"Kulturminister" des WDR

Matthias Bongard vor der Kulisse des WDR-Kulturmagazins "west.art". Foto: WDR/Annika Fußwinkel

Iserlohn. Imker, Buchhändler, Weltumsegler – von einer Karriere in den Medien träumte Matthias Bongard nicht immer. Der Sauerländer wurde dennoch die Stimme seiner Heimatregion im WDR Hörfunk und ist seit Januar auch im WDR Fernsehen zu sehen.

Matthias Bongard ist das Gesicht des WDR-Kulturmagazins „west.art“ und moderierte zuvor jahrelang die Radiosendungen „Westzeit“, „Zwischen Rhein und Weser“ und „Montalk“ auf WDR 2. Mit dem „WDR 5 Stadtgespräch“ bleibt er seinen Radiowurzeln auch heute noch treu. Genau wie seiner Heimat Westfalen: Geboren in Iserlohn, aufgewachsen in Meinerzhagen und studiert in Münster, lebt er nun in Dortmund. Maerkzettel hat den 51-jährigen Journalisten interviewt, obwohl dieser eigentlich lieber selbst die Fragen stellt.

Maerkzettel: Herr Bongard, gibt es etwas, das Sie sprachlos macht?

Bongard: Nein! Ich glaube ich war noch nie sprachlos. Und das hat nichts mit Schläue zu tun, das ist einfach Routine.

Maerkzettel: Sie haben nach einer Buchhändler-Lehre in Meinerzhagen Sport und Geografie in Münster studiert. Wie sind Sie dabei zu dieser Medien-Routine gelangt?

Bongard: Ich hab immer das gemacht, worauf ich Lust hatte und wollte vieles werden: mal Imker, mal  Weltumsegler. Auch mein Studium war ein reines Neigungsstudium, außerdem sind Sport und Geografie Exkursionsfächer. Dann dachte ich mir 1990: „Berühmt werden könntest du auch nochmal!“ Daraufhin habe ich mich für ein Fernsehpraktikum beim WDR in Münster beworben. Das habe ich nicht bekommen, aber dafür ein Praktikum beim ersten WDR Lokalsender, Radio Dortmund. Wir haben da mit wenigen Leuten viel Programm gemacht. Machen, machen, machen ist das A und O!

Maerkzettel: Der WDR entschied sich dann doch gegen ein eigenes Lokalradio und schloss Radio Dortmund. Wie ging es danach journalistisch für Sie weiter?

Bongard: 1995 wurde ich Reporter bei Einslive, das damals gerade erst als junges Radio gegründet wurde. Ich hatte eine irrsinnige Lust diesen Blödsinn mitzumachen. Das war ein richtiges Familiengefühl und wir haben es geschafft, den Sender innerhalb von zwei bis drei Jahren zum Erfolg zu führen. Und wir haben ordentlich Anarchie geprobt. Da wird man dann aber auch irgendwann zu alt für und wechselt zu WDR 2.

Maerkzettel: Wie kann man sich Anarchie im Radio vorstellen?

Bongard: Wir hatten zum Beispiel an Silvester eine „Fake-Schaltung“ zu einem Reporter, der zum Jahreswechsel um die Welt reist. Er meldete sich aus jedem Land mit dem gleichen Text über Menschen, die sich um Mitternacht zuprosten und in den Armen liegen. Ich war Moderator im Studio und fragte ihn „Und was trinkt man da in Moskau?“ Egal, wo der Reporter war – die Antwort war immer „Sekt!“. Er selbst wurde dabei von Station zu Station betrunkener. So ein „Kappes“ geht heute nicht mehr.

Maerkzettel: Seit Anfang des Jahres sind Sie auch TV-Moderator. War Ihnen Radio nicht mehr genug?

Bongard: Ich habe mich gar nicht für „west.art“ beworben. Die haben wohl einen Typen wie mich gesucht und mich dann zum Casting eingeladen. Ich bin ein Glücksschwein, was den Job angeht. Außer für mein erstes Praktikum habe ich nie eine Bewerbung geschrieben.

Maerkzettel: Wen würden Sie in Ihren Sendungen gerne mal interviewen?

Bongard: Mit diesen Wünschen habe ich eigentlich aufgehört. Es gibt oft Leute, auf die man sich freut und hinterher denkt man, „Das war aber ein eingebildeter Fatzke!“ Andersherum lasse ich mich auch gerne positiv von Gesprächspartnern überraschen. Für manches ist mir meine Lebenszeit aber einfach zu schade. Bei Mario Barth zum Beispiel wüsste ich nicht, was ich mit dem sollte - außer ihn zu beschimpfen.

Maerkzettel: „Sie hätte ich mir aber anders vorgestellt!“ Wie oft haben Sie diesen Satz schon gehört?

Bongard: Der kam immer, bevor man mich im Fernsehen sehen konnte. Und das Gespräch verläuft danach auch immer gleich. Ich frage „Wie denn?“ und als Antwort höre ich „Das weiß ich nicht“. Manchmal sagen die Leute dazu noch „vielleicht älter, kleiner, etwas dicker, irgendwie gemütlicher“.

Maerkzettel: Werden Sie dennoch auf der Straße erkannt?

Bongard: Seit ich beim Fernsehen bin, kommt das schon mal öfter vor. Im Nachtzug, den ich nach „west.art“ immer nehme, hat mich der Zugbegleiter irgendwann mit „Na, Herr Kulturminister“ angesprochen. Seitdem plaudern wir über Fußball. Aber wenn Leute sagen, ich sei prominent oder ein Star, dann finde ich das gruselig. Wenn sie sagen, dass sie mir gerne zuhören, ist das für mich ein viel schöneres Kompliment für meine Arbeit, als wenn ich meinen Namen auf ein Foto kritzeln soll. Wozu?

Maerkzettel: Diese Bodenständigkeit passt zu Ihnen als Sauerländer. Was verbinden Sie selbst mit dieser Region?

Bongard: Heimat! Ich mag dieses Piefige, Schöne und den unaufgeregten Menschenschlag. Das Leben hier ist angenehm entschleunigt. Was ich speziell mit Iserlohn verbinde, ist ein riesiger Pappteller voll Bienenstich. Meine Großeltern hatten früher eine Bäckerei in der Innenstadt.

Eva Book
Veröffentlicht am 01.12.2012