„Ich mache immer die Drecksarbeit!“

Christian Hommel, Spieler der Iserlohn Roosters. Quelle: Iserlohn Roosters

Im Jogginganzug betritt Christian Hommel den Interviewraum. Sein breites Kreuz und seine Muskeln lassen ihn wie einen „Schrank“ wirken. „Ich hab leider nicht sehr viel Zeit“, entschuldigt sich der 30-jährige Eishockeyspieler. Der der gebürtige Hemeraner steht unter Zeitdruck – gleich geht’s zum Training der Iserlohn Roosters, mit denen er in diesem Jahr die Play-Off-Teilnahme schaffen will.

BiTSnews: Die Roosters haben in dieser Saison eine Reihe von Heimspielen verloren. Wie ist da die Stimmung in der Kabine? 

Hommel: Man hat im Profisport keine Zeit lange darüber nachzudenken oder traurig zu sein. Wir haben zwei bis drei Spiele die Woche und somit recht zeitnah wieder die Chance das Vergeigte aus der Vergangenheit wieder gut zu machen.

BiTSnews: Die Experten hatten die Roosters vor Saisonbeginn als sehr stark eingeschätzt…  

Hommel: Da kann man mal sehen: auch Experten können sich irren. Dieses Jahr sind wir, was die Heimspiele angeht, wirklich hintendran. Warum das so ist, dafür habe ich selber keine Erklärung. Wenn ich es wüsste, würde ich das gerne unserem Trainer erklären und ihm Verbesserungsvorschläge unterbreiten. Ich glaube allerdings, dass wir bei den Auswärtsspielen zurzeit zu den stärksten Mannschaften gehören. 

BiTSnews: Die Roosters haben schon einige Spiele aufgrund der Torhüterleistung gewonnen. Ist man da dem Keeper besonders dankbar? 

Hommel: Beim Eishockey, wie auch beim Fußball, ist eine gute Torhüterleistung wichtig. Wenn der Torhüter Sicherheit ausstrahlt, dann ist man auch vorne ein wenig lockerer im Spiel. Wenn man weiß, man hat hinten irgendeine Gurke drinstehen, die jedes Mal wie eine Schildkröte auf dem Eis liegt, dann ist man natürlich nicht so sicher. Man macht sich mehr Gedanken nach hinten, als nach vorne. Und wir können beruhigt nach vorne spielen. Eishockey ist ein Teamsport und wir wissen was wir an unserem Torhüter haben. 

BiTSnews: Also verliert man als Team genauso wie man als Team gewinnt? 

Hommel: Man ist mit fünf Leuten plus Torhüter auf dem Eis, das heißt ein Fehler fängt vielleicht irgendwo vorne an und hört dann hinten im eigenen Tor auf. Es ist ganz normal, dass wir als Mannschaft gewinnen und verlieren. Andersrum würde man auch nicht, wenn man die Meisterschaft gewinnt, sagen, der Torhüter hat uns die Meisterschaft geholt. Eishockey ist ein Teamsport, da wird niemand angekreidet. Manchmal gewinnt man, manchmal vergeigt man es. Aber immer als Team.   

BiTSnews: Eishockey ist in Deutschland nicht die populärste Sportart. Wie sind Sie dazu gekommen? 

Hommel: Ich bin mit drei Jahren zum Eishockey gekommen. Eigentlich durch meine Eltern, die haben mich einfach mal da hingeschleppt. Doch schon in der ersten Probestunde habe ich so großen Gefallen daran gefunden, dass ich da hängengeblieben bin. Später wollte ich nirgendwo anders hin als in die Halle und aufs Eis. 

BiTSnews: Sie stammen als Hemeraner aus dem Herzen dieser Region und sind ein Eigengewächs der Roosters. Werden Sie hier auch auf der Straße erkannt? 

Hommel: Jetzt ohne Haare wieder öfter. Auch früher als Nationalspieler, war das Interesse an mir und meiner Person sehr groß. Natürlich auch, weil ich von klein auf hier gespielt habe und den Nachwuchs durchlaufen habe. Wir sind auch in der Zeitung und in anderen Medien präsent, deswegen wird man dann auch außerhalb der Eishalle mal erkannt. Aber es ist nicht so wie bei  Fußballern. Eishockey ist eben immer noch eine Randsportart in Deutschland. Das ist eigentlich sehr schade. Aber ich denke, wir sind da auf einem ganz guten Weg, denn wir haben auch in den letzten internationalen Wettbewerben  nicht schlecht abgeschnitten.

BiTSnews: Können Sie sich vorstellen noch einmal den Verein zu wechseln und woanders hinzugehen? 

Hommel: Vorstellen kann ich mir alles, was dann wirklich passiert liegt in meiner Hand und in der des Vereins. Man muss sehen, was in der Zukunft passiert. Ich wäre aber nicht abgeneigt irgendwo anders hinzugehen, wenn mir ein Verein für die Zukunft interessante Optionen bieten würde - und ich weiter Eishockey spielen könnte. Selbst wenn das nur unterklassig wäre, würde ich mir das auf jeden Fall genau überlegen. Im Moment fühle ich mich aber sehr wohl in Iserlohn.

BiTSnews: Sie waren bereits Nationalspieler. Würde Sie das noch einmal reizen? 

Hommel: Natürlich ist die Nationalmannschaft  immer ein Ziel für einen Spieler, aber es kommen einfach so viele gute, junge Spieler nach. Das ist wie in jedem anderen Beruf auch. Irgendwann kommen die jungen Leute und wenn ich dann als Älterer nicht das bringe, was man von mir verlangt, werde ich ersetzt. Ich war ja auch nie dafür prädestiniert Punkte zu machen, ich hatte immer die Aufgabe, die Drecksarbeit zu erledigen. Das habe ich auch damals in der Nationalmannschaft gemacht.  Ich bin also Realist. Ich weiß, dass das Thema Nationalmannschaft für mich eigentlich gegessen ist. Ich würde mich aber nicht beklagen, wenn mich der Bundestrainer anriefe um zu fragen, ob ich nochmal Lust hätte mitzuspielen.

BiTSnews: Sie haben vor einigen Jahren versucht in Nordamerika Fuß zu fassen. Würden Sie das aus heutiger Sicht wieder machen oder war das eine verlorene Zeit? 

Hommel: Ich bereue nichts. Die Entscheidung „rüber“ zu gehen, war die beste, die ich je getroffen habe. Wenn ich irgendwann mal mit einem  dicken Bauch auf meiner Veranda sitze, muss ich mich nicht fragen, was wäre gewesen, wenn ich nach Amerika gegangen wäre. So weiß ich was passiert ist: Ich war für mein Alter dort einfach nicht mehr gut genug, weil auch dort die 17-, 18-Jährigen denselben Job machen wie ich. Da wollten sie dann einfach keinen Europäer, der da rumjuckelt. Sie fördern natürlich auch lieber ihren eigenen Nachwuchs, was ich auch verstehen kann. Ich würde es also nicht noch einmal versuchen. Aber dieses halbe Jahr war für mich die geilste Erfahrung, die ich je gemacht habe. Ich rate jedem, der die Chance hat ins Ausland zu gehen:  „Sachen packen und Abmarsch.“ Es ist das Beste, was man für sich und seine Lebenserfahrung machen kann. 

 BiTSnews: Haben Sie sich schon darüber Gedanken gemacht, was nach der Eishockey-Karriere kommt?

Hommel: Ich habe so meine Gedanken, was ich mal machen möchte. Auf jeden Fall werde ich beim Sport bleiben. Aber wo das sein wird, das kann ich noch nicht sagen. 

Von Thorsten Streber, Laura Tump und Lisa Schmerer
Veröffentlicht am 10.01.2012