Mit Europa gegen knappe Kassen

Matthias Quaschnik (4.v.r.) und Bürgermeister Peter Paul Ahrens (3.v.r.) nahmen am Freitag von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (2.v.r.) die Auszeichnung als "Europaaktive Kommune" entgegen. Foto: Bernd Hegert
Auch wenn es von außen nicht den Eindruck hat: Im Jugendzentrum Karnacksweg fließt europäisches Geld. Foto: Thorsten Streber

Iserlohn. „Europaaktive Kommune in NRW“: Für ihre vorbildliche Europaarbeit wird die Stadt Iserlohn an diesem Freitag von der NRW-Landesregierung ausgezeichnet. In den Nachbarstädten Hemer und Menden spielt Europa in den Verwaltungen dagegen kaum eine Rolle.

Die Litfaßsäule vor der Tür ist mit Fingerfarben bemalt und die Bäume sind in bunte Strickwolle verpackt, was den mächtigen Bau etwas weniger streng erscheinen lassen. Am Karnacksweg nutzt die Stadt Iserlohn ein erhabenes Gebäude aus der Gründerzeit als Jugendzentrum (Juz). So bunt die Fassade jedoch geschmückt ist, ein Emblem müsste eigentlich noch ergänzt werden: die Europafahne. Denn die Mitarbeiter des Juz sind größtenteils mit dem Projekt „Jugend stärken“ betraut – und das wird seit Jahren vom Sozialfonds der Europäischen Union unterstützt.

Der Verantwortliche für diese Förderung sitzt in einem deutlich weniger eindrucksvollen, etwas langweiligen Zweckbau aus den 1970er Jahren, dem Iserlohner Rathaus. Matthias Quaschnik ist Europabeauftragter der Stadt Iserlohn; seine Aufgabe ist es, europäische Fördermittel in die Waldstadt zu holen. „Seitdem wir 2007 ein zentrales Büro für Europa-Angelegenheiten eingerichtet haben, sind Fördermittel in Höhe von mindestens 1,3 Millionen Euro, eher mehr, nach Iserlohn geflossen“, sagt Quaschnik.

„Für eine kreisangehörige Kommune enorm viel Einsatz“

Neben Matthias Quaschnik ist noch eine weitere Stelle in der Verwaltung geschaffen worden, die sich auf die Suche nach solchen Fördermöglichkeiten machen soll. „Auch wenn wir beide noch andere Aufgaben übernehmen, ist das für eine kreisangehörige Kommune enorm viel Einsatz“, meint Quaschnik. „Natürlich haben größere Städte aber noch andere Möglichkeiten.“

Inzwischen ist auch die nordrhein-westfälische Landesregierung auf die erfolgreiche Europaarbeit in Iserlohn aufmerksam geworden. An diesem Freitag verliehen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Europaministerin Angelica Schwall-Düren der Stadt gemeinsam mit 24 weiteren Preisträgern daher die Auszeichnung als „Europaaktive Kommune in NRW“.

Europaarbeit ist in anderen Kommunen noch ein Fremdwort

In Menden und Hemer dagegen beschränkt sich Europaarbeit größtenteils auf Kulturelles: Beide Kommunen pflegen – ebenso wie Iserlohn – zahlreiche Städtepartnerschaften mit Gemeinden in Frankreich, Großbritannien oder den Niederlanden. Förderanträge der Stadt Menden richteten sich derzeit allerdings nur an Land und Bund, bestätigt Melanie Bähr aus dem Bürgermeister-Büro.

Hemer erhielt in den letzten Jahren nach Angaben eines Sprechers nur in einem Fall Fördergelder der Europäischen Union – für eine Europa-Konferenz während der Landesgartenschau 2010, damals beschafft ausgerechnet von Iserlohns Europa-Beauftragtem Matthias Quaschnik.

Das Europa-Büro bleibt meistens im Hintergrund

Solche Tagungen veranstaltet Quaschnik auch in Iserlohn regelmäßig. 2012 fiel etwa der Startschuss für die Konferenzreihe „From Integration to INClusion“, die im Mai in Ungarn und 2014 in Polen fortgesetzt wird.

Bei den meisten Projekten jedoch liegt die Durchführung in der Verantwortung anderer Ämter, beim Programm „Jugend stärken“ etwa beim Jugendamt – auch wenn das Europa-Büro vorher für die Finanzierung sorgte. „Den Erfolg unserer Arbeit erkennt man daher meistens nur an der kleinen Europafahne oben rechts in der Ecke“, bedauert Quaschnik. Am Jugendzentrum Karnacksweg fehlt sogar die.

Thorsten Streber
Veröffentlicht am 12.04.2013