Viele Ausbildungsplätze unbesetzt

Grund zur Sorge?

Jugendliche bekommen bei der Agentur für Arbeit Unterstützung bei der Berufswahl. Foto: Marie Junga
Auch Handwerkliche Berufe, wie zum Beispiel Goldschmied, können spannend sein. Foto: Mira Augustin

ISERLOHN. Im Märkischen Kreis ist derzeit weniger als die Hälfte der verfügbaren Lehrstellen vergeben. Was sind die Gründe dafür? Sollten bei einer solchen Zahl die Alarmglocken läuten oder ist „alles im grünen Bereich“? Maerkzettel geht den Fragen auf den Grund.

„So dramatisch, wie es scheint, ist es hier gar nicht,“ sagt die Pressesprecherin der Agentur für Arbeit in Iserlohn Lena Draxler. Laut einer Statistik vom 31. März 2016 gibt es zurzeit noch 1.435 offene Ausbildungsstellen. „Natürlich ist das eine hohe Zahl, jedoch sind es 92 weniger als im März 2015. Das ist erst einmal positiv und ein Schritt in die richtige Richtung“, so Draxler. Viele Stellen werden nicht direkt zum 1.10. gemeldet, sondern oft später. Das kann zu Verzögerungen führen und auch zu einem falschen Ergebnis.

Der Märkische Kreis ist eine industriell geprägte Region und weniger dienstleistungsorientiert. Kaufmännische Berufe werden daher weniger angeboten. Doch gerade eine Ausbildung als Industriekaufmann/-frau oder Kaufmann/-frau im Einzelhandel sind laut der neuesten Statistik der Agentur für Arbeit bei jungen Menschen seit Jahren sehr beliebt.

Für handwerkliche Berufe sind Jugendliche eher schwer zu begeistern. Das liegt nicht nur an einer niedrigeren Bezahlung; auch das vermeintlich geringer wahrgenommene Ansehen spielt bei Jugendlichen eine große Rolle. „Sie orientieren sich stark an ihren Eltern und Freunden. Es kommen plötzlich sehr verschiedene Berufe in Frage“, sagt Draxler. Dieses Problem können auch Arbeitgeber ändern. Zum Beispiel, indem sie den Jugendlichen zeigen, dass auch solch ein Beruf Spaß machen kann.

Einschränkungen und Probleme der jungen Menschen

Es gibt drei Faktoren, die ausschlaggebend für Probleme bei der Jobsuche sind: die Qualifikation, die Mobilität und eventuelle Vorbehalte des Arbeitgebers. Besonders die Mobilität ist im Märkischen Kreis eingeschränkt und daher ein großes Problem. Denn Bahnverbindungen sind hier nicht so vorhanden wie in anderen Städten. Es ist für Jugendliche außerdem schwierig und zeitaufwendig zu pendeln. Viele von ihnen haben noch keinen Führerschein oder ein Auto.„Arbeitgeber trauen sich oft nicht immer, dem jeweiligen Bewerber eine Chance zu geben und warten lieber bis zum nächsten Jahr auf den ‚perfekten‘ Jobanwärter“, meint Draxler.

Unterstützende Maßnahmen

Um die Ausbildungssuchenden zu unterstützen oder gar einen Ausbildungsabbruch zu vermeiden, versucht die Agentur für Arbeit den Jugendlichen durch eine gezielte Berufsberatung zu helfen. Dies beginnt teilweise schon in der achten Klasse. Draxler sagt dazu: „Es ist wichtig, den Jugendlichen ihre Angst zu nehmen. Mit 16 Jahren ist es nicht leicht sofort zu wissen, was man mag und worin man gut ist. Man muss sie da abholen, wo sie gerade sind“. Um Abbrüche zu vermeiden, bietet die Agentur für Arbeit zum Beispiel ausbildungsbegleitende Hilfe an, wo Auszubildende nebenbei Nachhilfe und ein besonderes Training erhalten. Dafür ist aber auch der Wille der Auszubildenden nötig. „Es gibt so viele Wege, wenn man motiviert ist“, ergänzt die Pressesprecherin.

Standort Märkischer Kreis – Wie kann man die Attraktivität steigern?

Auch die Arbeitgeber können etwas tun, um junge Menschen in der Region zu halten. „Ein gewisser Wohlfühlfaktor ist da nicht unwichtig“, ist Draxlers Meinung. Dies kann beispielsweise durch gemeinsame Aktivitäten, Patenschaften oder auch familienfreundliche Angebote geschehen. Die Chemie spiele eine große Rolle. Insgesamt habe sich das Zusammenspiel durchaus schon zum Positiven entwickelt. Auf beiden Seiten ist also noch Luft nach oben. „Jugendliche müssen sich mit dem Thema auseinandersetzten und einen gewissen Ernst dafür entwickeln. Doch auch Arbeitgeber müssen kompromissbereiter werden“, sagt Draxler abschließend.

Von Marie Junga
Veröffentlicht am 21.04.2016