Gegen die Chancengleichheit?

Die Freunde jeden Tag auf dem Schulhof sehen? Mit dem dreigliedrigen Schulsystem ist das nicht immer möglich. Foto: Marc Lemke

Iserlohn. Der Streit um den geplanten Umbau der Hauptschule in Hennen zur Gesamtschule geht in die nächste Runde. Doch sind Gesamtschulen nicht generell sinnvoller als das dreigliedrige Schulsystem? Maerkzettel kommentiert.

In Nordrhein-Westfalen stehen Kinder und Eltern nach dem vierten Schuljahr regelmäßig vor der entscheidenden Frage: Auf welche weiterführende Schule kommt mein Kind? Diese Frage ist deutlich relevanter als die Frage, welches Müsli man im Supermarkt kaufen will. Die Entscheidung dagegen wird meistens ähnlich intuitiv getroffen. Oft sind soziale Aspekte dabei ein wichtiges Kriterium. Gehen die Freunde zukünftig beispielsweise auf die Realschule, ist es logisch, dass man nicht den Anschluss verlieren will.

Auch die Verhältnisse im Elternhaus spielen bei den Gedanken des Kindes und der Eltern eine wichtige Rolle. Eltern mit Fachhochschulreife schicken ihre Kinder eher auf ein Gymnasium, da es ihnen bei ihrer späteren Laufbahn geholfen hat. Bei einem anderen Abschluss liegt die Entscheidung näher, auch das Kind nicht auf ein Gymnasium zu schicken. Es hat ja bei einem selber auch gereicht.

Leistungsbewertung mit zehn Jahren?

Neben den sozialen Aspekten bei der Auswahl der weiterführenden Schule stellt sich eine weitere Frage: Kann man das Leistungsniveau eines Zehnjährigen repräsentativ für die nächsten Jahre seiner Schullaufbahn einschätzen? Die Antwort hierfür ist wohl ein klares Nein. Ein Schüler der vierten Klasse legt seinen Fokus im Normalfall nicht auf die Schule, sondern auf Freunde und Hobbys. In diesem Alter ist das allerdings nicht zu kritisieren, sondern wünschenswert. Ein Kind sollte ein Kind sein. Trotzdem wird dieses Kind zu einer Entscheidung getrieben, welche weiterführende Schule es besuchen will.

Nun könnte man sagen, dass das gar nicht schlimm ist. Ein Schulwechsel ist doch weder besonders kompliziert noch aufwendig. Für das betroffene Kind ist ein Schulwechsel allerdings alles andere als einfach. Ist es erstmal in einem neuen Freundeskreis und in der Schule gut aufgenommen worden, fällt die Entscheidung, die Schule zu wechseln, schwer. Viel lieber verbringt es die Zeit mit den neuen Freunden und sehr guten Noten, als an einer neuen Schule der Neue zu sein.

Lösung Gesamtschule

Die Gesamtschule bietet eine Lösung zu diesem Problem. Dadurch, dass die Kinder nach der vierten Klasse nicht aufgeteilt werden, gibt es keine Einschränkungen in sozialer Hinsicht. Die Überlegung, welchen Abschluss man erreichen will, steht hier auch erst nach der zehnten Klasse an. In diesem Alter kann ein Jugendlicher deutlich klarer sehen, welche Möglichkeiten er hat und welchen Weg er gehen will. Die Gesamtschule bietet also eine deutlich bessere Chance als das dreigliedrige Schulsystem. Einfach weil es niemanden aus sozialen Gründen ausschließt und keine Entscheidung zu einem Zeitpunkt verlangt, an welchem diese gar nicht möglich ist.   


Von Marc Lemke
Veröffentlicht am 19.11.2012