Kommentar: Wer will hier eigentlich was?

Viel Wirbel um nichts? Karikatur: Simon Albers

Menden. Ist die Abwahl des Mendener Bürgermeisters Volker Fleige durch ein Bürgerbegehren berechtigt? Oder will Unternehmer Ulrich Bettermann nur seine eigenen Interessen durchsetzen?

Ein ausgeprägter Sinn für Demokratie? Oder der dreiste Machtmissbrauch zur Beseitigung eigener Kontroversen? Der Geschäftsführer des OBO Bettermann Unternehmens Ulrich Bettermann will den Mendener Bürgermeister Volker Fleige schnellstmöglich von seinem Posten entbinden. Mit dem Leitspruch „Fleige macht die Fliege“ strebt Bettermann durch ein Bürgerbegehren die Abwahl des 2009 gewählten Bürgermeisters Fleige an. Doch was der Unternehmer dem sozialdemokratischen Verwaltungschef eigentlich genau vorwirft, ist unklar. Tatsächlich findet man auf der Homepage „Fleige-macht-die-Fliege“ der OBO BETTERMANN GmbH und Co. KG einige Stichpunkte zu den Vergehen Fleiges. Die Liste „Warum Fleige die Fliege machen muss“ beinhaltet neben „er ist nicht bürgernah, sondern bürgerfern.“ auch den Vorwurf, Fleige bekomme „wichtige Dinge nicht gewuppt“. Was dies jedoch konkret bedeuten soll, bleibt Interessenten verborgen. 
Sechs Gründe à höchstens zwei Zeilen. Kann das die Grundlage einer Abwahl darstellen?


Tatsächlich nicht für’s Amt geeignet?


Als Außenstehender fragt man sich natürlich: Hat Volker Fleige nun wirklich so einiges verbockt oder versucht hier jemand, aus kleinen Missgeschicken, die nun jedem mal passieren, ein Register für die Abwahl des Bürgermeisters zu konstruieren?
Da wäre zum Beispiel: Eine E-Mail einer Bürgerin habe Fleige wohl einmal mit einem höhnischen Kommentar an einen Kollegen weiterleiten wollen. Unglücklicherweise schickte er diese versehentlich an die Bürgerin zurück. Ein unangenehmer Fehler, der gewiss nicht hätte sein müssen. Aber ein Grund für die Abwahl Fleiges?
In der ganzen Diskussion stellt sich für mich zunächst die Frage: Welche Umstände bewegen die Mendener dazu, ihren Bürgermeister mit einem drastischen Mittel wie einem Bürgerbegehren abzuwählen? Fatale Fehlentscheidungen, Untätigkeit oder eine Missachtung des Gesetzes. Drei Punkte, die mir dazu einfallen. Fatale Fehlentscheidungen: Unter anderem kritisiert Bettermann das Vorhaben Fleiges, die Grundschule Hüingsen zu schließen. Doch die Gründe hierfür lagen in der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage Mendens! Durch den demographischen Wandel liegt es für eine hochverschuldete Stadt doch auf der Hand, mit der Schließung kaum besuchter Grundschulen Geld einzusparen. Und klar, Sparmaßnahmen sind immer mit Einschränkungen verbunden. Doch wo kein Geld ist, kann man nun mal auch keins ausgeben. Untätigkeit: „Menden und seine Infrastruktur verrotten. Keine Perspektive. Nirgends ein Aufbruch.“, beklagt Bettermann. An anderer Stelle zählt er Umbauten von Straßen und Gebäuden auf, die Fleige nicht in Angriff genommen hat. Untätigkeit oder Sparmaßnahme für das verschuldete Menden? Missachtung des Gesetzes: liegt nicht vor!


Mittelmäßig reicht Bettermann nicht


Die Kampagne „Fleige macht die Fliege“ gegen Bürgermeister Volker Fleige scheint doch stark bodenlos und hetzerisch. Eine Alternative zu Fleige für das Bürgermeisteramt steht nicht im Raum. Bettermann fordert nach dem Motto „Der oder die Beste ist gerade gut genug für Menden“ einen „Spitzenmann“ oder eine „Spitzenfrau“ anstelle des „mittelmäßigen Verwaltungsmannes“ Fleige. Aber die Hauptsache: Fleige muss gehen!
Seinem Aufruf zur Abwahl sind Bettermann schon einige gefolgt. Rund 5.300 Mendener sprachen sich bereits mit ihrer Unterschrift gegen den amtierenden Bürgermeister aus. Aus Unzufriedenheit mit Fleiges Handeln oder aus Angst vor den Konsequenzen, wenn sie es nicht tun? Die Firma OBO BETTERMANN GmbH und Co. KG bietet schließlich zirka 1.000 Mendenern einen sicheren Arbeitsplatz.


Rechte Absichten, aber missratene Lösung?


Doch die Anzahl der Stimmen lässt einen doch aufhorchen und feststellen, dass offenbar viele Bürger mit der Situation ihrer Stadt Menden nicht zufrieden sind. Ob es an Bürgermeister Volker Fleige selbst liegt oder an den vielen Problemen der Stadt, wie zum Beispiel der finanziellen Lage, ist schwer zu beurteilen. Durchaus wird sich Volker Fleige bei einem Teil seiner Bürger durch einzelne Vorgehensweisen unbeliebt gemacht haben. Andere wiederum treten für den Verwaltungschef ein und loben, dass er die Probleme endlich anpackt. Doch all das rechtfertigt wohl kaum eine anschuldigende Kampagne eines Unternehmensführers, die weder Kopf noch Fuß hat und den Verdacht aufkommen lässt, dass „Fleige macht die Fliege“ aus rein persönlichem Interesse ins Leben gerufen wurde. Denn Kontroversen zwischen Ulrich Bettermann und Volker Fleige, unter anderem um das Grundstück „Saure Kamp“, sind schon lange bekannt.
Die initiierte Abwahl des Mendener Bürgermeisters bleibt für mich ohne schlüssige Rechtfertigung und daher nicht nachvollziehbar.

Von Katharina Schuldt
Veröffentlicht am 23.10.2012