Deniz Yücel fordert Schadensersatz

Deniz Yücels Schadensersatzklage wird erneut geprüft

Ein Gericht in Istanbul hat entschieden, dass die Schadenersatzklage von Deniz Yücel doch geprüft werden muss. l Bild: Pixabay

Ein Jahr saß der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel in Untersuchungshaft in der Türkei. In erster Instanz wurde die Schadensersatzklage des Welt-Korrespondenten abgelehnt. Jetzt entschied ein Berufungsgericht, dass die Klage erneut geprüft werden soll.

TÜRKEI. Nachdem der Journalist und Publizist Deniz Yücel fast ein Jahr ohne Schuldspruch im türkischen Hochsicherheitsgefängnis Silivri in Untersuchungshaft saß, fordert er nun eine Haftentschädigung. "Ich war in Silivri in Einzelhaft. Dieses Gefühl und diese Angst, dass man hier jetzt vergessen wird, von aller Welt, und da verrottet, das war schon sehr stark. Und ich hatte ja nichts verbrochen", sagte Yücel in einem ARD-Interview.

Umgerechnet 440.000 Euro fordert Yücel für seinen Verdienstausfall während der Haft, alle anfallenden Anwaltskosten und als Schmerzensgeld aufgrund von Freiheitsberaubung. Eigenen Angaben nach, wurde er während seiner Haft in Silivri gefoltert und macht den türkischen Präsidenten Präsident Erdoğan dafür verantwortlich. 

Das türkische Außenministerium weist Yücels Foltervorwurf zurück

In erster Instanz wurde die Klage des Journalisten abgelehnt mit der Begründung, dass der Prozess gegen ihn noch nicht abgeschlossen sei. Jetzt entschied ein Berufungsgericht, dass sein Fall neu untersucht werden müsse. Ob eine einjährige Untersuchungshaft während eines laufenden Verfahrens rechtmäßig ist, könne auch vor einem finalen Prozessurteil ermittelt werden.

Kurz nachdem Yücel seine Foltervorwürfe am 10. Mai in einer Verteidigungsschrift öffentlich gemacht hatte, schaltete sich auch das Deutsche Auswertige Amt ein. Es forderte die türkische Regierung in Ankara dazu auf, sich an die Antifolterkonvention der Vereinten Nationen zu halten. Zum Fall Yücel äußerte sich das Auswertige Amt jedoch nicht konkret. In seinem Verteidigungsschreiben gab der Journalist zudem seine Gründe dafür an, warum er die Foltervorwürfe nicht schon früher erhoben habe. Er habe erst versuchen wollen, eine politische und diplomatische Lösung zu finden. 

Nach seiner Entlassung vor knapp einem Jahr reiste Deniz Yücel aus der Türkei aus

Gleichzeitig erhob die türkische Staatsanwaltschaft Anklage gegenüber dem Journalisten wegen „Propaganda für eine Terrororganisation“ und Volksverhetzung. Sie fordert eine 18-jährige Haftstrafe für den Welt-Korrespondenten. Der Prozess gegen den Journalisten läuft mittlerweile seit über einem Jahr und wird voraussichtlich am 16. Juli in Istanbul fortgesetzt. Zuletzt hatte das türkische Gericht Yücels Antrag zugestimmt, dass dieser seine Aussage vor einem Richter in Deutschland machen kann. Vor dem türkischen Gericht wird der Journalist von seinem Anwalt Veysel Ok vertreten. 

In wie weit eine Haftstrafe für Deniz Yüzel tatsächlich Realität werden könnte, ist noch unklar. Sowohl Deutschland, als auch die Türkei sind dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen von 1957 beigetreten, demzufolge eigene Staatangehörige nicht ausgeliefert werden. Seit dem 15.07.2016 ist die Auslieferung, Strafverfolgung und Strafvollstreckung an die Türkei, auf Grund der aktuellen politischen Lage, unzulässig. Eine einheitliche Rechtsprechung gibt es hierzu jedoch bislang nicht. Da Yüzel aber beide Staatsangehörigkeiten besitzt, ist noch unklar, in wie weit die Verurteilung zu einer Haftstrafe für ihn tatsächlich real werden könnte. 

Von Luisa Gehnen
Veröffentlicht am 28.05.2019