Interview mit einem Hemeraner Imker

Bienensterben und die Piraterie des flüssigen Goldes

Leidenschaftlicher Imker und Erster Vereinsvorsitzender des IV Hemer: Matthias Opitz in seinem Garten mit einem, von seinen insgesamt acht Bienenstöcken. Foto: Nina Gutzeit

HEMER. Deutsche Imker sind in Aufruhe: Die Bienenanzahl sinkt stetig und seit einigen Jahren werden immer wieder Bienenvölker gestohlen. Die Vereinten Nationen haben deshalb den 20. Mai ab 2018 zum Weltbienentag erklärt. MAERKZETTEL sprach deshalb mit dem Hemeraner Imker und Ersten Vereins-vorsitzenden des örtlichen Imkervereins Matthias Opitz, der erst kürzlich selbst Opfer eines Bienenstock-Diebstahls wurde.

MAERKZETTEL: Weltweit ist das Bienensterben ein erschreckend zu beobachtendes Phänomen, über das immer wieder berichtet wird. Wie bist du als Imker davon betroffen?  

Matthias Opitz: Seit 15 Jahren erfreut sich die Imkerei wachsender Beliebtheit, sie boomt. Dadurch steigen auch die Völkerzahlen. Um die Honigbienen kümmert sich der Imker, die sind also gut versorgt. Das Sterben der Wildbienen ist das Problem. Das merken wir Imker aber ehrlich gesagt auch nicht so stark. Aber es gibt ja genug Zahlen die das weltweite Wildbienensterben bestätigen. Wir als Imker haben viel mehr Möglichkeiten, unsere Honigbienenvölker am Leben zu erhalten und vor negativen Einflüssen zu schützen. Da unsere Honigbienen sehr produktiv sind, kann man im Laufe des Jahres aus einem Volk, problemlos mehrere Völker ziehen. Das ist bei Wildbienen nicht möglich.  

Wie kann man als Ottonormalverbraucher die Wildbienen unterstützen?

Man kann Wildbienenhotels aufhängen. Das sind Klötze, aus Holz zum Beispiel, mit Bohrlöchern von zwei bis acht Millimeter Durchmesser, die gerne von Wildbienen besiedelt werden. Wildbienen sind Solitärbienen, also Einzelbienen, die keine Staaten bilden wie die Honigbienen. Und die benutzen die Bienenhotels als Nistplatz. Dort bauen sie dann mehrere Zellen hintereinander, versiegeln den Eingang und durch die Sonne werden die Eier ausgebrütet. Die Wildbienen sind jedoch häufig auf spezielle Pflanzen angewiesen, die in der Nähe der Bienenhotels gepflanzt sein müssen. Wenn man ein Bienenhotel aufhängt, dann werden die auch recht schnell besetzt, weil die Wildbienen kaum noch natürliche Nistplätze finden. Zudem kann man als Gartenbesitzer Wildblumen aussähen und den Bienen und anderen Insekten damit eine reichhaltige, bunte Vielfalt an Nahrung verschaffen.

Nicht nur, dass die Wildbienenpopulation stetig abnimmt, manchmal verschwinden auch ganze Honigbienenvölker. Matthias, im Januar wurde dir ein Bienenvolk gestohlen. Was glaubst du, wer tut so etwas?

Meiner Meinung nach sind das Leute, die sich damit auskennen. Das können nur andere Imker sein.

Nicht eher Anfänger, die noch nicht viel Ahnung haben und denken, sie könnten sich auf diesem Wege schnell und kostenlos ein Volk aneignen?  

Nein, denn das fängt ja schon beim Transport an. Die wüssten ja gar nicht, wie man eine Beute (Behausung der Bienen – wenn sie drin wohnen, ist es ein Bienenstock) transportiert und das Bienenvolk richtig umsiedelt. Wenn man sich damit nicht auskennt, holt man sich damit nur Probleme, denn es gibt auch Bienen, die aggressiv werden. Das kann ich dann nur jedem gönnen, der so etwas macht. Das macht er nur einmal und nie wieder.

Warum werden Bienenvölker geklaut?  

Das musst du den Idioten fragen, der meinte er könne die 100 Euro für ein neues Bienenvolk nicht aufbringen. (Er lächelt.) Es ist ja kein hoher Wert. Daher ist es ein bisschen unsinnig Bienenvölker zu klauen. Man kann einfacher und mit weniger Risiko auf legalem Weg gute Bienenvölker erwerben. Im Winter kommt es immer mal wieder vor, dass Bienenvölker sterben. Es gibt Imker, die auf ihre Bienenvölker und den Honig angewiesen sind. Die bekommen vielleicht Panik, dass sie dadurch einen zu hohen Ernteverlust erleiden könnten. Und manche können das Geld für ein neues Volk nicht aufbringen. 

Also ist dir dadurch „nur“ der finanzielle Schaden entstanden?   

Den finanziellen Schaden bekomme ich sogar ersetzt, da wir über den Verein eine Imker-Globalversicherung haben. Aber es geht eigentlich mehr um das Prinzip. Letztendlich ist es auch eine Art von Vertrauensbruch. Jetzt nicht innerhalb des Vereins oder in Hemer, von hier war es garantiert keiner, aber das macht man einfach nicht. Ich finde es eine Frechheit und gegen den Grundsatz der Imkerei.

Können die gestohlenen Bienen einen Schaden davon tragen?  

Wahrscheinlich nicht. Wenn es ein Imker ist, der sich auskennt und die Bienen sachgemäß umgesiedelt hat, dann nicht. Er wird den Bienenstock wahrscheinlich in seinem Garten oder an einem anderen Ort aufgestellt haben und dort weiter ziehen. Sobald die Bienen aus ihrem alten Flugkreis sind, wissen sie eh nicht mehr, wo sie vorher gewohnt haben. Die fliegen sich neu ein und fliegen dann eben für jemand anderen.

Wann ist das letzte Mal ein Bienenvolk in Hemer gestohlen worden?  

In Hemer ist es das letzte Mal vor 15 Jahren passiert. Also schon eine ganze Weile her. Das kommt hier sehr selten vor. Das weiß ich so genau, da Diebstähle immer der Versicherung gemeldet werden müssen und ich, in meiner Position als Erster Vereinsvorsitzender, es mit meiner Unterschrift bestätigen muss.

Wie kann man seine Bienenstöcke vor dem Diebstahl schützen?  

Das geht ehrlich gesagt nur schwer. Alle Bienenstöcke, die im Außengelände aufgestellt sind, an Waldrändern zum Beispiel, kann man letztendlich nicht schützen. Bei Bienenstöcken, die zu Hause oder auf privaten Grundstücken stehen, ist das schon leichter zu kontrollieren. Es gibt größere Imkereien, die verbauen Mikrochips in ihre Bienenstöcke. So können sie mit einem GPS den Aufenthaltsort ihres Volkes nachvollziehen. Aber auch das schützt nicht zu 100 Prozent, denn den Chip kann man natürlich ausbauen. Es ist zudem sehr kostspielig und steht nicht in Relation zum Schaden von 70 bis 100 Euro. Für mich wäre GPS daher keine Option. Man könnte auch die Beuten brandmarken, so wären sie schwer weiterverwertbar. Aber man kann die Völker in der gestohlenen Beute mit nach Hause nehmen, dort in eigene Beuten umquartieren und die Gestohlenen einfach verbrennen. Die beste Kontrolle, wie bei jedem Diebstahl, ist die soziale Kontrolle. Also seine Völker in der Nähe von Bekannten oder gut befahrenen Wegen aufstellen. Oder man versteckt sie soweit im Wald, dass sie kaum einer finden kann. Richtig schützen kann man sich vor dem Bienendiebstahl daher leider nicht. 

 

Von Nina Gutzeit
Veröffentlicht am 19.05.2018