Stadtentwicklung

Biografien aus drei Jahrhunderten unter die Lupe genommen

Frau von Mohrenschildt erklärt den Teilnehmern die Entwicklung des alten Stadtbades. Foto: Vera Brüssow
Das älteste Diakonie-Gebäude in Westfalen: das ehemalige Waisenhaus. Foto: Vera Brüssow

ISERLOHN. Wer prägte eigentlich die größte Stadt im Märkischen Kreis? Wer beeinflusste die Entwicklung und Architektur? Frau Oda von Mohrenschildt klärt bei einer Stadtführung durch die Innenstadt ihre Teilnehmer auf und erzählt, warum gerade acht Männer dafür verantwortlich waren.

Gibt es in Iserlohn wirklich nichts zu sehen und zu entdecken, wie viele denken? Eine Reise in die Vergangenheit am ersten April überzeugt vom Gegenteil: Unter dem Titel „Acht Männer aus drei Jahrhunderten“ startet am sonnigen Freitagnachmittag die Stadtführung am Bahnhof. Zu Beginn wird der evangelische Pfarrer Griesenbeck vorgestellt, der 1763 das Arbeits- und Waisenhaus gründete. Es befindet sich in der Nähe des Bahnhofs. Hier sollten Kinder erstmals zur Schule gehen können, aber auch nebenbei arbeiten. Aus acht Kindern wurden schnell fünfzig, sodass der Bau durch den Architekten Maximilian Nohl erweitert wurde. Griesenbeck schuf mit dem Waisenhaus das älteste Diakonie-Gebäude in Westfalen. 

Von wilden Männern und Gefangenen

Besonders beeindruckend sind die so genannten „wilden Männer“ an der reformierten Kirche in der Innenstadt. Sie gelten als Hüter und Beschützer der Stadt. Die Wesen, halb Tier- halb Mensch, tragen das brandenburgisch-preußische Stadtwappen mit Bärenkräften auf ihren Schultern.

Weiter geht es in die Richtung des alten Stadtbads, heute Evangelische Seniorenwohnanlage: Hier in der Nähe befindet sich eine Bronzetafel im klassisch preußischen Stil, die 1953 bei Robert Herrmann von der Stadt Iserlohn in Auftrag gegeben wurde. Darauf sind Mütter und Kinder nach dem zweiten Weltkrieg zu sehen, die „Gebt sie frei“ flehen. Dieser Appell richtete sich nach dem Krieg an die Siegermächte. Heute kann man sich die damals herrschende Armut und die große Sehnsucht nach Familienmitgliedern kaum vorstellen.

Inspirierende Persönlichkeiten beeindrucken durch besonderes Engagement

„Seit ungefähr vier Jahren leite ich schon Stadtführungen in Kooperation mit dem Iserlohner Stadtmarketing. Insgesamt sieben unterschiedliche Führungen, unter anderem in Kirchen Iserlohns oder auf dem Wochenmarkt, habe ich schon konzipiert“, erzählt von Mohrenschildt. Beim Durcharbeiten diverser Biografien stieß sie auf die Idee eine Stadtführung zu organisieren, die acht wichtige Männer beinhaltet, die die Stadt auch noch heute sichtbar prägen. Durch Robert Huyssen und Herrmann Falkenroth sind beispielsweise das alte Stadtbad, Schulen oder venezianische Gebäude entstanden. Insgesamt vier Monate Arbeit stecken in dieser lehrreichen Führung.

Oda von Mohrenschildt erzählt die Geschichte von Rechtsanwalt Herrn Schuchart, der Mitte des 19. Jahrhunderts gelebt hat: „Sie beeindruckt mich besonders, da er sich über Jahre hinweg für die Wünsche der Bevölkerung nach mehr Lohn und besseren Arbeitsbedingungen einsetzte.“ Außerdem brachte er die erste katholische Kirche nach Iserlohn. 

Zum Ende der Veranstaltung appelliert Mohrenschildt: „Augen auf und Blick nach oben beim nächsten Gang durch die Stadt.“ Diesen Rat könne man nur jedem, der Iserlohn besser kennenlernen möchte, weitergeben. „Es gibt viel zu entdecken“, sagt sie wohlwissend.

Von Vera Brüssow
Veröffentlicht am 05.04.2016