimme verliehen habe“, erzählt Winand. Und obwohl er zurzeit beruflich im Instrumentenbau nicht tätig ist, kann er so trotz allem seine Arbeit verrichten. „Das macht mir einfach super Spaß“, bringt er zum Ausdruck und glaubt daran, dass er auch zukünftig wieder hauptberuflich in den Instrumentenbau zurückkehren wird.

Von Michelle Reichelt
Veröffentlicht am 23.05.2020

Michelle Reichelt

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