Euphorie bremsen: Play-offs ja, Goldader nein

Karsten Mende (l.) und sein vielleicht größter Coup: Die vorzeitige Vertragsverlängerung mit Michael Wolf bis 2015. Foto: Iserlohn Roosters

Iserlohn. Die Play-offs 2012 sollen den 12. Platz in der abgelaufenen Spielzeit vergessen machen. Die Iserlohn Roosters aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) blicken selbstbewusst in die Zukunft. Manager Karsten Mende spricht mit BiTSnews über Identifikationsfiguren und Profilneurotiker.

BiTSnews: Am Ende der vergangenen Saison belegten die Iserlohn Roosters den 12. Platz in der DEL. Wie enttäuscht waren Sie von diesem Ergebnis?

Mende: Das ist natürlich eine zweischneidige Geschichte. Für Außenstehende ist der Fakt, dass wir die Play-offs wieder nicht erreicht haben, sicherlich nicht gut genug, nicht befriedigend. Wenn man weiß, was für einen finanziellen Rahmen wir haben, dann muss ich sagen: Der 12. Platz war gar nicht mal so schlecht.

BiTSnews: Für den neuen Kader wurden in der Zwischenzeit bereits einige wichtige Bausteine gesetzt, zuletzt die Verlängerung von Torschützenkönig und Nationalmannschaftskapitän Michael Wolf bis 2015. Wie wichtig ist Wolf für die Mannschaft?

Mende: Muss ich da wirklich noch was zu erklären? Der Sport generell ist heutzutage sehr schnelllebig und da ist es wichtig, Identifikationsfiguren an den Verein zu binden. Michael Wolf ist einer der wenigen Identifikationsfiguren im deutschen Sport. Er prägt im Augenblick, in den zurückliegenden und auch in den zukünftigen Jahren das Gesicht der Iserlohn Roosters und auch der deutschen Nationalmannschaft. Das allein drückt schon den Stellenwert aus.

Mehr Geld für Wolf, nicht für drittklassige Ausländer

BiTSnews: Sie haben den eingeschränkten finanziellen Rahmen der Roosters angesprochen. Wie ist es da möglich, einen so hochkarätigen Spieler langfristig an den Verein zu binden?

Mende: Man muss schauen, wo man seine Schwerpunkte setzt. Dass ein Michael Wolf hier viel Geld verdient, steht außer Frage und das ist auch okay und richtig so. Langfristig war es unserer Meinung nach eben wichtiger, einen Michael Wolf hier zu halten, als einem dritt- oder viertklassigen Ausländer vielleicht ein bisschen mehr Geld zu geben.

BiTSnews: Michael Wolf ist nicht nur bei den Roosters ein wichtiger Bestandteil, sondern wie angesprochen auch in der Nationalmannschaft. Welche Rolle spielt er in der Kommunikation zwischen der Nationalmannschaft und dem Club?

Mende: Wir unterhalten uns sehr oft über die Nationalmannschaft. Da weiß man schon immer ganz genau, was für Mechanismen da im Augenblick am Werke sind. Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit zwischen Nationalmannschaft und Liga aber durchaus verbesserungswürdig.

„Mike York ist immer noch ein sehr guter NHL-Spieler“

BiTSnews: Der nächste große Schritt in Richtung Play-offs soll die Verpflichtung von Mike York sein, der lange in der National Hockey League (NHL) spielte und während eines Spielerstreiks in der NHL in der Saison 2004/05 bereits für die Roosters auflief. Hat er heute noch dieselbe Qualität wie damals?

Mende: Die Lockout-Saison 2004/05 ist mittlerweile über sechs Jahre her und Mike York ist mit Sicherheit nicht mehr der Spieler, der er mal war. Aber er wird für uns immer noch eine tragende Rolle spielen und er wird auch immer noch ein sehr guter DEL-Spieler sein, ganz klar.

BiTSnews: Die Nachrichten von Wolf und York haben unter den Fans der Roosters eine kleine Euphorie ausgelöst. Beeinflusst das die Arbeit eines Managers?

Mende: Dahingehend, dass man erst einmal so ein bisschen auf die Euphoriebremse treten muss, weil die Leute meinen, wir hätten irgendwo eine Goldader gefunden – was ganz klar nicht der Fall ist. Wenn man sich aber von außen die Arbeit beeinflussen lassen würde, wäre das sicherlich ein ganz schlechter Ratgeber.

Jedes Jahr in die Play-offs? – „Ja, natürlich!“

BiTSnews: Eine Problemzone war in den letzten Jahren immer die Abwehr. Warum ist es so schwierig, für diesen Mannschaftsteil die richtigen Spieler zu finden?

Mende: Gute Verteidiger sucht jede Mannschaft nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Und da sind wir auch wieder bei unseren finanziellen Möglichkeiten. Es ist sicherlich viel leichter, einen guten Stürmer zu finden als einen guten Verteidiger. Wir suchen derzeit noch einen offensiven Verteidiger und einen so genannten Stay-at-Home-Verteidiger, der ganz auf die Defensive ausgerichtet ist. Das ist sehr viel Arbeit, sehr viel Sichten, sehr viel Reden.

BiTSnews: Was sind die Ziele der Roosters für die nächste Saison und darüber hinaus für die weitere Zukunft?

Mende: Endlich mal wieder in die Play-offs kommen. Und langfristig jedes Jahr die Play-offs schaffen.

BiTSnews: Jedes Jahr?

Mende: Ja, natürlich.

„Geld investieren, was man nicht hat, bringt nichts“

BiTSnews: Bei den DEL-Clubs herrscht in diesem Jahr weitgehend Ruhe, keine Spur vom sonstigen „Sommertheater“ um drohende Insolvenzen. Ist das ein Zeichen dafür, dass in der Liga inzwischen besser gewirtschaftet wird?

Mende: Das mag ein anderer beurteilen, ich bin schließlich nicht in der Wirtschaftskommission der DEL. Ich finde aber, man sollte eben mit dem haushalten, was man hat. Und das muss man den Fans vernünftig verkaufen. Für kurzfristigen Erfolg viel Geld zu investieren, was man nicht hat, bringt im Endeffekt gar nichts.

BiTSnews: Haben Sie eine Vision, wie das deutsche Eishockey sich aufstellen sollte, um mehr Zuschauer zu locken?

Mende: Eine bessere Öffentlichkeitsarbeit sollte im Vordergrund sein, ein gutes Marketing. Nachwuchsförderung müsste größer geschrieben werden und das öffentliche Erscheinungsbild zwischen DEL und Deutschem Eishockey-Bund (DEB) sollte deutlich verbessert werden.

Hoffnung Nachwuchs: Mehr Iserlohner ins DEL-Team!

BiTSnews: Stichwort Nachwuchsförderung: Wie sieht die Jugendarbeit bei den Roosters aus?

Mende: Es wurde in den letzten Jahren sicherlich nicht das gemacht, was wir hätten machen sollen. Aber seit circa sechs Jahren sind wir da wieder sehr engagiert dabei. Wir haben inzwischen 360 Kinder und zwei hauptamtliche Trainer und hoffen, dass wir die DEL-Mannschaft mal wieder mit mehr als nur mit einem oder zwei Iserlohner Spielern bestücken können.

BiTSnews: Neben neuen Spielern erwarten die Fans in diesem Sommer auch einen neuen Kooperationsvertrag zwischen DEL und DEB. Wie wird das Verhältnis zwischen diesen beiden Organisationen in Zukunft aussehen?

Mende: Ich will hoffen, dass es besser wird. Denn es kann ja nicht sein, dass es wie beim Tauziehen ist. Beide ziehen an irgendeinem Ende und man bleibt trotzdem einfach in der Mitte stehen. Beide müssten zusammen an einem Ende ziehen, um das deutsche Eishockey nach vorne zu bringen. Ich glaube, da sind zu viele Profilneurotiker am Werk, die sich im Vordergrund sehen und nicht alles zum Wohle des Sportes machen.

Von Ferry Radix und Thorsten Streber
Veröffentlicht am 04.07.2011