Zehra Uyar – modisch ambitioniert

„Gebe ich mich wie ein typische Ausländerin, dann werde ich auch so behandelt.“ Foto: Paulina Dobek

Iserlohn. Zehra Uyar ist Türkin, kommt aus Iserlohn und ist stellvertretende Filialleitung bei Zara in Köln. Die junge Frau ist ein gutes Beispiel für eine beruflich ambitionierte Frau mit Migrationshintergrund, die voll im Leben steht. BiTSnews stellt sie vor.

Zehra ist 28 Jahre alt und in Iserlohn-Letmathe geboren. Sie ist die jüngste von insgesamt vier Kindern. Ihr Vater ist vor 40 Jahren aus dem dörflichen Yozgat, östlich von Ankara, gekommen, um als Gastarbeiter ein Standbein in Deutschland zu fassen und der Familie ein besseres Leben zu ermöglichen. Erst als es ihm möglich ist, eine Wohnung zu finanzieren, holt er seine Frau aus der Türkei nach Deutschland. 

Zehra lebt somit in zweiter Generation in Deutschland. Nach der Grundschule besucht die Türkin das Gymnasium Letmathe. Sie zählt immer zu den Klassenbesten. Den Eltern ist die schulische Laufbahn sehr wichtig – sie wollen, dass die Kinder die neuen Möglichkeiten und Chancen nutzen. Zu der Zeit ist sie eine von fünf türkischstämmigen Kindern auf der Schule. Ihre Freundinnen kommen größenteils aus Deutschland. Ein Kopftuch musste sie nie tragen, obwohl ihre Familie gläubig ist. „Das Thema Kopftuch stand nie zur Debatte, auch nicht bei meinen Schwestern.“ Zehras Eltern wollten, dass ihre Kinder von Anfang an integriert sind. Sie sollten sich von den Verhaltensweisen und vom Aussehen nicht von den deutschen Kindern unterscheiden. „Man hat den religiösen Unterschied nie gemerkt. Oft wurde mir unter Verwunderung gesagt, dass ich nicht wie eine Türkin, sondern wie eine Deutsche bin.“

„Dass ich ausgegrenzt werde, wollten meine Eltern nicht“

Nach dem 10. Schuljahr verlässt Zehra das Gymnasium und besucht eine Kaufmannschule in Hagen. An einer Wirtschaftsschule kann man ökonomische Grundkenntnisse sammeln – vorteilhaft, wenn man nach dem Abschluss ein BWL-Studium an einer Fachhochschule beginnen will. Es kommt anders: Zehra beendet in Lüdenscheid eine Ausbildung zur Bankkauffrau. Doch die junge Frau ist unzufrieden, sie möchte einer Tätigkeit folgen, mit der sie sich identifizieren kann. „Bereits in den ersten Wochen habe ich schon gemerkt, dass die Ausbildung nichts für mich ist, doch halbe Sachen gibt es nicht für mich - deswegen habe ich die Ausbildung genutzt, um Wissen anzuhäufen und einen soliden Background zu haben.“

Zehra fängt von Null an. „Ich habe meine Sachen gepackt und bin einfach nach Köln gezogen“, erinnert sie sich. Der Traum vom Studium soll jetzt doch umgesetzt werden. Den Studienplatz in Wirtschaftsrecht hat sie sicher. Um die Wartezeit bis zum Semesterbeginn zu überbrücken, fängt sie als Teilzeitkraft beim Textilunternehmen Zara in Köln an. Doch es kommt wieder anders: Zehra bleibt bei Zara.

Man muss flexibel für neue Arbeitsabläufe sein

Mittlerweile ist die selbstbewusste Frau vier Jahre lang bei Zara und seit 1 ½ Jahren stellvertretende Filialleitung in einer von vier Kölner Filialen. Zehra hat sich nach und nach in kürzester Zeit gesteigert. Ihr nächstes Ziel ist es, Filialleiterin zu werden. „Für mich ist es enorm wichtig, mich immer weiter zu entwickeln.“ Die Bereichsleitung von Zara, unter anderem für die Leitung der Mitarbeiter zuständig, hat Zehra Uyars Potenzial früh erkannt. Und die deutsche Türkin endlich das gefunden, was sie immer gesucht hat: „Endlich mache ich das, was ich schon immer machen wollte, auch wenn ich nicht immer klare Vorstellungen hatte. Ich kann mich mit meiner Arbeit identifizieren, weil ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe. Man muss seinem Gefühl folgen, einiges ausprobieren oder erforschen.“ Sie hat ihren Weg in einem schnell wachsenden Unternehmen gefunden. Stillstand ist nichts für sie.

Es ist immer so, wie ich mich gebe

Zehra Uyar ist stolz, Türkin zu sein. Und sie liebt Deutschland, denn hier ist sie aufgewachsen. Dass sie einen türkischen Pass hat, habe ihr nie Probleme bereitet. Auch Erfahrung mit Rassismus sind ihr immer erspart geblieben. Die ambitionierte junge Frau glaubt, dass viel mit ihrer Einstellung zu tun hat und letztendlich auch mit der Erziehung ihrer Eltern: „Wenn ich nicht gewillt bin mich in dem Land, in dem ich lebe anzupassen, dann werde ich auch nie voll integriert sein. Ich fühle mich wohl und bin voll integriert.“ Zu bedenken gibt die stellvertretende Filialleiterin, dass sie in der Türkei auch nicht als Türkin angesehen werde. Menschen mit ähnlichem Hintergrund, wie dem ihrem, sitzen oft zwischen zwei Stühlen.

 

Von Paulina Dobek und Adrienne Hattingen

Veröffentlicht am 29.12.2010