Segelflugverein in Iserlohn

Über den Wolken

Das Sauerland von oben. Foto: Annika Schuster
Der Flugplatz Iserlohn-Sümmern. Foto: Annika Schuster
Eines der moderneren Einsitzer-Segelflugzeuge. Foto: Annika Schuster
Im Innerem des Flugzeugs hat man nicht viel Bewegungsfreiraum. Foto: Annika Schuster
Die 900 Meter lange Start- und Landebahn. Foto: Annika Schuster
Der vereinseigene „Schulungsdoppelsitzer“. Foto: Annika Schuster
An diesen Messgeräten kann der Flieger unter anderem die Höhe, die Geschwindigkeit und die Höhenveränderung ablesen. Foto: Annika Schuster
Die Flugzeuge machen sich zum Start bereit. Foto: Annika Schuster
Die Seilwinde zieht das Segelflugzeug in die Höhe. Foto: Annika Schuster
Das Auto zieht das Synthetikfaserseil von der Seilwinde 900 Meter weit bis zum Flugzeug. Foto: Annika Schuster
Die Aussicht aus einem Segelflugzeug aus 350 Meter Höhe. Foto: Annika Schuster
Der Blick nach vorne. Foto: Annika Schuster
Iserlohn aus der Luft. Foto: Annika Schuster
Das Flugzeug setzt wieder zur Landung an. Foto: Annika Schuster

ISERLOHN. Mit dem Frühlingsanfang und dem einhergehenden Wetter beginnt am Flugplatz in Iserlohn beim Verein Aero Club Hagen die Segelflugsaison. Doch was genau macht man in einem Segelflugverein? Maerkzettel hat die Hobbyflieger besucht und einen Selbstversuch gewagt.

Die Sonne scheint, es ist angenehm warm, und es weht ein frischer Wind über den Flugplatz Iserlohn-Sümmern. „Das Wetter ist heute gar nicht so verkehrt zum Fliegen“, bemerkt der 25-jährige Philipp Scheller, aktiver Segelfluglehrer im Verein. Und genau das ist es, was der Aero Club Hagen macht: Sie fliegen. Das Besondere an Segelflugzeugen ist, dass sie im Normalfall keinen Motor besitzen. Ist das Flugzeug erst einmal in der Luft, navigiert der Pilot dieses von Aufwind zu Aufwind, um sich oben zu halten. „Mein längster thermischer Flug ging zum Beispiel neuneinhalb Stunden, das waren dann etwa 800 Kilometer an zurückgelegter Strecke. Man braucht da viel Konzentration, aber als Segelflieger sucht man sich einfach immer größere Herausforderungen“, so der flugerfahrene Scheller.

Wie kommt das Flugzeug in die Luft?

Da Segelflugzeuge in der Regel keinen eigenen Antrieb haben, kann auf zwei Arten nachgeholfen werden: Die einfachste Variante ist der Windenstart. Dabei steht die sogenannte Seilwinde an einem Ende der etwa 900 Meter langen Landebahn und wird mit einem Synthetikfaserseil am Flugzeug, das sich am anderen Ende der Bahn befindet, befestigt. Zieht die Winde das Seil ein, wird das Segelflugzeug mit etwa 100 Stundenkilometern in die Luft gezogen, sodass es eine Flughöhe von bis zu 400 Metern erreichen kann. „Man kann dieses Prinzip auch gut mit dem Start eines Drachen vergleichen“, erklärt der junge Fluglehrer. Die andere Variante ist der „Flugzeugschlepp“. Dabei zieht ein Motorflugzeug das Segelflugzeug auf bis zu 2.000 Meter und wirft es ab. Von dort aus kann es dann allein heruntersegeln.

So sieht es aus, wenn ein Segelflugzeug per Winde startet:

Ausbildung zum Segelflieger

Der Aero Club Hagen zählt mit seinen rund 100 aktiven Mitgliedern und zehn vereinseigenen Flugzeugen zu den größeren Segelflugvereinen im Sauerland. Gerade auf die Ausbildung legt der Verein daher großen Wert. „Prinzipiell kann man das Segelfliegen hier mit 14 Jahren anfangen. Die Lizenz könnte man dann mit 16 Jahren schon bekommen und nutzen, wohingegen ich ein Auto ja erst mit 18 Jahren bewegen darf“, erzählt Scheller, der unter anderem auch die Jugend des Vereins betreut. „Ich bin sozusagen der Chef der Chaosbande hier“, sagt er und lacht. Um den Segelflugschein zu bekommen, brauche ein Flugschüler in etwa zwei Jahre. Dazu gehören sowohl zahlreiche Theoriestunden als auch Praxiserfahrung.

Für die Anfänger-Flugstunden besitzt der Aero Club sogenannte „Schulungsdoppelsitzer“. In dieser Art von Flugzeug, sitzt der Flugschüler vorne und der Lehrer hinter ihm. Die Steuerung des Segelfliegers ist aber von beiden Plätzen aus möglich, sodass der Fluglehrer jederzeit eingreifen und übernehmen kann. „Sicherlich birgt alles, was mit Fliegerei zu tun hat, ein gewisses Risiko. Daher sind wir gerade in der Ausbildung darauf bedacht, möglichst alle Ausnahmefälle und ‚was mache ich, wenn…’ – Situationen durchzuspielen“, erklärt der erfahrene Fluglehrer. Unter anderem lernen die Flugschüler, wie sie eine Notlandung absolvieren, mit nicht eingeplantem Höhenverlust umgehen oder wie sie sich verhalten sollen, wenn der Wind stärker wird. Gerade Anfänger stünden aber immer in Funkkontakt mit ihrem Fluglehrer am Boden, sodass dieser immer Hilfestellung geben kann.

Mein Selbstversuch

Nach all den Erklärungen, bin ich nun also an der Reihe. Da ich im Fliegen keinerlei Erfahrungen habe, kommt also nur der „Schulungsdoppelsitzer“ mit Windenstart in Frage, und ich überlasse dem routinierten Piloten Philipp Scheller sehr gerne die Steuerung. Jetzt geht es also los: Der provisorische Fallschirm-Rucksack wird angelegt, und ich schnalle mich auf dem vorderen Sitz an. Der Fluglehrer sitzt direkt hinter mir und das Verdeck wird zugeklappt. Bevor ich es mir noch einmal überlegen kann, spüre ich schon, wie das Flugzeug nach vorne schnellt. Angetrieben von der Winde geht es mit 100 Stundenkilometer auf 350 Meter Höhe. Was für ein Ausblick! Wiesen, Wälder, Felder; das Sauerland sieht von oben so klein aus. Die Aussicht ist einzigartig. Nach ein paar Minuten ist es allerdings schon vorbei. Wir beginnen die Landung und sind dann auch schon wieder heile auf dem Boden angekommen.

Einfach mal ausprobieren

Beim Aero Club Hagen gibt die Möglichkeit einer Schnuppermitgliedschaft, bei der man bis zu vier Wochen lang in das Vereinsleben reinschauen und auch selbst mal mitfliegen darf. Zum anderen kann man auch einfach so einen Gastflug mit den Segelfliegern vereinbaren. „Im Prinzip ist es für jeden möglich, mal vorbeizukommen und sich das alles hier anzugucken“, so Scheller.

Für mich war es definitiv eine besondere Erfahrung und ich würde mich jederzeit wieder in ein Segelflugzeug setzen. Vorausgesetzt natürlich, jemand ist bei mir, der es auch fliegen kann.

Von Annika Schuster
Veröffentlicht am 08.05.2017