ISERLOHN. Während viele Familien die erstmaligen Pfingstferien für Urlaub nutzen, steht für die Reiter aus Iserlohn und Umgebung das jährliche Dressur- und Springturnier des Landwirtschaftlichen Reitervereins Kalthof an. MAERKZETTEL begleitete eine junge Amateurin einen Tag lang bei ihrem Turnieralltag.
Um kurz nach elf fährt ein silberner Pferdetransporter auf die Reitanlage Gripshöver in Werne. Am Steuer sitzt die 19-jährige Chiara Mecke, bereit für den Turniertag. „Aufgeregt bin ich eigentlich gar nicht mehr, oder nur sehr selten, zum Beispiel vor schwierigen Prüfungen. Dafür bin ich mittlerweile einfach schon zu routiniert“, erzählt die BWL-Studentin, während sie ihren kleinen Hund Daffy vom Beifahrersitz hebt und ihre Pferde begrüßt. Auch die beiden Wallache Cabinteely (ein Holsteiner), kurz Cabi, und Elohiem (ein niederländisches Warmblut) wirken entspannt.
Chiara, die in Werne wohnt, nimmt am großen Pfingstturnier im Iserlohner Norden teil. Genannt hat die Reiterin, die für den Reitverein St. Georg Werne an den Start geht, eine Springprüfung der mittelschweren Klasse M**. Sie möchte die Prüfung mit ihren beiden Sportpferden reiten, da sie zu beiden passt und sich die Fahrt so noch mehr lohnt. Sie studiert in Iserlohn und fährt fast jedes Jahr zum Turnier des Reitervereins Kalthof. Durch ihre Familie ist sie mit dem Reitsport aufgewachsen und aktuell bereits in der schweren Klasse – S – erfolgreich unterwegs.
„So, jetzt steht erstmal das Misten an. Samstags und sonntags muss ich das nämlich selber machen“, berichtet die 19-Jährige und macht sich auf den Weg, um Heu aus der Scheune zu holen.
Nach dem Erledigen, der eher unbeliebten Aufgaben, öffnet Chiara ihren überdimensionalen Putzkasten. Die Reiterin zückt Bürsten, Striegel, Kämme und Scheren, um den letzten Feinschliff an ihren Pferden vorzunehmen. „Cabi habe ich gestern noch gewaschen und er ist sogar echt sauber. Bei Schimmeln ist das immer ein bisschen schwieriger mit der Sauberkeit“, schmunzelt sie, während sie dem weißen Wallach die Mähne bürstet. „Ich flechte heute nicht ein, das dauert mir zu lange. Außerdem reite ich nur ein Zeitspringen und keine Stilprüfung, da ist das nicht wichtig“, entscheidet sich Chiara.
Nach einer Stunde voller Misten, Putzen und Striegeln, verlädt die Reiterin ihre beiden Vierbeiner auf den Pferdetransporter. „Ich bin so froh, dass ich den Transporter habe, damit bin ich viel schneller unterwegs als mit Pferdeanhänger und Auto“, gibt sie zu, während sie die Klappe schließt, „den darf ich sogar mit meinem Anhängerführerschein fahren“.
Heute fährt Chiara alleine mit ihren Pferden – und Hund Daffy – zum Turnier. „Meistens begleitet mich ein Mädchen bei uns vom Stall, die kann heute aber leider nicht“, erklärt sie, „meine Mama kommt später direkt zum Turnier, um meine Ritte zu sehen“. Und dann düst der silberne Pferdetransporter auch schon wieder vom Hof, um sich auf die etwa einstündige Fahrt nach Iserlohn-Kalthof zu begeben.
„Wie und wo parke ich denn jetzt am besten? Die stehen alle kreuz und quer“, fragt sich Chiara, während sie auf die, zum Parkplatz umfunktionierte, Wiese fährt. Ihre Wahl fällt auf einen Platz im Schatten: „Von hier muss ich zwar etwas weiterlaufen, aber dafür stehen die Pferde nicht in der prallen Sonne“. Nachdem Daffy angeleint und die Klappe des Transporters, für frische Luft geöffnet wurden, macht sich die Springreiterin auf den Weg zum gut besuchten Turnierplatz.
Zahlreiche Besucher, ob Jugendliche, Familien oder Senioren, tummeln sich um den großen Springplatz und verfolgen gespannt die Ritte. Die Pausen werden genutzt um Fachgespräche zu führen oder bei strahlendem Sonnenschein ein Eis zu löffeln. „Das tolle an diesem Turnier ist, dass ich so viele der Reiter kenne“, erzählt Chiara begeistert, während sie ihre Freundin Anna in die Arme schließt. Nachdem sich die beiden über den neusten Tratsch der Reitsportszene und aktuelle Turnierergebnisse ausgetauscht haben, wird es für Chiara Zeit, ihr erstes Pferd zu satteln.
Als erstes ist der 8-jährige Cabi an der Reihe, der immer noch sehr entspannt aussieht. Mit geübten Handgriffen schwingt die zierliche Reiterin den Sattel auf das Pferd und klemmt ihre roten Steigbügel an den braunen Ledersattel. Doch bevor sich die Studentin auf ihr Pferd setzen kann, muss sie erstmal den Parcours abgehen.
Mit großen Schritten misst sie Distanzen zwischen einzelnen Sprüngen und innerhalb von Kombinationen und überlegt sich geeignete Wege von Sprung zu Sprung. Dabei wirkt sie sehr konzentriert und fokussiert. „Der Boden hier in Iserlohn ist echt gut, da kann man super drauf reiten“, findet die erfahrene Reiterin.
„… dann acht, dann neun, auf zehn A B, dann elf, zwölf, dreizehn, fertig…“, murmelt Chiara während sie noch einmal in Gedanken den Parcours durchgeht. Und dann wird es Zeit fürs Reiten.
Nachdem die junge Reiterin ihren Schimmel ausreichend warm geritten ist, macht sie einige Sprünge, um sich auf die anstehende Prüfung einzustellen. Die beiden Reiter, die vor ihr an der Reihe sind, schaut sie sich vom Pferd aus sehr konzentriert an. „Ich schaue, wie die anderen den Parcours reiten und wo möglicherweise Fehler passieren“, erklärt sie. Als die beiden an der Reihe sind, scheint Chiaras einziger Fokus auf dem Ritt zu liegen. Ihre Konzentration wird mit einem fehlerfreien Ritt belohnt: Alle Stangen bleiben liegen und dazu kommt noch eine gute Zeit. Doch die Reiterin bleibt selbstkritisch: „Vor einem Sprung hat Cabi mich ganz schön gerettet, da bin ich ziemlich schlecht vorgeritten. Er ist einfach ein besonderes Pferd“.
Eine lange Pause zum Durchatmen bleibt Chiara nicht, denn auch Elohiem muss noch fertig gemacht und vorbereitend geritten werden. Also geht es wieder zurück zum Transporter, wo Cabi ab- und Elohiem gesattelt wird. Trotz Zeitdruck herrscht bei der routinierten Reiterin kein Chaos. Sattelgurt und Gamaschen werden gründlich abgebürstet und gereinigt. „Ich mache meine Sachen lieber direkt nach dem Reiten wieder sauber, weil ich großen Wert darauf lege, dass alles gepflegt ist“, erklärt sie, während sie Elohiem vom Transporter führt.
Nachdem auch ihr zweites Pferd abgeritten ist, geht es für Chiara erneut an den Start. Und auch mit Elohiem gelingt ihr ein fehlerfreier Ritt. „Das freut mich sehr, gerade weil Elohiem lange verletzt war und jetzt endlich wieder fit ist“, erzählt sie begeistert, „und mit ihm war ich sogar schneller als mit Cabi“.
Dann heißt es abwarten, denn die Siegerehrung findet im Anschluss an das Springen statt. Mit ihren Ritten ist Chiara platziert, sodass sie sich zwei grüne Schleifen mit dem sechsten und neunten Platz sichern kann. „Es sind zwar nur Salatschleifen, aber trotzdem freue ich mich, dass ich platziert war“, sagt die junge Reiterin zufrieden.
Als beide Pferde versorgt auf dem Transporter stehen, begibt sich Chiara ein letztes Mal zum Turnierplatz. „Ich habe richtig Hunger, vor dem Reiten esse ich meistens nichts. Mit vollem Bauch kann ich nicht reiten“, erklärt sie, während sie überlegt, was sie essen könnte. Von Pommes und Currywurst bis Ofenkartoffeln wird fast alles angeboten und die Wahl der Sportlerin fällt auf einen gemischten Salat. „Das beste am Turnier ist und bleibt einfach das Essen“, scherzt sie, bevor sie sich auf den Weg zum Transporter macht.
Es ist bereits Abend und Chiara macht sich auf den Weg zurück nach Werne. Auch, wenn der Turniertag für Chiara nun beendet ist, geht es beim Turnier erst richtig los. Ein Springen der schweren Klasse S steht an, das noch einmal viele Besucher nach Iserlohn-Kalthof lockt. „So ein Turniertag schlaucht mich immer ganz schön. Am Stall spritze ich noch kurz meine beiden Pferde ab und dann falle ich vermutlich in mein Bett“, erzählt sie erschöpft, aber zufrieden.